Ein Pop-up-Gastspiel aus Halle macht die Geschenkesuche einfach
Eigentlich kann man sich dieses Jahr die ganze Hektik mit stundenlanger Jagd auf Geschenkesuche durch diverse Läden sparen und einfach gleich in die Burgstraße 25 gehen. Dort, auf wenigen Quadratmetern im Eingangsbereich von Broy Licht & Möbel, bekommt das designverliebte Herz alles, was es braucht. Von der hippen Oma bis zum kleinen Neffen lassen sich alle zu Beschenkenden glücklich machen, denn etwa 60 Kreative aus der Region Halle/Leipzig stellen hier ihre Arbeiten aus.
Präsentiert wird der Winter-Pop-up-Store vom Hallenser Design-Laden Feingemacht, der seit 2019 die Saale-
Stadt und ihre Gäste mit schönen Dingen ausstattet. Nachdem die beiden Initiatorinnen – Constanze Hosp und Nadine Podewski – in den vergangenen Jahren schon ihre Fühler nach Jena ausgestreckt haben, ist nun Leipzig an der Reihe. Aus gutem Grund: Kreative aus der Messestadt gehören fest zu den rund 100 Ausstellenden des Stammgeschäfts. Und so begegnen einem in der Leipziger Dependance bekannte Namen wie Atelier Zündwerk (Illustration, Grafik), Koje (handgemachte Seifen), Mitmalfilm (Malbücher) oder Soxn (Socken aus Biobaumwolle).
Neben dem Vertrauten kann man aber auch viel Neues entdecken, so zeigen etwa Absolventinnen und Absolventen der Burg Giebichenstein ihre Werke – und das alles über Weihnachten hinaus bis zum 18. Januar. Also lässt sich in diesem Pop-up-Store auch noch das Weihnachtsgeld in wertbeständige Schönheit anlegen.
ANDREA KATHRIN KRAUS
■ Pop-up-Store Feingemacht bei Broy Licht & Möbel, Burgstr. 25,
04109 (Zentrum), Di–Fr 11–18, Sa 11–16 Uhr
■ Feingemacht Design Café & Shop, Große Ulrichstr. 21, 06108 Halle, Mo–Fr 11–19, Sa 11–18 Uhr, www.feingemacht.art
Die Gastroredakteurin empfiehlt
… Weihnachtsträumerei-Boxen mit Plagwitzer Produkten
Die Fruchtaufstriche von Rosenberg-Delikatessen sind in Leipzig weltweit berühmt: handgerührt, aus regionalem Bio-Obst, ohne Konservierungsstoffe und fruchtbetont, weil mit vergleichsweise wenig Zucker. Aus dem kleinen Betrieb von Matthias Rosenberg stammen außerdem Frucht- und Eier-Liköre. Außerdem verkauft er Bio-Rohkost-Öle sowie Bio-Senfe aus regionalen Zutaten. Der Betrieb ist also wirklich prädestiniert für eine weihnachtliche Geschenkbox. Er gehört zum Kesselkollektiv in der Klingenstraße, einer Produktionsgemeinschaft von zehn kleinen Betrieben. Weihnachtsträumerei nennt sich die rosenbergsche Genussbox in drei verschiedenen Größen und vier verschiedenen Varianten, die übrigens sehr hübsch designt sind. Unter anderem mit dabei: die Fruchtaufstriche Pflaume-Walnuss und Quitte-Vanille, Gurkenrelish und Quittenessig von Edelsauer sowie Senföl aus der Leipziger Ölmühle. Edelsauer und die Leipziger Ölmühle gehören – Sie dachten es sich schon – mit zum Kesselkollektiv.
■ Verkauf bei Weihnachten am Kreuz: 6.–15.12., Werk 2
■ Verkauf auf dem Samstagsmarkt: 21.12., Markranstädter Str. 8, 04229 (Plagwitz),
■ Werksverkauf jeden ersten Freitag im Monat (1.12.) 14.30–18 Uhr (mit Manufakturführung 15 und 16 Uhr), Klingenstr. 22, 04229 (Plagwitz), www.rosenberg-delikatessen.de, Instagram: rosenbergdelikatessen
■ Bestellungen per Telefon oder E-Mail: 01 72/3 87 20 42, post@rosenberg-delikatessen.de
… und selbstkreierte Mischungen vom Tee-Contor
Die wahre Power ist die Fockeberg-Power. Die beliebte Teemischung enthält zum Beispiel schwarzen und grünen Tee, Guaranasamen, Mannastücke, Mate, Brennesselkraut, rote Johannisbeeren und Sonnenblumenblüten. Also alles, was müde Menschen munter macht. Die selbstkreierte Teemischung gibt es im Tee-Contor, das ist der seit 1991 bestehende Teeladen im Leipziger Süden. Ein weiteres Original des Geschäfts ist die Alt-Connewitzer Mischung, ein Früchtetee.
■ Tee-Contor, Karl-Liebknecht-Str. 100, 04275 (Südvorstadt), Mo–Fr 11–18.30, Sa 10–14 Uhr, www.teecontor-leipzig.de
FRANZISKA REIF
Der Spieleredakteur empfiehlt
Vor Games wird gewarnt
Und das vom kreuzer-Spieleredakteur! Videospiele bleiben entgegen aller kulturkonservativen Reflexe ein tolles Geschenk. Die Warnung des Jahres gilt neuer Hardware. Eigentlich will man im Moment nämlich keine kaufen. Die Nintendo Switch ist eine veraltete Plattform und wird mit der allergrößten Wahrscheinlichkeit nächstes Jahr von ihrem Nachfolger in den Ruhestand geschickt. Die Playstation 5 Pro wurde kürzlich vorgestellt und bietet für 800 Euro einen eher dezenten Grafikvorteil gegenüber der Playstation 5. Die Xbox Series S war mal ein Schnäppchen, wirkt aber bei einigen neuen Spielen überfordert. Das neue iPad mini ist für ein kleines Tablet zu teuer.
Die einzige Hardware, die wirklich jede und jeder kaufen kann, ist die VR-Brille Meta Quest 3S. Sie kostet nur 330 Euro! Es gibt gute Spiele dafür. 3-D-Videos sehen damit toll aus. Aber eine VR-Brille schenkt man sich am besten selbst und benutzt sie allein, wenn keiner zuschaut. Frohes Fest!
Weihnachtlicher sind Videospiele, in denen es mal um etwas Nettes geht. Und für die niemand eine neue Spielkonsole kaufen muss. Drei Vorschläge:
Oddada ist ein interaktiver Musikbaukasten. Ein Zug besucht Fantasie-Maschinen zwischen Kinderspielzeug und Tontechnik. Ohne Druck, ohne Scheitern werden Klangbausteine ausprobiert und zusammengesteckt. So entstehen leicht zerfahrene, aber überraschend hörbare Soundloops. Und die können sogar exportiert werden. Die Bedienung ist einfach, alles erklärt sich beim Ausprobieren von selbst. Die Freude ist universell. (Mac/Windows, 10 Euro, www.oddada.com)
Cozy Space Survivors ist eine spielbare Süßigkeit, ein Gegenentwurf zu 70-Euro-Spielen, die 100 Stunden dauern. In dem grundlos gutgelaunten Ausflug wird ein Raumschiff gesteuert. Im bunten Weltraum schießen Frösche mit Lasern, Schokolade treibt vorbei, Kühe tragen Astronautenhelme. Ein bisschen wird geballert, ein paar Missionen werden absolviert, und nach zehn Minuten ist eine Runde vorbei. (Windows/Linux, 3 Euro, www.simonschreibt.de)
Closer the Distance spielt sich wie die Sims, nur dass es hier nicht um Konsum und Sumsum geht. Eine junge Frau ist gestorben. Die Tragödie erschüttert ihr kleines Heimatdorf. Als frisch erwachter Geist der Toten leistet man Hilfe bei der Trauerarbeit. Die Erzählung ist gelegentlich etwas umständlich, aber wer sich zu Weihnachten ernsthaft auf die Liebe zu anderen Menschen besinnen will, könnte das hier tun. (Windows/Playstation 5/Xbox Series, 20 Euro, www.closerthedistance.com).
JAN BOJARYN
Die Literaturredakteurin empfiehlt
Die Frage, welche Filme zur Weihnachtszeit geschaut werden müssen, avanciert in manchen Kreisen zur regelrechten Gretchenfrage. Da treten im Showdown der kleine Lord und der Grinch Fäuste schwingend gegeneinander an, während Kevin McCallister von Aschenbrödel mit Haselnüssen beworfen wird. Zu meinen Favoriten gehört definitiv die Literaturverfilmung »Little Women« – aber, bei aller Emma-Watson-Liebe, bitte die Version von 1994 mit Winona Ryder. Darin erleben vier Schwestern zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs ihre entbehrungsreiche und dennoch wundersame Kindheit und Jugend. Es wird gesungen, im Schnee getobt, auf Bällen getanzt und sich ungebührlich verhalten, was das Zeug hält. Aus Mangel an Geld erschaffen die Schwestern ihre eigenen Zerstreuungen und gründen etwa einen Geheimclub mit eigener Zeitung: den Pickwick Club. Doch halt! Hier hat Romanautorin Louisa May Alcott eine Anspielung auf ihren Kollegen Charles Dickens eingebaut, den Weihnachts-Autor schlechthin, dessen erster Roman »The Posthumous Papers of the Pickwick Club« beziehungsweise »Die Pickwickier« (Fischer Klassik 2012, 864 S., 18,90 €) den 23-jährigen Dickens über Nacht berühmt machte. Der Roman über vier exzentrische Abenteurer, die in England herumreisen und ihre Erlebnisse aufschreiben, lässt bereits den speziellen Humor Dickens erkennen und bietet allen, die nicht schon wieder »A Christmal Carol« lesen oder verschenken möchten, eine vergnügliche Abwechslung. Und wo entstand wohl die deutschsprachige Erstausgabe des Dickens-Debüts? Natürlich in Leipzig, beim Verlagshaus J. J. Weber.
Weil der Klassiker-Zug gerade so gut in Fahrt ist: Bei Reclam ist in diesem Jahr eine sehr schöne Neuausgabe von Gabriele Reuters »Aus guter Familie« von 1895 erschienen (270 S., 25 €). Sagt Ihnen nichts? Reuter war eine Zeitgenossin von Theodor Fontane, dessen »Effi Briest« bis heute Weltliteraturstatus genießt. Dabei geht Gabriele Reuters Protagonistin Agathe, die zu Reuters Lebzeiten sogar populärer war als Effi, durch ähnliche Widrigkeiten – nur dass sie am Ende nicht sich selbst die Schuld daran gibt, sondern der Gesellschaft und ihren frauenfeindlichen Strukturen. Ob das Buch deshalb zwischenzeitlich in Vergessenheit geriet? Ein Schelm, wer Böses denkt.
Wenn Sie dieses Jahr zum Fest keine Klassiker verschenken, Ihre Buchpräsente aber trotzdem so aussehen sollen, kann ich Ihnen noch einen Service der »Bücherkatze« ans Herz legen, einem jungen Leipziger Buchladen in Reudnitz. Dort werden Ihre Bücher für einen schmalen Taler mit dekorativen Metallecken ausgestattet. Und weihnachtliche Geschichten sowie Bilder- und Kochbücher gibt es auch zu entdecken.
ALEXANDRA HUTH
Der Theaterredakteur empfiehlt
Gutscheine fürs Theater gehen immer – und alle Leipziger Bühnen freuen sich über Besuch. Für den Präsente-Pfiff sorgt die Dramatik: Warum nicht den Beschenkten den Stücktitel als Scharade zum Raten vorspielen? Oder die berühmteste Szene improvisieren? (Bitte nicht vom Balkon fallen!)
Das Buch haut aufs Auge: Einige der besten Comicschaffenden haben deutsche Musikstücke in Strips verwandelt. »Mukkekukke« ist ein bunter Bilderbogen für Groß und Klein (Reprodukt: Berlin 2024. 152 S., 20 €). Von Beethoven bis Blumfeld, Dota und Die Ärzte reicht das Spektrum, mal wird realistisch, mal surreal gezeichnet. Natürlich sind nur Hits darunter – und das Buch kann ein Einstieg sein für Leute, die bisher mit Comics nichts anfangen konnten.
Auch wenn wir in keiner Zombie-Apokalypse stecken, ist es nie verkehrt, Fechten zu lernen. Denn das hält die Familie in Bewegung und ist Helfer in der heißen Schlacht ums kalte Büfett. Dafür genügt ein Kochlöffel oder Schuhanzieher. Rechtshänder haben das rechte Bein vorn. Das schwertähnliche Objekt hält man in der rechten Hand, und zwar lose wie einen Schraubenzieher. Grundlegend sind es vier Hiebe: zwei von oben, zwei von unten; jeweils von rechts und links ausgeführt: Als X kreuzen sich die Hieblinien. Man beginnt von rechts oben nach links unten zu schlagen, wirft man die Waffe nach vorn und führt sie im Bogen nach unten auf Höhe der linken Hüfte. Dazu macht man einen Schritt. Der nächste Hieb kommt aus dieser Position. Man dreht einfach die Hand, so dass die (gedachte) Schneide nach oben zeigt. Und führt die Waffe auf gleicher Linie wieder nach rechts oben. Auf gleiche Weise verfährt man von links. Diese Hiebe lassen sich kombinieren. Und man braucht etwas Platz, damit man nicht die Lampe herunterholt oder Kerben in die Schrankwand haut. Wer Blut geleckt hat, findet zig Trainingsvideos im Netz.
Hat man eine Partnerin oder einen Partner, kann man sich ins Gefecht stürzen: in ein Zeitlupenduell. In minimalster Geschwindigkeit kann man versuchen, am gegnerischen Kochlöffel vorbeizukommen und das Gegenüber sanft mit dem eigenen anzutippen. Fachgerecht begleitet eine flinke Zunge das Geschehen wie
bei »Cyrano de Bergerac«: »Deinen Widerstand zerbrech ich: / Finte! Quart! / Denn beim letzten Verse stech ich.«
TOBIAS PRÜWER
Der Chefredakteur empfiehlt
Drei Bücher aus Leipzig: Daniela Krien »Mein drittes Leben« (Diogenes 2024), Clemens Meyer »Die Projektoren« (S. Fischer 2024) und Martina Hefter »Hey, guten Morgen, wie geht es dir?« (Klett-Cotta 2024).
Drei Platten aus Leipzig: Shed Ballet »Claim« (2024), Johannes Bigge Trio »Clay« (N-Wog Records 2024) und Oluma »Cooking Time« (One World Records 2024 – als Vinyl oder als Gewürzmischung mit QR-Code).
Sieben Bücher von Welt: Markus Berges »Irre Wolken« (Rowohlt 2024), Frank Schulz »Amor und Goliath«
(Galiani 2024) und Rotraut Susanne Berners Jahreszeiten- und Nacht-Wimmelbücher (Gerstenberg2003/04/05/08).
Fünf Platten von Welt: Nichtseattle »Haus« (Staatsakt 2024), Pet Shop Boys »Nonetheless« (Parlaphone 2024), International Music »Endless Rüttenscheid« (Time-
less Melancholic Music 2024), Stefan Rusconi »Solace« (Qilin Records 2024) und Robert Stadlobers Kurt-
Tucholsky-Album »Wenn wir einmal nicht grausam sind, dann glauben wir gleich, wir seien gut« (Staatsakt 2024).
Bitte alles im Leipziger Einzelhandel kaufen. Am besten
jeweils zwei Stück, für den eigenen Gebrauch und die Beglückung Dritter.
BENJAMIN HEINE
Der Musikredakteur empfiehlt
In meiner Familie hat sich in den vergangenen Jahren die seltsame Gewohnheit eingeschlichen, auf dem Wunschzettel gleich noch den passenden Internetlink zum entsprechenden Produkt mitzuliefern. Wie praktisch! So ist man gegen jede – auch unangenehme – Überraschung gefeit! Wer so was kennt und sich davon in diesem Jahr lösen möchte, aber dennoch nicht so recht weiß, wie, findet hier drei Tipps:
Geschenk für Tante Susanne (56 Jahre): Das Buch »Power von der Eastside« Man mag es heute kaum noch glauben, aber Susanne war vor circa 35 Jahren wild unterwegs! So wild, dass sie unter anderem Tag ein, Tag aus den DDR-Jugendradiosender DT64 gehört hat. Wer den kennt, weiß, dass die Floskel »Wir hat’n ja nüscht!« eben nur das ist: eine Floskel. Der Sender spielte heiße Tunes (auch aus dem Westen!),immer haarscharf an der Illegalität vorbei. Nach der Wende konnte er sich noch drei Jahre halten, bevor er 1993 von MDR Sputnik geschluckt wurde. Der vorliegende, im Ventil-Verlag erschienene Band lässt die Geschichte des Senders Revue passieren – und damit Susannes wilde Vergangenheit wieder auflodern.
Geschenk für Nichte Emma (16 Jahre): Die Platte »Wir waren hier« von Die Nerven Das Ende des Gitarrenrockzeitalters wurde bereits ausgerufen, da war Emma noch »Quark im Schaufenster«. Emma interessieren solche Diskussionen nicht, sie interessiert sich für Gitarrenmusik. Zum Beispiel für die von Fontaines D.C. und den Idles, und wer weiß, vielleicht auch bald für die von Die Nerven. Die haben in diesem Jahr ein neues Post-Punk-Album rausgebracht, das so wütend wie eingängig und dabei genauso gut wie die fünf Alben davor ist. Die kann Emma im Anschluss ja auch noch alle kennenlernen.
Geschenk für Opa Klaus (82 Jahre): Konzertticket für Moritz Fasbender am 18. Januar im UT Connewitz
Opa Klaus ist überzeugt: Alles, was im Bereich der Kultur in den vergangenen 50 Jahren erschienen ist, ist Schund. Oder in den vergangenen 40 Jahren, da ist er sich nicht ganz sicher. Wenn er anfängt zu
reden, hört er nicht mehr auf: Stockhausen, Cage, Ligeti – das war damals eine Liga, die heute nicht mehr annähernd erreicht werde. Das Problem ist: Opa Klaus hat noch nicht von Moritz Fasbender gehört. Dahinter verbirgt sich die Leipziger Komponistin Friederike Bernhardt, und die macht tolle Musik, irgendwo im Grenzbereich zwischen Neuer Musik, Jazz und Neoklassik. Wenn Opa Klaus sich überreden lässt, das Konzert zu besuchen, und alles gut läuft, ist er danach kein Kulturskeptiker mehr. Und wenn doch, ist er ein hoffnungsloser Fall.
LUCA GLENZER
Die E-Musikredakteurin empfiehlt
Arno Lückers »250 Komponistinnen – Frauen schreiben Musikgeschichte« ist ein überfälliges Buch, in dem komponierende Frauen im Kontext ihrer Zeit vorgestellt werden, ehe jeweils ein bedeutendes musikalisches Werk kurz erörtert wird. Das Ganze geschieht in unterhaltsamer, manchmal ironischer Weise durch den Autor. Die kurzen Texte zu den Musikerinnen schrieb der Journalist ursprünglich für Van, einem Online-Magazin für klassische Musik. Die beibehaltene Reihenfolge der Porträts folgt daher keiner Systematik, sondern geht quer durch Zeitgeschichte und Kontinente. Das macht aber nichts, denn die so vorgegebene Ziellosigkeit entspricht einer Entdeckungsreise und wird dem Inhalt des Buches damit voll und ganz gerecht. Die meisten Namen der vorgestellten Komponistinnen, darunter Maddalena Casulana Mezari (Italienerin aus dem 16. Jahrhundert), Amanda Röntgen-Maier (Schwedin, 1853–1894) oder Amy Beach (US-Amerikanerin, 1867–1944) werden nämlich kaum jemandem etwas sagen, denn nach wie vor bestimmen Werke der männlichen Kollegen die Konzertprogramme. Das Buch ist also eher ein alternatives Lexikon, eine Sammlung zum Kennenlernen und eine Inspiration für neue Hörerlebnisse. (Die AndereBibliothek 2023, 648 S., 58 €) ANJA KLEINMICHEL
Die Kunstredakteurin empfiehlt
Im Mitteldeutschen Verlag ist dieses Jahr Klaus Elles »Deutsche Grenzerfahrungen. Ein Künstlerleben zwischen Leipzig und Hamburg« erschienen (278 S., 24 €). Elle erzählt in dem Fototagebuch von seiner Kindheit in Leipzig, seiner Studienzeit an der HGB und der Ausreise aus der DDR, dem Grenzdurchgangslager Friedland und der Ankunft in Hamburg im Januar 1988.
BRITT SCHLEHAHN
Die Kinder- und Familienredakteurin hat heimlich auf drei Wunschzettel geguckt
Neben meinem Beruf als Redakteurin beim kreuzer gibt es eine Verpflichtung, die mich seit meinem Studium begleitet: das Babysitten. Seit fünf Jahren hole ich einen immer weniger kleinen Jungen mindestens einmal die Woche ab – damals von der Kita, heute von der Schule. Über die Jahre sind er und seine beiden Schwestern ein wichtiger Bestandteil meines Lebens geworden. Im Vertrauen wird deswegen auch mit mir der Wunschzettel geteilt.
Ferdi ist 7 (fast 8!) Jahre alt und geht in die zweite Klasse. Er bleibt bei den Klassikern, auf seiner Liste stehen: ein neues Kuscheltier, Stickerbücher und neue Stifte. Da er leidenschaftlicher Magier ist, wünscht er sich außerdem neue Scherzartikel, das Zauber-Set gab es schon letztes Jahr. Doch sein größter Wunsch, sagt Ferdi, sei eine digitale Uhr. »Aber keine Smartwatch, die sind in der Schule nämlich verboten«, fügt er hinzu.
Mona ist die Mittlere, 11 Jahre alt, und hat Wünsche, die bei dem ein oder anderen Nostalgie wecken könnten: Stulpen für Hände und Beine sowie einen Sitzsack. Außerdem ein Set zum Lipgloss-selbst-Machen und eine Trinkflasche mit Obst-Einsatz, »damit das Wasser nicht so langweilig schmeckt«.
Die Dritte im Bunde ist Lisa, 15 Jahre alt. Für sie soll es einen neuen »Pandora Charm« geben (einen Anhänger der Schmuckmarke Pandora, den man sich an ein Armband hängen kann) und Over-Ear-
Kopfhörer. Kleinigkeiten, die sie auch gut findet, sind zum Beispiel: Schlafanzug, Bademantel, Ausmalbücher und Hautpflege-Produkte.
NASTASJA KOWALEWSKI
Der Filmredakteur empfiehlt
Nach Weihnachten ist vor Weihnachten: Alexander Paynes »The Holdovers« kam Ende Januar eigentlich einen Monat zu spät fürs Fest. Damit war die wundervolle Geschichte einer Freundschaft zwischen einem Geschichtsprofessor und seinem Studenten, die über die Feiertage Zeit miteinander verbringen müssen, aber auch elf Monate zu früh dran und kann jetzt aus dem Regal des Einzelhandels geangelt werden. So landet schönste Film des Jahres doch noch pünktlich zum Fest im Player und ist auch noch in einigen Leipziger Kinos zu bewundern. (Universal, DVD & Blu-ray)
Es ist kalt in Deutschland und in vielen Teilen der Welt. Daran kann auch der Klimawandel nichts ändern. Ob in den USA, Frankreich, Polen oder Ungarn – Die gesellschaftliche Stimmung ist gereizt. Da tut es gut, mal ein paar Schritte zurück zu treten. Der junge, ungarische Regisseur Gábor Reisz schafft es mit seiner genau beobachteten Gesellschaftssatire »Eine Erklärung für Alles« nicht nur eine einnehmende Geschichte zu erzählen, mit nachvollziehbaren Figuren voll menschlicher Schwächen. Die Leinwand blickt auch zurück auf den Betrachter, egal ob in Ungarn oder irgendwo anders in der Welt. Damit ist »Eine Erklärung für Alles« der Film zur Stunde und ein Geschenk für uns alle.
(Luru-Kino in der Spinnerei)
Ende der Neunziger gab es keine Studenten-WG, in der nicht Kruder & Dorfmeisters »KD Sessions« in Dauerschleife rotierte. Das wohl mit Abstand beste Kifferalbum der Neunziger ist jetzt zum 25. Geburtstag als schicke Box mit sage und schreibe sechs Vinylscheiben oder drei CDs erschienen. Als Bonus gibt es etwa den fantastischen 11-Minuten-Remix von Madonnas »Nothing Really Matters«. Dazu ein vinylgroßes, vierzigseitiges Booklet mit großformatigen Fotos, persönlichen Geschichten und Texten von Max Dax, Robert Menasse and Werner Geier. Die ultimative Edition eines zeitlosen Klassikers. (K7!)