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Herunterfahren

Mit dem Dok-Filmfestival wird auch ein Flaggschiff der Leipziger Kultur ausgebremst

  Herunterfahren | Mit dem Dok-Filmfestival wird auch ein Flaggschiff der Leipziger Kultur ausgebremst  Foto: Susann Bargas Gomez

Als die Stars in Berlin über den roten Teppich schreiten, kommt die überraschende Nachricht aus Leipzig: Christoph Terhechte gibt die Leitung von Dok Leipzig vorzeitig ab – Anfang 2026 statt 2028. Leicht ist ihm die Entscheidung sicher nicht gefallen. Aber gesundheitlich sieht er sich der schwierigen Zukunft des ältesten Dokumentarfilmfestivals nicht mehr gewachsen.

Das Festival blickt unsicheren Zeiten entgegen. »Eigentlich sind wir paritätisch finanziert zwischen der Stadt Leipzig und dem Freistaat Sachsen«, sagt Terhechte. »Zuletzt hatte Leipzig erhöht, so dass wir jetzt mehr Geld von der Stadt bekommen als vom Freistaat. Die Ansage war ursprünglich, dass der Freistaat nachziehen würde. Inzwischen ist klar, dass wir dieses Geld nicht bekommen werden.« Man gehe von Haushaltskürzungen aus und rechne auch mit Kürzungen an anderen Stellen: »Wir wurden bisher etwa vom US-amerikanischen Konsulat gefördert – nicht mit einer gigantischen, aber doch relevanten Summe. Man kann sich ja vorstellen, was die inzwischen für Anweisungen kriegen aus Washington.« Es gehe an vielen Stellen runter, aber nirgendwo rauf, so Terhechte. Das heißt, das Dok konzentriert sich bei der diesjährigen Ausgabe auf den Kern. Es wird die Wettbewerbe geben, Hommagen und Meisterklassen. »Aber es gibt durchaus Programme, die wir gerne gemacht hätten, die wir jetzt erst mal auf Eis legen müssen.«

Dabei konnte das Festival zuletzt mit deutlich höheren Besucherzahlen glänzen. »An den großen Erfolg des Festivals 2024 werden wir nicht anknüpfen können, indem wir noch mal ein bisschen Zunder geben. Stattdessen müssen wir eine Sparedition planen – mich erinnert das gerade so ein bisschen an die Pandemie, als man aus anderen Gründen alles herunterfahren musste.« Das betreffe auch die Einladung von Gästen, denen das Dok in der Vergangenheit zumindest einen Teil der Reisekosten erstatten konnte. Das wird vorerst nicht mehr möglich sein – und könnte das Festival nachhaltig schädigen.

Ein weiterer Dämpfer: Aus Dresden wird es in diesem Jahr absehbar keine Mittel geben für die Inklusion. »Wir sind vorangegangen, das Festival inklusiver zu machen für Menschen mit Seh-, Hör- oder auch Gehbehinderungen. Wir haben Audiodeskriptionen angeboten, wir haben Untertitel für Hörgeschädigte angeboten und versuchen, so inklusiv wie möglich zu sein. Dass ausgerechnet diese Mittel als Erstes gestrichen werden, finde ich wirklich eine Unverschämtheit«, sagt Terhechte, der dennoch zuversichtlich bleibt: »Wir kriegen diese Durststrecke in diesem Jahr schon bewältigt. Das darf nur nicht so weitergehen.« Aufgeben sei keine Option.

LARS TUNÇAY


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