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Stadtleben

Lesestörung

Die Nationalbibliothek hat einen neuen Servicebereich – und ringt mit der Technik

  Lesestörung | Die Nationalbibliothek hat einen neuen Servicebereich – und ringt mit der Technik  Foto: Tina Bode

»Das kann in fünf Minuten wieder funktionieren oder in einer Stunde. Wir haben den ganzen Tag schon On-off-Betrieb.« Semi-hoffnungsvoll klingt die Mitarbeiterin in der Medienausleihe der Deutschen Nationalbibliothek. Die neu installierten Medienboxen lassen sich am Montag der Eröffnung nicht öffnen. Dagegen kann man die renovierten Lesesäle wieder in altem Glanz in Augenschein nehmen. Oder eine noch gebührenfreie Lesekarte bekommen. Nur lesen kann man nicht. Zumindest hatte der Journalist nach 30 Minuten warten auf die Technik keine Lust mehr. Am Abend informierte ihn eine Email, dass die Leihfrist seiner Medien abgelaufen ist.

Seit Oktober 2023 laufen die Sanierungsarbeiten. Im prominenten Lesesaal für Geisteswissenschaften wurden die Fenster, Heizung und Lüftung modernisiert und das Mobiliar runderneuert. LEDs besorgen nun die Beleuchtung, ein neuer Linoleumboden trägt durch die historische Architektur. Und führt ebenfalls wieder zum, aufgrund der Maßnahmen unzugänglichen, Lesesaal Naturwissenschaften.

Der Eingangsbereich wartet mit einer neuen Medienausleihe auf. Die Schalterhalle mit zwei parallelen Reihen von gläsernen Sprechfenstern ist verschwunden. Die dunklen Holztheken ebenso. Es ist heller als vorher, die Atmosphäre heißt eher willkommen, aber der historische Touch fehlt. Der Denkmalschutz hat die Veränderung abgesegnet. Rechts befindet sich ein langer Servicetresen, in dem die alte Raumordnung widerhallt. Und wo man noch Mitarbeitende antrifft. Hier kann bis 2. März einen gebührenfreien Leseausweis bestellen, wer bisher noch keinen hat. Ab dem Tag danach wird die Nationalbibliothek wieder Gebühren erheben. Die Haushaltslage mache das notwendig, sagt Susanne Theile, Leiterin der Abteilung Benutzung und Bestandsverwaltung, dem kreuzer. Sie hofft, dass man möglichst bald wieder an die fünf Jahre gewährte Gebührenfreiheit anschließen kann. Für jene, die bereits eine Leserkarte besitzen, wird die 25-Euro-Jahresgebühr fällig, sobald deren Gültigkeit ausläuft.Tobias Prüwer

Im Eingangsbereich stehen links Batterien sogenannter Medienboxen. Das sind Schränke mit individuell öffnenden Fächern, wie man sie von Packstationen kennt. Nur sind diese nicht gelb oder blau, sondern schwarz und dank Glastüren transparent. Das macht es umso ärgerlicher, wenn sie sich nicht öffnen lassen. Der Benutzer steht davor, kann seine Bücher oder Zeitschriften und den entsprechenden Laufzettel sehen. Aber die Medien nicht erreichen. Früher konnte man die Medien einfach aus einem Regal nehmen. Vor Corona gaben die Mitarbeitende sie am Tresen aus.

Man solle sich an das Bibliothekspersonal wenden, rät die Display-Information. »Da können wir leider nichts machen, wir kommen nicht an die Medien heran«, ist von diesem zu hören. Eine mechanische Backdoor-Lösung fehlt anscheinend. Besonders ärgerlich ist das, wenn Nutzende von weiter weg anreisen. Denn die Institution am Deutschen Platz ist neben ihrer Schwester in Frankfurt am Main die einzige Stelle, die seit 1913 alle Werke in deutscher Sprache sammelt. Die Mitarbeiterin rät dem Journalisten, am nächsten Tag besser vorab anzurufen. Das tut er und erfährt am Dienstagmittag: »Im Moment funktioniert das System, aber ich kann für nichts garantieren.« Die Phase des Soft Openings geht weiter.


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