»Im Kino gewesen. Geweint.« Diese knappe Notiz hat Franz Kafka in seinem Tagebuch am 20. November 1913 der Nachwelt hinterlassen. Kafka war Kinonarr. Das dokumentiert das hervorragende Werk »Kafka geht ins Kino« von Hanns Zischler. Die Schaubühne widmet sich im Februar Kafkas Beziehung zum Kino mit einem Vortrag von Literaturprofessor Peter-André Alt über verschiedene Formen von Kafkas kinematographischem Erzählen. Im Anschluss gibt es »Der Andere« von Max Mack, den Kafka 1913 selbst im Kino gesehen hatte.
»Franz Kafka und der Film«: 6.2., 19.30 Uhr, Schaubühne Lindenfels
Film der Woche: Im Amerika der Fünfzigerjahre wagt László Toth (Adrien Brody) in Pennsylvania einen Neuanfang. Ein Land, das ihn einerseits aufnimmt, andererseits aber seine künstlerische Integrität bedroht. Auf sich allein gestellt, versucht er sich in seiner neuen Heimat zu behaupten und die Beziehung zu seiner Frau Erzsébet (Felicity Jones) wieder aufzubauen, die durch den Krieg und die wechselnden politischen Regime in Europa auf eine harte Probe gestellt wurde.
Als der wohlhabende und prominente Industrielle Harrison Lee Van Buren (Guy Pearce) Toths Talent als Baumeister erkennt, beauftragt er ihn mit einem Mammutprojekt: Zu Ehren seiner geliebten verstorbenen Mutter soll er ein Institut errichten, bestehend aus einer Bibliothek, einer Sporthalle, einem Auditorium und einer Kapelle.
Durch Van Buren erhält László die Möglichkeit, seine kühnsten Träume durch monumentale brutalistische Architektur mit ihren klaren Linien und kantigen Formen zu verwirklichen. Doch während sich eine scheinbar glorreiche Partnerschaft entfaltet, kommt László zunehmend ins Straucheln: Der Preis für Macht und Vermächtnis ist hoch, und das dunkle Erbe von Van Burens Reichtum wirft lange Schatten.
»Der Brutalist«: ab 30.1. Passage-Kinos, Kinobar Prager Frühling, Regina-Palast
Das Konzept sexueller Hörigkeit hat nicht erst seit »Fifty Shades of Grey« seinen Platz im amerikanischen Mainstreamkino. Bisher waren die »verhängnisvollen Affären« aber meist aus männlicher Perspektive erzählt und von Männern inszeniert. Vor allem im Kino der Achtziger sah man immer wieder Männer in Machtposition, die sich mit einer deutlich jüngeren Frau einlassen und Karriere und Ehe aufs Spiel setzen. Michael Douglas hat darauf eine ganze Karriere gebaut. Die aus den Niederlanden stammende Autorin und Regisseurin Halina Reijn, die mit ihrem cleveren Horror-Debüt »Bodies Bodies Bodies« vor zwei Jahren einen Hit landete, dreht in »Babygirl« den Spieß um und hat dafür eine furchtlose Hauptdarstellerin an ihrer Seite: Nicole Kidman spielt die erfolgreiche Unternehmerin Romy. Sie ist glücklich verheiratet mit dem Theater-Regisseur Jacob. Sie haben zwei Teenager-Töchter und zwei Häuser. Eigentlich sollte Romy glücklich sein, doch da ist diese Sehnsucht nach sexueller Unterwerfung, die sie mit ihrem Mann nicht ausleben kann. Da kommt der gut aussehende Praktikant Samuel gerade recht und sie beginnt eine Affäre mit ihm. Doch Samuel bleibt schwer durchschaubar, seine Motivation im Dunkeln. So ist »Babygirl« am Ende ein exzellent gespielter, bis in die Nebenrollen hervorragend besetzter und stilsicher inszenierter Erotikthriller, der leider zu viele Leerstellen offenbart.
»Babygirl«: ab 30.1., Passage-Kinos, Regina-Palast, Cineplex
Wenn die Dunkelheit über der iranischen Hauptstadt einbricht, ist Amir unterwegs. Auf den Straßen von Teheran fährt er umher und versorgt die Stadt mit Drogen. Stricher, Prostituierte, die Außenseiter der Gesellschaft sind seine Kunden. Aber auch Intellektuelle, die sich nach Betäubung sehnen, in einem Staat, der alles kontrolliert. Amir ist so etwas wie ein Heilsbringer. Seine eigene Verlorenheit kompensiert er mit zunehmendem Konsum und findet doch keinen Ausweg aus der Nacht. Betrachtet man das iranische Kino, geht es immer auch um die Umstände, unter denen ein Film entsteht. Ähnlich wie Jafar Panahis „Taxi Teheran“ ist „Critical Zone“ zu großen Teilen mit versteckter Kamera und ohne Drehgenehmigung entstanden. Eine filmische Widerstandsgeste, roh und ungefiltert. Regisseur und Drehbuchautor Ali Ahmadzadeh fordert den Zuschauer mit langen Einstellungen und einer unkohärenten Story. „Critical Zone“ ist mehr ein Gefühlsausdruck als ein rundes Werk. Beim Filmfestival in Locarno gab es dafür den Hauptpreis.
Critical Zone: 30.1.-1.2., Cineding
Weitere Filmtermine der Woche
Vertigo
USA 1958, R: Alfred Hitchcock
Einer der faszinierendsten Hitchcock-Thriller mit legendären Szenen und Motiven, die seither immer wieder zitiert wurden.
Luru-Kino in der Spinnerei, 05.02. 19:00 (kreuzer-Klassiker, OmU)
Metropolis
D 1927, R: Fritz Lang, D: Alfred Abel, Gustav Fröhlich, Brigitte Helm, 153 min
Proletarier-Revolte in der Zukunftsstadt Metropolis. Expressionistischer Science-Fiction- und Stummfilm-Klassiker von Fritz Lang, dessen Architektur und Gestaltung seither oft zitiert und kopiert wurde.
Westkreuz Plagwitz, 31.01. 20:30 (Cinema Noir)
Der müde Tod
D 1921, R: Fritz Lang, D: Lil Dagover, Walter Janssen, Bernhard Goetzke, 98 min
Als der Geliebte eines junge Mädchens stirbt, begibt sie sich in das Totenreich und bittet um das Leben des Verstorbenen.
Hochschule für Musik und Theater, 31.01. 19:30
Legends of the Condor Heroes: The Gallants
CHN 2025, R: Hark Tsui, D: Xiao Zhan, Sabrina Dafei Zhuang, Tony Leung Ka Fai, 146 min
Bildgewaltiges Historiendrama über den Kampf der Chinesen gegen die Eroberungsfeldzüge des Dschingis Khan Anfang des 13. Jahrhunderts.
Cinestar, 30.01. 19:30 (OmU)
Detective Chinatown 1900
CHN 2025, R: Chen Sicheng, D: Wang Baoqiang, Liu Haoran, Chow Yun-fat, 135 min
Cineplex, 01.02. 22:00 (OmeU)
Mutiny in Heaven – Nick Caves frühe Jahre
AUS 2023, Dok, R: Ian White, 98 min
Dokumentarfilm über Nick Caves erste Band The Birthday Party.
Passage-Kinos, 02.02. 18:30 (Musikkiste)
Nestwärme – Mein Opa, der Nationalsozialismus und ich
D 2022, Dok, R: Eric Esser
Regisseur Eric Esser erkennt auf einem Filmausschnitt aus dem Familienarchiv, dass sein Großvater ein Hakenkreuz am Jackenaufschlag trug. Der Regisseur versucht, mehr über die Vergangenheit seines geliebten Opas zu erfahren. Ist das mit dem großen zeitlichen Abstand überhaupt möglich?
Budde-Haus, 02.02. 16:00 (mit Regiegespräch)
Dalej Jazda
PL 2025, R: Mariusz Kuczewski, D: Marian Opania, Malgorzata Rozniatowska, Mariusz Drezek, 96 min
Das lebensfrohe Seniorenpaar Józek und Elzbieta beschließt, eine Reise in einem alten Nysa durch Polen anzutreten.
Cineplex, 01.02. 17:00 (Polnisches Kino)
Macbeth
USA 2021, R: Joel Coen, D: Denzel Washington, Frances McDormand, Alex Hassell, 105 min
Shakespeares düsteres Drama in einer modernen Interpretation mit Denzel Washington und Frances McDormand in den Hauptrollen.
Cineplex, 05.02. 19:30 (OmeU)
Battles Without Honor and Humanity
J 1973, R: Kinji Fukasaku, D: Bunta Sugawara, Hiroki Matsukata, Kunie Tanaka, 100 min
Ein ehemaliger japanischer Soldat erschießt kurz nach dem Zweiten Weltkrieg einen Gangster, der seinen Freund getötet hat. Als er aus der Haft entlassen wird, tritt er einem Yakuza-Syndikat bei.
Cineding, 07.02. 19:00 (OmU, Reihe Zeitlos)
Cliffhanger
F/I/USA 1993, R: Renny Harlin, D: Sylvester Stallone, John Lithgow, Michael Rooker, 118 min
Actionfilm mit waghalsigen Stunts und löchrigem Drehbuch, dafür mit einem muskulösen Sylvester Stallone vor schöner Naturkulisse. Überzeugend auch die Dolomiten in der Rolle der Rocky Mountains.
CineStar, 04.02. 19:30 (Best of Cinema)
Regina-Palast, 04.02. 20:00 (Best of Cinema)
Cineplex, 04.02. 20:00 (Best of Cinema)
Die Unerhörten
D 2019, Dok, R: Jean Boué, 65 min
Der Dokumentarfilm zeigt den brandenburgischen Landtagswahlkampf 2019 in der Westprignitz, dem am dünnsten besiedelten Gebiet Deutschlands.
Zeitgeschichtliches Forum, 04.02. 19:00 (Wissenschaftskino mit Gespräch)
Haltlos
D 2024, R: Kida Khodr Ramadan, D: Lilith Stangenberg, Samuel Schneider, Jeanette Hain, 93 min
Die schwangere Martha entschließt sich dazu, ihr Kind zur Adoption freizugeben. Mit großer emotionaler Wucht erzählt der Film von ihrer Entscheidung und deren Folgen, die zu einem seelischen und gesellschaftlichen Kampf um Weiblichkeit, Mutterschaft und Freiheit führen. Im Anschluss Soundtrack-Konzert im Westflügel.
Schaubühne Lindenfels, 07.02. 20:00 (anschließend Konzert im Westflügel)
Night On Earth
USA 1991, R: Jim Jarmusch, D: Armin Mueller-Stahl, Winona Ryder, Roberto Benigni, 128 min
In fünf Episoden, die sich in einer einzigen Nacht in L.A., New York, Paris, Rom und Helsinki ereignen, zeigt Jim Jarmusch, wie aufregend der Beruf des Taxifahrers sein kann.
Cinémathèque, 03.02. 19:30 (OmU, Pyjamakino)
Staßfurt – Windhoek
DDR 1990, Dok, R: Lilly Grote, Julia Kunert, 52 min
Der Dokumentarfilm beschreibt den Abschied der namibischen DDR-Kinder von Staßfurt und ihre Ankunft und Situation in Windhoek.
Zeitgeschichtliches Forum, 03.02. 19:00 (People of Colour in der DDR)
Schwarze Früchte
D: Lamin Leroy Gibba, Melodie Simina, Vanessa Yeboah, 90 min
Die ersten drei Folgen der TV-Serie: Lalo, ein junger schwarzer, queerer Mann in seinen Zwanzigern, wird durch den plötzlichen Tod seines Vaters zutiefst erschüttert. Anstatt sich mit der Trauer auseinanderzusetzen, versucht er seinen Schmerz durch hektische Aktivitäten zu verdrängen, was jedoch nicht nur ihn selbst, sondern auch seine engsten Beziehungen in eine Krise stürzt.
Ost-Passage-Theater, 05.02. 20:00 (Black Cinema, Folge 1−3, OmeU, Black History Month)
Schwesterlein
D/CH 2020, R: Stéphanie Chuat, Véronique Reymond, D: Nina Hoss, Lars Eidinger, Marthe Keller, 101 min
Lisa gibt ihre eigene Familie auf, um sich um ihren krebskranken Bruder Sven zu kümmern. Schauspielerkino mit Nina Hoss und Lars Eidinger.
Passage-Kinos, 04.02. 18:30 (zum Weltkrebstag mit anschl. Gespräch)
Wild at Heart
USA 1990, R: David Lynch, D: Nicolas Cage, Laura Dern, Willem Dafoe, 126 min
Das schwer verliebte Paar Lula und Sailor muss vor den Schergen von Lulas Mutter Marietta flüchten. Dabei begegnen sie dem Ganoven Bobby Peru, der sie in seine kriminelle Welt hineinzieht.
Luru-Kino in der Spinnerei, 04.02. 21:30 (OmU)
Was bleibt? − Mein Auslandsjahr in meinem Leben
D 2025, Dok, R: Christian Weinert, 81 min
Sieben Personen blicken auf ihren Freiwilligendienst im fernen Ausland zurück. Ein nachdenklicher, perspektivenreicher Film über ein Austauschprogramm zwischen Globalem Norden und Globalem Süden.
Cinémathèque in der Nato, 06.02. 19:30 (Premiere)
Wir könnten genauso gut tot sein
D/RUM 2022, R: Natalia Sinelnikova, D: Ioana Iacob, Pola Geiger, Jörg Schüttauf, 93 min
Eine Geschichte über die Zugehörigkeit, das Ringen um Wahrheit und die Macht der Angst.
Cinémathèque, 02.02. 20:15 (OmeU, Tatorte)
Westend Sneak
Ein Filmschatz mit Einführung aus dem ehemaligen Bestand der Westend-Arthousevideothek – welcher es ist, ist bis zur Vorführung geheim. Thema im Februar: Youth Resistance.
Bibliotheca Albertina, 05.02. 19:00 (Youth Resistance)