Film der Woche: Mickey Barnes (Robert Pattinson) ist ein liebenswerter Loser. Seine Gutgläubigkeit macht ihn zum leichten Opfer. Als ihn sein Freund Timo (Steven Yeun) davon überzeugt, dass Macarons der Hit in der Welt von Morgen werden, sieht er sich wenig später mit einer Firmenpleite und dem härtesten Gläubiger der Stadt konfrontiert. Mickey und Timo haben keine Wahl: Sie müssen die Stadt verlassen und suchen sich den am weitesten entfernten Ort aus, den sie finden können: Niflheim. Der mediengeile Senator Kenneth Marshall (Mark Ruffalo) sucht Kandidaten für eine Kolonie auf dem fernen Planeten. Der Andrang ist groß und Mickeys einzige Chance, an Bord zu kommen, ist, sich als »Expendable« (Entbehrlicher) zu melden. Sein Gehirn wird in eine Datenbank übertragen und sein Körper zum entbehrlichen Werkzeug.
So wird Mickey schon bald als Versuchskaninchen für allerlei wissenschaftliche Experimente genutzt und nach seinem Ableben einfach neu gedruckt. Er trägt so unter anderem dazu bei, einen Impfstoff für einen tödlichen Virus zu entwickeln, der die Atmosphäre von Niflheim kontaminiert – auch wenn das einige schmerzhafte Tode von Mickey zur Folge hat. Als Mickey 17 von einer Erkundungsmission nicht zurückkehrt, wird er für tot erklärt und neu gedruckt. Allerdings schafft er es zurück zur Basis und steht unvermittelt seinem Klon gegenüber.
Wie schon sein postapokalyptischer Trip »Snowpiercer« ist auch »Mickey 17« ein herrlich ätzender Kommentar auf (politische) Machtstrukturen im Gewand eines Science Fiction-Films. Bong Joon Ho, der für »Parasite« zuletzt mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, ist ein Meister darin, Gesellschaftskritik in Genrefilme zu verpacken. Das gelingt ihm auch mit »Mickey 17« mit viel schwarzem Humor und absurden Ideen. Robert Pattinson gibt als 18-facher Hauptdarsteller absolut alles und ein glänzend aufgelegter Mark Ruffalo bietet eine herrliche Politikerparodie, irgendwo zwischen seinem Jammerlappen Duncan Wedderburn aus »Poor Things« und Donald Trump.
»Mickey17«: ab 6.3., CineStar, Passage-Kinos, Cineplex, Regina-Palast
Der Animationsfilmer Gints Zibalodis schuf vor sechs Jahren mit »Away« einen visuell einzigartigen Film mehr oder weniger allein an seinem Computer. Die Reise eines Jungen durch eine mysteriöse, menschenleere Welt war so etwas wie die Blaupause zu »Flow«. Auch im nun größer produzierten Nachfolger steht eine Reise im Mittelpunkt. Allerdings sind es hier Tiere, die ihre naturgegebene Feindschaft überwinden und über sich hinauswachsen müssen, um zu überleben. Als eine plötzliche Flutwelle alles Leben unter sich begräbt, rettet sich eine schwarze Katze auf einen Kahn. Der einzelgängerische Fellball bleibt allerdings nicht lang allein. Nach und nach stoßen ein Golden Retriever, ein phlegmatisches Capybara, ein diebischer Lemur und ein großer weißer Vogel zur Crew. Dabei werden die liebevoll gestalteten Tiere nicht vermenschlicht und fangen an zu sprechen, wie es im Animationsfilm üblich ist. Trotzdem versteht man ihre Absichten und Eigenheiten auch ohne Worte. Die menschenleere Welt, durch die sich die tierischen Helden bewegen, bleibt derweil rätselhaft, faszinierend und betörend schön. Die Liebe, die in »Flow« steckt, überzeugt ohne den Realismus, dem sich die computeranimierten Filme von Dreamworks oder Pixar verschrieben haben. Vielmehr besticht das kleine, feine Werk durch eine eigene, einzigartige künstlerische Note. Kein Wunder, dass der lettische Film nach dem Europäischen Filmpreis und dem Golden Globe, nun auch den Oscar für den besten Animationsfilm gewonnen hat.
»Flow«: ab 6.3., Passage-Kinos, Kinobar, Cineplex, Schauburg, Regina-Palast
Mit seinem Spielfilmdebüt »Les Misérables« erhielt der in Mali geborene Ladj Ly zunächst den Jurypreis in Cannes und schließlich eine Oscarnominierung. Mit dem Nachfolger »Les Indésirables« bleibt er seiner Linie treu. Auch hier wirft er das Licht auf marginalisierte Gruppen, die Bewohner eines sozialen Wohnungsbaus in den Banlieues von Paris. Ein Umfeld, das dem Regisseur nur allzu vertraut ist. Wenn am Anfang der Sarg mit Habys Großmutter minutenlang durch das enge Treppenhaus des baufälligen Hochhauses manövriert wird, erlebt man gleich, wie mühsam selbst das Sterben für die Bewohnerinnen und Bewohner ist. Viele von ihnen wohnen mit viel zu Vielen in den winzigen Appartements. Überall zeigen sich Risse im Bau, weshalb der designierte Bürgermeister Pierre beschließt, das Haus zu räumen. Aber wohin mit den Menschen? Eine Lösung gibt es nicht. Deshalb beschließt die junge Haby für das Schicksal der Menschen zu kämpfen und tritt als Gegenkandidatin an. Autor und Regisseur Ly legt seinen Film zunächst aus beiden Perspektiven an, zeigt auch, wie schwer der Amtsantritt für Pierre ist. Im weiteren Verlauf verkauft der allerdings zunehmend seine Ideale und die Sympathie des Films liegt klar beim Kampf der Unterpriviligierten. Ein kraftvoller, wütender Film, der vielleicht nicht die erzählerische Stärke des Vorgängers erreicht, aber dennoch schmerzhaft nachhallt.
»Les Indésirables – Die Unerwünschten«: ab 6.3., Passage-Kinos
Weitere Filmtermine der Woche
Balkan Film Week
Eine Woche mit Filmen aus der Balkanregion, Dokus und Spielfilme, Klassiker und Festivalgewinner…
UT Connewitz, bis 7.3. (OmeU, Eintritt frei)
Der Prank – April, April
D/CH 2025, R: Benjamin Heisenberg, D: Noèl Gabriel Kipp, Max Zheng, Laura Tonke, 91 min
In der Familie rund um den zwölfjährigen Lucas sorgt ein vermeintlich harmloser Aprilscherz ihres chinesischen Austauschschülers Xi Zhou für gehöriges Durcheinander.
Passage-Kinos, 07.03. 17:00 (Preview für Kids, Premiere mit Regisseur Benjamin Heisenberg & Cast)
Mustang
D/F/TRK 2015, R: Deniz Gamze Ergüven, D: Güneş Nezihe Şensoy, Doğa Zeynep Doğuşlu, Tuğba Sunguroğlu, 97 min
Als Lale, Nur, Ece, Selma und Sonay mit Jungs erwischt werden, handelt ihr Onkel radikal und sperrt die fünf Schwestern ein. Doch auf Dauer kann das nicht gutgehen und der Konflikt zwischen den Generationen entlädt sich. Ein genau beobachtetes, berauschend fotografiertes Werk.
Passage-Kinos, 08.03. 20:30 (OmU, Special zum Weltfrauentag)
Call Jane
USA 2022, R: Phyllis Nagy, D: Elizabeth Banks, Sigourney Weaver, Chris Messina, 122 min
Joy, eine traditionelle Hausfrau in den Sechzigern, entdeckt eine Gruppe von Frauen, die verbotene Abtreibungen vornimmt, und beschließt, ihnen zu helfen.
Schaubühne Lindenfels, 08.03. 20:00 (OmU, Schwangerschaftsabbrüche raus aus dem Strafgesetzbuch)
Ungezähmte Erotik
J 1965, R: Shinya Yamamoto, D: Tamaki Katori, Kiyoshi Kinami, Yûichi Minato, 73 min
Eine Schauspielerin wird mit Fotos von einem Diebstahl erpresst. Japanischer Erotikthriller.
Luru-Kino in der Spinnerei, 09.03. 18:00 (Analogfilmdoppel)
Tokio Dekadenz
J 1992, R: Ryû Murakami, D: Miho Nikaido, Sayoko Amano, Tenmei Kano, 112 min
Die junge Studentin Ai gerät in den Strudel aus Liebe und Perversionen.
Luru-Kino in der Spinnerei, 09.03. 20:00 (Analogfilmdoppel)
Wie die Liebe geht
D 2024, Dok, R: Judith Keil, Antje Kruska, 153 min
Die Lebens‐ und Liebesentwicklungen von vier Paaren in Deutschland über den Verlauf von sieben Jahren.
Kinobar Prager Frühling, 09.03. 17:00 (Premiere mit Regisseurin Judith Keil und anschl. Gespräch), 10.03. 14:45
Ghost in the Shell
J 1995, R: Mamoru Oshii, 90 min
Cyberpunk-Thriller mit Anleihen an »Blade Runner«. Ein komplexer, stilbildender Anime von Mamoru Oshii.
Cinestar, 11.03. 17:00 (OmU), 20:00
Karbid und Sauerampfer
DDR 1963, R: Frank Beyer, D: Erwin Geschonneck, Marita Böhme, Manja Behrens, 80 min
Beschwingte Odyssee durch die Wirren der Nachkriegszeit: Basierend auf wahren Erlebnissen des Autors Hans Oliva-Hagen, gilt Frank Beyers Komödie als einer der ersten DEFA-Filme, der nah an der Lebenswirklichkeit seiner Zuschauer war.
Stadtbüro, 11.03. 18:00 (mit Gespräch)
Köln 75
D/PL/B 2025, R: Ido Fluk, D: Mala Emde, John Magaro, Alexander Scheer, 116 min
Musikfilm, in dessen Mittelpunkt Vera Brandes steht, die 1975, im Alter von 18 Jahren, das berühmte Köln-Konzert des Jazzmusikers Keith Jarrett initiierte.
Passage-Kinos, 11.03. 20:15 (Premiere in Anwesenheit von Hauptdarstellerin Mala Emde und Produzent Fred Burle)
Mifune
DK 1999, R: Søren Kragh-Jacobsen, D: Iben Hjejle, Anders W. Berthelsen, Jesper Asholt, 100 min
Das Leben eines frischgetrauten Yuppies ändert sich gründlich, als er zum Begräbnis seines Vaters aufs Land zu seinem behinderten Bruder zurückkehrt. Dritter Film der »Dogma«-Reihe.
Schaubühne Lindenfels, 13.03. 19:30 (OmU, vorher Einführung Norbert Wehrstedt)
Sex and the City – Der Film
USA 2008, R: Michael Patrick King, D: Sarah Jessica Parker, Kim Cattrall, Cynthia Nixon, 145 min
Der erste Kinofilm zur Kultserie war 2008 ein großer Erfolg.
Cinestar, 12.03. 19:45 (CineLady Special)
Spring on Zarichna Street
USSR 1965, R: Feliks Mironer, Marlen Khutsiev, 96 min
Einer der populärsten Filme der Sowjetunion folgt der Liebe zwischen einem Lehrer und seiner Schülerin.
Cinémathèque, 14.03. 19:30 (mit Einführung & Gespräch, OmU)