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Ökolöwe, halt dein Mündlein

Die CDU will nicht, dass der Ökolöwe an der Entwicklung des Wirtschaftsverkehrs mitarbeitet

  Ökolöwe, halt dein Mündlein | Die CDU will nicht, dass der Ökolöwe an der Entwicklung des Wirtschaftsverkehrs mitarbeitet  Foto: Stefan Ibrahim


»Das ist keine Abstimmung über Sympathie oder Antipathie!«, sagt Marcus Mündlein (CDU) gleich mal zu Beginn. Diese Kategorien spielen in der Politik ja nie eine Rolle. Völlig unverfänglich schreibt die CDU deshalb in ihrem Antrag: »Der Ökolöwe ist unserer Kenntnis nach nicht wirtschaftlich aktiv und hat damit auch keine tieferen Erkenntnisse über die Bedarfe des Wirtschaftsverkehrs und sollte an dessen Planung nicht teilhaben«

Mündlein – der nach kreuzer-Investigativ-Recherche übrigens kein Arzt ist, aber trotzdem im Gesundheitsausschuss sitzt !!11elf – stört sich vor allem an einer Sache: »So setzten sich die Ökolöwen zum Beispiel für flächendeckendes Tempo 30 ein.« »Toll!«, ruft einer links im Saal. »Sie mögen das toll finden, die Wirtschaft findet es nicht toll«, sagt Mündlein. Seine Fraktion will den Umweltverband, übrigens ein Erbe des Herbst 89, loswerden. Zumindest aus dem Teilnehmerkreis, der den Wirtschaftsverkehrsentwicklungsplan erarbeitet. Denn mit Tempo 30 würde der ohnehin zähfließende Verkehr in der Stadt noch komplizierter, das wisse Mündlein »aus mehreren Quellen und auch aus meiner persönlichen Erfahrung«. Fuhrunternehmer und Gesundheitsexperte Mündlein stellt klar: »Ich habe davon Ahnung!« Dass es bei dieser Abstimmung heute gar nicht um Tempo 30 in der Stadt geht, dass Mündleins Annahme, Tempo 30 lege die Stadt lahm, wenig mit der Realität zu tun hat – geschenkt!

»Es entspricht keinem demokratischen Grundverständnis, wenn Sie fordern, einen seit 1989 bestehenden Umweltverein mit ausgewiesener Fachkompetenz im Mobilitätsbereich aus dem Teilnehmerkreis des Workshops zu streichen«, sagt Kristina Weyh (Grüne), die sich angesichts des CDU-Antrags fragt: »Ist er populistisch? Ist er dumm? Ist er dreist? Ich weiß es nicht.« »Im Zweifel alles!«, ruft Enrico Stange (Linke). Während die anderen um die Interpretation ringen, fläzt Mündlein in seinem Stuhl und grinst.

Andreas Geisler (SPD) gibt seinem jüngeren Kollegen einen Rat mit auf den Weg: »Das Erste, was ich als Stadtrat gelernt habe, war meine eigene Lebenswirklichkeit zu Hause zu lassen und hier für die Gesamtstadt Lösungen zu finden und nicht für meine kleine Bäckerei.« Die Entwicklung des Wirtschaftsverkehrs brauche Akzeptanz und Akzeptanz eben verschiedene Perspektiven. Schließlich säßen die Wirtschaftskammern auch im Klimabeirat, »auch wenn sie nicht immer dazu beitragen, dass die Diskussion gut ist, akzeptieren wir, dass sie eine andere Meinung haben.«

Zumindest an Sven Morloks (Freie Fraktion) Expertise zum Thema sollte die CDU keine Zweifel haben, trug der die Wirtschaft als sächsischer Wirtschaftsminister doch sogar mal im Titel! Und Morlok outet sich direkt mal als »erklärter Gegner von flächendeckendem Tempo 30«. Offene Ohren in der CDU, die sich dann aber das anhören müssen: »Nach den Wortmeldungen der CDU-Fraktion zum Thema Migrantenbeirat und zum Thema Wirtschaftsverkehrsentwicklungsplan, stellt sich für mich eine sehr grundsätzliche Frage: In welcher Gesellschaft wollen Sie leben?« Feixen in der CDU-Fraktion. »Da brauchen Sie gar nicht zu lachen, sondern da sollten Sie mal ihr Hirn einschalten!«, sagt Morlok. »Jawoll, Svenni!«, ruft ihm Volker Külow (Linke) zu. Was Morlok heute von der CDU gehört habe, »macht mir Angst, wie es in diesem Land weitergeht.« Die Stimmen von CDU, AfD und BSW reichen nicht, damit der Antrag eine Mehrheit bekommt.


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