Während das Aus von IFZ und Duqo einen Schatten auf die Leipziger Clubszene wirft, haben einige Neuigkeiten zuletzt für einen Hoffnungsschimmer am Horizont gesorgt. Zwischenzeitlich verloren geglaubte Institutionen kehren zurück: Das Goldhorn, Kultkneipe des Leipziger Ostens, das nach langem Mietstreit um das Gebäude der Eisenbahnstraße 97 letzten September dicht machen musste, öffnet nach Aussage der Betreiber voraussichtlich Ende März an neuer Adresse wieder seine Pforten.
Auch die Wiedereröffnung der Distillery steht kurz bevor. Der ehemals älteste Club Ostdeutschlands wurde 2023 vom alten Standort auf der Kurt-Eisner-Straße verdrängt. Nun soll der Clubbetrieb nach Einschätzungen des Betreibers Steffen Kache spätestens Anfang April in der neuen Location an der Alten Messe starten: »Wir sind auf der Zielgeraden und warten gerade auf die Genehmigungen. Aber das ist eine Black Box. Das lässt sich schwer einschätzen.«
Gute Neuigkeiten kommen auch vom Livekommbinat, das gemeinsam mit den neuen Betreibenden die Eröffnung des »Axxon N.« im ehemaligen Institut für Zukunft verkündete. »Wir freuen uns sehr darüber, dass in schwierigen Zeiten ein ganz besonderer Standort erhalten und schon im April seine Türen für Freunde und Freundinnen der Clubkultur öffnen wird«, so Jörg Kosinski vom Livekommbinat in der Pressemitteilung. Zum Hintergrund des etwas außergewöhnlichen Namens wollen die Betreibenden vorerst nichts verraten und lassen dabei viel Raum für Interpretation.
Zwei kleine Hinweise gibt der Pressesprecher trotzdem: Der Begriff des Axons in der Neurologie beschreibe einen Teil eines Neurons der Nervenzellen miteinander verbindet – »ein Klebstoff, der die Geschichte verbindet.« Ein weiterer Tipp weist auf den 2002 erschienen Thriller »Inland Empire« von David Lynch hin, in dem »Axxon N.« ein nie endendes Hörspiel beschreibt. Eine Verbindung aus Altem und Neuem also, oder doch eine Anspielung auf niemals endende Clubnächte?
Der Name weckt die Neugier auf die Eröffnung der neuen Location. Im April soll es losgehen, vorerst am Wochenende, mit einem vielseitigen Konzept, das sowohl lokale Nachwuchstalente fördern als auch internationale Headliner in den Kohlrabizirkus holen will. Musikalisch ist dabei von Hardgroove über Industrial zu House einiges geplant und besonders die Etablierung eines Raums für Menschen aus der LGBTQ+ und BIPoC-Community steht im Fokus.
Andere Institutionen der Stadt wissen schon längst, dass es neuer Strategien bedarf, um sich über Wasser zu halten. Zuletzt sorgte eine ungewöhnliche Maßnahme in der elektronischen Clubszene für Überraschung: Die Neue Welle in Kleinzschocher vermietet ihre Räumlichkeiten nun auch für Hochzeiten und runde Geburtstage und schraubt parallel ihre Inhouse Events runter. Eine Entscheidung für die Querfinanzierung des Clubbetriebs: »Wir machen unglaublich viel Minus. Der Club war nie ausgelegt, rentabel zu sein, aber es frisst wahnsinnig viel Geld. Es gab eigentlich nur zwei Optionen: Wir machen den Club zu oder wir lassen uns was einfallen, öffnen uns und transformieren uns zu einem Veranstaltungsort«, erzählt Anica Kehr, Sprecherin der Neuen Welle. Den Betreibenden ist klar: Club allein rentiert sich nicht. Dabei wünschen sie sich mehr Unterstützung vom Kulturamt, ähnlich wie sie bereits etablierte Kulturinstitutionen erhalten, um mehr Sichtbarkeit bei Personen zu schaffen, die selbst keine Berührungspunkte mit der Clubszene haben: »Das ist nicht nur ein Ort, um zu stampfen, sondern ein ganz wichtiger Ort, damit sich junge Leute treffen, miteinander reden, sich connecten, tanzen und Emotionen frei lassen können.«
Ob innovative Konzepte das Clubsterben ausbremsen oder gar stoppen können, wird sich bald zeigen – klar ist jedoch: ohne neue Ansätze und eine nachhaltige Zusammenarbeit zwischen Betreibenden und der Stadt wird die Clubkultur auch weiterhin vor großen Herausforderungen stehen.