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»Du musst kein Soziopath sein«

Martin Lacher im Gespräch über Kinderchirurgie in Leipzig 
und Nordkorea – und sein Bundesverdienstkreuz

  »Du musst kein Soziopath sein« | Martin Lacher im Gespräch über Kinderchirurgie in Leipzig 
und Nordkorea – und sein  Bundesverdienstkreuz  Foto: Christiane Gundlach

Ob wir Vater und Sohn seien, fragt uns Martin Lacher zur Begrüßung, weil einer von uns beiden – die Herren Heyde und Heine – beim Händeschütteln offenbar genuschelt und Lacher also zweimal denselben Namen gehört hat. Im Gegenzug haben wir ihn nicht gefragt, ob Lachen die beste Medizin ist. Aber so manch anderes, wie zum Beispiel:

Was hatten Sie als Kind für einen Berufswunsch?

Ich wollte eigentlich immer eine Menge Kohle machen und BWL studieren. Ich hatte auch schon einen Ausbildungsplatz bei der Dresdner Bank in Frankfurt. Dann kam aber der Zivildienst dazwischen, den ich im Rettungsdienst gemacht habe, und als ich danach bei der Bank so nach links und rechts geguckt habe, dachte ich: Mit denen habe ich nichts gemeinsam.


Also war der Zivildienst die Initialzündung für Ihre Berufswahl?

Ich habe im Rettungsdienst einfach gemerkt, dass man durch sein Können etwas wirklich Signifikantes bewegen kann – jemandem helfen kann, der auf der Straße liegt oder bei irgendeinem Notfall, wo man mit dem, was man kann, einen viel größeren Impact für diesen einzelnen Menschen hat, als wenn man irgendwo Zahlen hin- und herschiebt. Das hat mich total fasziniert.



Beim Rettungsdienst werden Sie irgendwohin gerufen, haben eine ungefähre
Ahnung, was Ihnen bevorsteht und kommen dann in eine Situation, zu Menschen, vielleicht einer Familie, jemand ist verletzt, die anderen sind geschockt – das ist doch so ziemlich das Gegenteil von der Arbeit im OP, wo alles außer der zu operierenden Stelle abgedeckt oder abwesend ist, oder?

Ja, klar. Ich bin auch ausgebildeter Notarzt. Das hier in der Uniklinik ist zum großen Teil planbar. Ich weiß also schon am Vorabend, wann welche OP am nächsten Morgen stattfindet. Aber bei einer Operation kann man plötzlich an den Punkt kommen, wo es stark blutet, wo irgendwas völlig aus dem Ruder läuft – und dann muss man ad hoc die richtige Entscheidung treffen. Man hat auch hier oft nicht viel Zeit zu überlegen oder nachzulesen. Man muss entscheiden und darf nicht das ganze Team nervös machen. Manchmal stehen da noch fünf, sechs Leute im OP, Studierende oder Gastärzte zum Beispiel. Man ist da schon on stage. Und dann sind da ja auch noch die Eltern draußen. Diese Verantwortung, das muss man können. Aber ich habe einen Blutdruck von 90 zu 60, mich bringt nichts so schnell aus der Ruhe, das ist hilfreich – die Betriebsärztin hat mir gesagt, ich soll eine Kanne schwarzen Kaffee am Tag trinken.


Sind Sie schon immer so gelassen gewesen
oder haben Sie das gelernt?

Ich bin so aufgewachsen, dass es nicht so schnell geht, die Contenance zu verlieren. Und ich habe als Kind viel Klavier gespielt und kenne Anspannung auf der Bühne also schon lange.


Die Situation im OP würden Sie damit vergleichen?

Im OP zu sein, ist immer öffentlich. Was ich im OP sage, hören unter Umständen zwanzig Leute und die sehen natürlich auch, was du da operierst. Dann sind da noch die Angehörigen oder auch Selbsthilfegruppen, die hinter dem Krankheitsbild stehen – bei einer Komplikation weiß die halbe Republik Bescheid.


Wie sind Sie eigentlich zur Kinderchirurgie gekommen?

Was Chirurgisches wollte ich immer machen, habe in dem Bereich auch meine Doktorarbeit geschrieben. Meine Schwester ist Kinderärztin und sie hat zu mir gesagt: Alle Chirurgen sind Soziopathen und haben vier Kinder, weil ihre Ehefrauen zu Hause beschäftigt werden müssen. So wollte ich nicht sein, also habe ich Kinderheilkunde angefangen und auch im praktischen
Jahr gemacht. Nach zweieinhalb Jahren in Freiburg war es mir aber zu wenig spannend – ich wollte mehr Impact. Ich wollte, wenn ein Kind mit einer Speiseröhrenfehlbildung zur Welt kam und operiert werden musste, nicht das vor und nach der OP machen, sondern die OP selbst.


Und Sie sind trotzdem kein Soziopath geworden?

Ich habe gemerkt: Du kannst ein ganz anderer Chirurg sein, du kannst der Chirurg sein, der du sein möchtest. Du musst kein Soziopath sein, der nie zu Hause ist und sich nicht um die Familie kümmert. Und vor allem: Du musst dem folgen, wofür du brennst. Das sage ich auch jedem Studenten: Du musst dir bei deinem Berufswunsch überlegen, wo du in zehn Jahren sein willst, in welchem Fach du Oberarzt oder Oberärztin sein willst – nicht, welche Work-Life-Balance du in der Ausbildung hast.


Was macht denn einen guten Kinderchirurgen aus?

Natürlich erst mal das Können – die Eltern interessiert primär das Ergebnis. Wir haben eine extreme Verantwortung: Das Kind wird geboren mit einer Fehlbildung, die nicht mit dem Leben vereinbar ist, zum Beispiel ist die untere Speiseröhre mit der Luftröhre verbunden – wenn Sie nichts machen in den ersten zwei, drei Tagen, stirbt das Kind. Die Eltern geben Ihnen das
Allerliebste, was sie gerade geboren haben, in Ihre Hände. Da muss man so trainiert sein, dass man das gut kann. Man muss aber nicht nur operieren, sondern auch einen guten Ton mit den Eltern finden können, es ihnen gut erklären. Und man muss das ganze Team mitnehmen, alles gut zusammen hinbekommen. Einen guten Kinderchirurgen macht aus, dass er nicht wegläuft,
wenn es Komplikationen gibt: Wenn eine Naht auseinandergeht, muss man trotzdem jeden Tag ins Zimmer gehen und mit den Eltern reden. Es gibt ein Sprichwort: Ein guter Chirurg weiß, wie man operiert. Ein noch besserer Chirurg weiß, wann man operiert. Und ein exzellenter, erfahrener Chirurg weiß, wann man nicht operiert.


Weil man als Chirurg oft anders auf Krank
heiten schaut und eben zur OP neigt?

Ja, es gibt Fälle, wo man durch eine Operation alles viel schlimmer macht. Da kann ich mir nicht auf die Brust trommeln und sagen: Ich mache es jetzt mal richtig. Es ist nicht wie bei einem Auto, wo man den Vergaser zum dritten Mal einbauen kann, mit lebendem Gewebe kann man manchmal nicht alles wieder so hinbauen, wie es war. Das muss man erkennen. Es ist wie bei den Journalisten: Es gibt die exzellenten Kollegen und die, wo man sagt: Na ja, der Artikel ist okay.


Wir spüren gar keinen Druck …

Ach, dieses Spektrum gibt es überall. Die Spitze von Leuten, die was extrem gut können, ist in der Kunst, in der Wissenschaft und in der Chirurgie derselbe prozentuale Anteil, glaube ich.


Sie sind jetzt seit knapp zehn Jahren an der Leipziger Uniklinik. Ist es ruhiger geworden als damals, als Sie noch lange Dienste machen mussten?

Man wird ein bisschen ruhiger, ja, aber es wird nicht ruhiger. Ganz im Gegenteil. Wir arbeiten jedes Jahr noch mehr – weil wir hier etwas aufgebaut haben, womit wir sehr viele überregionale Patienten bekommen, noch komplexere Patienten, die von sehr weit her kommen. Und die Verantwortung mit dem Team wird auch mehr. Als Chef ist man natürlich auch für alle Fehler verantwortlich, die im Team passieren. Aber es macht auch immer mehr Spaß! Ein Privileg in dem Job ist ja, junge Karrieren zu fördern, Leute zu empowern, dass die Dinge können, die sie vor fünf Jahren noch nicht konnten – zum Beispiel Operationen, die in den ersten Jahren noch ich gemacht habe: Da rufen sie mich nur noch dazu, um mal drüber zu gucken. Oder rufen mich gar nicht mehr. Ich bin sehr eng dran, wenn Kinder hier operiert werden, sitze meistens mit den OP-Klamotten hier im Büro und kann schnell runter in den OP. Das ist das Schöne hier: Alles ist so nah zusammen. Und wenn ich so auf mein Team schau, bin ich unglaublich stolz, wer da alles so wächst und gedeiht und das next level nimmt.


Wie sind die Rahmenbedingungen?
Wie sieht es finanziell aus? Das ganze Thema Finanzierung des Krankensystems ist ja riesig …

Angespannt, angespannt. Weil Sachsen natürlich kein reiches Land ist. Wenn in Niedersachsen die Medizinische Hochschule Hannover 300 Millionen Euro minus
macht, greifen die in die hintere Hosen­tasche, fragen beim VW-Konzern nach und
dann wird das irgendwie ausgeglichen. Kostendruck ist überall, aber das ist so ein
Hintergrundrauschen, das mich nicht besonders beunruhigt.


Sie sind also schon froh, nicht in einer privaten Klinik zu arbeiten?

Ja! Das Kind steht bei uns im Vordergrund und wir tun alles dafür, auch finanziell, damit dieses Kind optimal versorgt wird. Wo wer am Ende irgendein Minus ausgleicht, das sehen wir dann. Wir können in den Spiegel gucken, wir haben alles gegeben.


Sie haben auch in den USA gearbeitet. Wie
haben Sie dort das Thema Profitorientierung im Gesundheitswesen erlebt?

Die Bedingungen sind ideal dort. Dem Arzt wird noch mehr abgenommen: Jeder Oberarzt hat da seine eigene Schwester und die läuft mit ihm den ganzen Tag. Es ist extrem profitabel, weil sehr viel mehr berechnet wird. Für eine Blinddarm-OP bekommt ein Krankenhaus hier ungefähr 3.000 Euro, in den USA wären da 30.000 Dollar fällig. Und für die Kinder wird das auch alles bezahlt. In Birmingham, wo ich war, gab es für sechs Millionen Einwohner ein Kinderkrankenhaus – da ist der Hubschrauber vier-, fünfmal am Tag gelandet. Und für jedes einzelne Kind wurde alles gemacht – weil sehr viel donations da sind, fürs Children’s Hospital gibt jeder was. Man hört ja immer, dass in den USA Leute nicht behandelt werden, weil sie keine Krankenversicherung haben – für die Kinder gilt das aber nicht.


In Deutschland und noch mehr im Osten
gibt es diese Spendenkultur nicht.

Ja, das ist was, das einem nicht in den Kopf geht: Wir haben hier DHL, Porsche, BMW – aber wo sind die hier im Klinikum engagiert? Ich hätte überhaupt kein Problem damit – wenn du Lungenkrebs hast, ist es dir doch ganz egal, ob du auf der Porsche-Station liegst. Hauptsache, sie funktioniert.


Sie haben 2017 die Stiftung Kinderchirurgie gegründet, nun für dieses Engagement das Bundesverdienstkreuz erhalten und dabei gesagt: »Wir haben als Menschen und Mediziner in einem wohlhabenden Land die Mittel und die Verantwortung, Menschen in weniger privilegierten Regionen zu helfen.« Tun wir das als Gesellschaft einfach zu wenig?

Ich glaube, ja. Ich kann heute Abend den Flug von Frankfurt nach Addis Abeba nehmen, dann bin ich morgen früh dort und sehe in unserem Stiftungs-Hauptprojekt Awassa dieselben Krankheitsbilder wie hier – aber die Kinder dort warten zwei Jahre auf eine Operation und laufen mit so einem Bauch rum. In einer Woche Awassa können wir als Team 15 bis 20 Kinder operieren. Wir können da so viel bewegen und es wäre doch schade, wenn wir das nicht machen würden, die Ressourcen ungenutzt ließen. Ich will das nicht zu hoch hängen, aber letztendlich, im erweitertsten Sinne bekämpfen wir so Fluchtursachen. Viele könnten irgendwas tun. Es gibt ja auch Ingenieure ohne Grenzen, die könnten da Solarmodule aufs Krankenhaus drauf bauen.


Wie finanziert sich Ihre Stiftung?

Hauptsächlich aus privaten Spenden, zwischen 30.000 und 50.000 Euro haben wir im Jahr. Für das Äthiopien-Projekt bekommen wir Geld von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, das sind letztendlich unsere Steuergelder. Und 2021 haben wir bei der »Ein Herz für Kinder«-Spendengala eine Million Euro bekommen, um zwei OPs zu bauen, die jetzt, nächsten Mittwoch in vier Seecontainern über Dschibuti nach Äthiopien gehen. Das sind so Fertig-OPs, wie ein Fertighaus.


Was kostet so eine Woche Äthiopien oder Vietnam?

Wenn wir eine Woche fahren – mit zwei Kinderchirurgen, einem Kindernarkosearzt und zwei Narkoseschwestern, mit Medikamenten und Equipment –, kostet das ungefähr 8.000 bis 10.000 Euro. Dreimal im Jahr fahre ich selber eine Woche, aber ein Team ist eigentlich immer alle zwei Monate unterwegs. Wenn mein oberärztliches Team fährt, nimmt es dafür seine Überstunden und die Stiftung gleicht die Reisekosten aus.


Sie fahren in ganz unterschiedliche
Länder: Äthiopien, Vietnam, Tansania. Sie selbst waren auch mal in Nordkorea. Wie sehr unterscheidet sich das Arbeiten dabei?

Es ist ganz unterschiedlich. In Nordkorea – damals gab es die Stiftung noch nicht, da war ich mit Cap Anamur (humanitäre Hilfsorganisation, Anm. d. Red.) – konnten wir wirklich sehr, sehr wenig machen, waren die ganze Zeit von zwei Geheimdienstlern beschattet. Dort wurde sehr viel vorgespielt. Wenn wir gefragt haben: Wo sind denn die Kleinkinder mit den Fehlbildungen?, hieß es, die seien in einem anderen Krankenhaus und irgendwann stellte sich raus: Die sterben alle. In Vietnam gibt es sehr viel Struktur – dort kann man eigentlich alles machen. Aber auf der einen Intensivstation in Saigon gibt es acht Beatmungsplätze und wenn einer in der Nacht reinkommt, der eine Beatmung braucht und eine bessere Prognose hat als einer von den acht, die schon da sind, dann wird der mit der schlechtesten Prognose vom Netz genommen. Und dann beatmen die Eltern mit der Hand weiter, manchmal über Tage, in der Hoffnung, dass es irgendwie noch wird. Bei uns wäre das unethisch, wir würden sagen, wir haben keinen Platz, und den Patienten nicht annehmen. Aber dort wird priorisiert nach Prognose. So was ist in unserer Kultur nicht verankert.


Wie oft sind Sie damit konfrontiert, dass Sie als der weiße Mann aus Europa, der jetzt mal allen erklärt, wie es geht, wahrgenommen werden?

Das ist kein Thema. Wir belehren ja keinen. Natürlich haben die Patienten, die einfachen Leute, die zum Teil ja nicht lesen und schreiben können, schon in den Augen: Da kommt jetzt jemand, der das besser kann. Und dann ist da unglaubliche Dankbarkeit. Als ich zum ersten Mal in Tansania operiert habe, kam am Morgen nach der OP die Mutter des Kindes und überreichte mir ein lebendes Huhn – das höchste Geschenk. Zurückgeben konnten wir das nicht, unser Flug ging aber in zweieinhalb Stunden. Das war bei so einem Orden und dann haben die Nonnen dort dem Huhn innerhalb von einer halben Stunde aus dem Mantel geholfen … und eine Stunde vorm Abflug haben wir gegessen.


Und wie ist das unter Kollegen und Kolleginnen?

Das muss man sich eigentlich so vorstellen wie zwei Musiker, die sich treffen, aber nicht dieselbe Sprache sprechen. Wir haben ja dasselbe Hobby, wir operieren Kinder …


Als Hobby würden Sie das bezeichnen?

Ich sage den Leuten immer: Macht euer Hobby zum Beruf, dann habt ihr jeden Tag frei.


Zurück in den OP in Tansania oder Vietnam.

Der Kollege kennt dieselben Krankheitsbilder, die wir hier auch haben. Wir sehen ein Kind, er mit seinen Möglichkeiten, ich mit meinen – da belehrt nicht einer den anderen, sondern wir lernen gegenseitig. Und das macht unglaublich Spaß. Am besten ist es aber natürlich, wenn coole Sachen in den Projekten passieren, wenn wir gar nicht dort sind, es also ohne uns geht.


Sie kommen von so einer Reise schon motiviert und nicht desillusioniert zurück?

Ja, total! Rückschläge gibt es natürlich, aber du bist dort eine Woche nur Chirurg, kommst morgens in die Klinik, operierst, guckst dir die an, die operiert worden sind, und gehst irgendwann zufrieden ins Bett. Kein Verwaltungskram, keiner, der dich stört, keine Telefonate. Deshalb hast du nach so einer Woche den Akku aufgeladen, obwohl du nur gearbeitet hast. Komplettes Detoxen ist das eigentlich.


Was bedeutet Ihnen das Bundesverdienstkreuz?

Es ist eine schöne, unerwartete Form der gesellschaftlichen Anerkennung, die einfach unglaublich motivierend ist, noch mehr zu investieren. Ich wusste davon gar nichts: Der Brief lag eine Woche am Spiegel – in meinem Alter bekommt man ja keine schöne Post mehr – und dann mache ich den auf und da steht Staatskanzlei und Frank-Walter Steinmeier. Da habe ich zu meiner Frau gesagt: Das ist ein Fake, die verarschen uns doch.


Sie sind erst 50 – was soll da jetzt noch kommen?

Dass die Community unserer Stiftung noch breiter wird, dass noch mehr Teams mitmachen. Aber es soll nicht nur größer, sondern auch besser werden und sich so verselbständigen, dass es irgendwann etwas ist, das bleibt.


Eigentlich müssten Sie doch in einer Stadt mit einem richtigen Flughafen leben, oder?

Es ist schlimm, ja. (lacht) Jetzt haben sie gerade die Verbindung nach München gekappt … In Frankfurt zu wohnen, wäre schon geil. Aber ich bin Bahnfahrer, von daher ist es schon okay.


Gibt es in Leipzig einen Ort außerhalb der Uniklinik, der Ihnen wichtig ist?

(Überlegt lange) Alles, was mit Musik zusammenhängt. Ich spiele Klavier.


Wann denn das noch?

Nach Feierabend. Ich spiele gern Jazz. Unsere drei Kinder spielen auch alle Klavier, mein Kleiner auch Schlagzeug und meine Tochter Cello. Wir gehen viel ins Gewandhaus, das Horns Erben bedeutet mir auch viel. Jetzt nehme ich gerade Synthesizer-Unterricht, weil ich mit Richard Wagner, meinem Oberarzt, in einer Band spielen will.


Der ganz zufällig Richard Wagner heißt.

Ja, wirklich! Das ist unser Shootingstar, ein super Forscher und Typ, der auch bei der Stiftung mitmacht. Alles, was mit Musik zusammenhängt in Leipzig, finde ich eine irre Sache. Konzerte am Bachdenkmal im Sommer, davor liegt der alte Bach noch unter der Platte – ich finde, das hat etwas und macht Leipzig auch aus. Aber wenn du nach Äthiopien kommst und die hören, du kommst aus Leipzig, dann sagen sie: Red Bull. Bach kennt da niemand.


Aber Sie halten es eher mit dem FC Bayern, haben wir gesehen.

(Dreht sich zum Fensterbrett und nimmt einen kleinen Fußball mit Unterschriften drauf in die Hand) Ja, der ist von meiner Habil-Feier 2013. Der hier auch (nimmt einen güldenen OP-Schuh in die Hand). Das habe ich auch fortgeführt: All meinen Oberärzten – ich habe hier ja fünf Leute habilitiert – habe ich so einen OP-Schuh golden angesprüht.


Dann haben wir es eigentlich.

Komplettes Persönlichkeitsprofil.


Biografie: Martin Lacher wurde 1974 in München geboren und ist in Hessen aufgewachsen. Der Zivildienst als Rettungssanitäter brachte ihn weg vom Bankwesen und hin zur Medizin. Studium in Köln, PJ in den USA und in Südafrika. Nach Stationen in Freiburg, München, Birmingham (USA) und Hannover ist er seit Herbst 2015 ärztlicher Direktor der Kinderchirurgie an der Uniklinik in Leipzig, der Geburtsstadt seiner Mutter. Für die Arbeit seiner Stiftung, die OPs in Äthiopien, Vietnam und Tansania durchführt, hat er kürzlich das Bundesverdienstkreuz erhalten.


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