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Eltern haften nicht

Der Stadtrat stellt sich gegen die Erhöhung der Kitabeiträge

  Eltern haften nicht | Der Stadtrat stellt sich gegen die Erhöhung der Kitabeiträge  Foto: Stefan Ibrahim

Jugendbürgermeisterin Vicki Felthaus (Grüne) wird schon geahnt haben, dass sie sich ihre Rede eigentlich hätte sparen können. Trotzdem drängt sie den Rat zu Erhöhungen der Krippen-, Kita- und Hortbeiträge für Eltern. »Wir schlagen Ihnen vor, die Krippenbeiträge auf das gesetzliche Mindestmaß anzuheben«, sagt Felthaus und hat Zahlen dabei: Der 9-Stunden-Platz in der Krippe soll monatlich künftig 229 Euro kosten, 8,5 Prozent mehr als bisher. Nur knapp 14 Prozent der anfallenden Kosten für einen Kitaplatz würden Eltern ohne Erhöhung tragen – gesetzlich vorgesehen sind 15 bis 23 Prozent – den Rest tragen Stadt und Freistaat. Käme die Erhöhung nicht, würden im eben erst beschlossenen Doppelhaushalt 20 Millionen Euro fehlen. »Wer wenig verdient oder auf Unterstützung angewiesen ist, wird auch bei uns weiter ein Anrecht auf eine Ermäßigung oder einen Freiplatz haben«, versichert Felthaus.

Seit 2017, als der Stadtrat das letzte Mal die Beiträge erhöhte, sei viel passiert, sagt Juliane Nagel (Linke): »Die Mieten sind um circa 40 Prozent gestiegen und die Lebensmittelpreise ebenfalls. Der Medianlohn wuchs dagegen nur um 20 Prozent.« Eine Erhöhung schließt die Linke daher aus. Nagel kritisiert, dass die Verwaltung dem Stadtrat jetzt die Pistole auf die Brust lege: »Wenn man einen Haushalt zusammenbaut mit der Kalkulation der Einnahmen aus dieser Vorlage, dann ist das einfach unredlich.« Es müsse in Sachsen endlich nach Einkommen gestaffelte Kitabeiträge geben – eine Möglichkeit, die andere Bundesländer bereits nutzen.

»Ich hätte mir in meiner gesamten politischen Karriere nicht vorstellen können, dass ich mal in eine Rede einsteige mit den Worten, dass ich Frau Nagel in vielen Dingen recht geben muss«, sagt CDU-Fraktionschef Michael Weickert und gesteht, dass die Querfront sich falsch anfühle. Erhöhungen beträfen »genau diejenigen, die gerade immer so über der Grenze sind, wo sie Leistungsbezüge beantragen können.« Den »Kasus Knacksus« verortet Weickert beim Thema Haushaltsverhandlungen. Schon lange habe sich abgezeichnet, dass es für die Erhöhung keine Mehrheit gebe. Und außerdem: Wer sich für Millionen ein neues Naturkundemuseum leisten könne, dürfe die Elternbeiträge nicht erhöhen. »Bis auf den letzten Satz war’s schön«, sagt Sören Pellmann und erstickt die Linken-Konservativen-Freundschaft.

Frank Franke (SPD) will wissen, warum sich die CDU im Landtag nicht für eine Entlastung der Kommunen einsetze: »Sie haben ja den Herrn Nowak in ihren Reihen.« Andreas Nowak, Mitglied der CDU-Landtagsfraktion, zeigt sich monothematisch: »Ich bin Verkehrspolitiker!« Dass Frankes SPD in Sachsen selbst Ministerinnen und Minister stellt, darauf verweist Sven Morlok (Freie Fraktion): »Was tun die denn da in der Kabinettssitzung?« Grüne und BSW müssten sich bekennen und dem Doppelhaushalt der Landesregierung nur zustimmen, wenn diese mehr Geld für Kitas gebe.

Dass die CDU plötzlich ihr Klassenbewusstsein entdecke, freut Marsha Richarz (Grüne). Natürlich wünsche auch sie sich Gratis-Kitas, aber: »Die jetzige Erhöhung ist realistisch, zumutbar, maßvoll und im gesetzlichen Mindestrahmen.« Aber außer den Grünen sieht das nur die Freie Fraktion so – die Erhöhung fällt durch.


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