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Stadtleben

Geschenketipps aus der Redaktion

Für alle, die mehr schenken wollen als ein kreuzer-Abo

  Geschenketipps aus der Redaktion | Für alle, die mehr schenken wollen als ein kreuzer-Abo  Foto: Symbolbild/Thais Araujo


Der Filmredakteur empfiehlt ...

… Existenzialistisches – Ein Vater und sein Sohn suchen in der Wüste Marokkos nach der Tochter und finden Freunde, aber keine Erlösung. Das transzendentale Roadmovie »Sirât« (F/E 2025, R: Oliver Laxe, DVD/Blu-ray, Pandora, VÖ: 18.12.) ist ein zutiefst erschütterndes Erlebnis, sowohl auf filmischer als auch auf emotionaler Ebene.

… Revolutionistisches – Ausnahmeregisseur Paul Thomas Anderson nimmt uns mit auf einen irren Trip durch eine ausgeklügelte, immer wieder überraschende Story. Grandios besetzt und irrwitzig inszeniert. »One Battle after another« (USA 2025, R: Paul Thomas Anderson, DVD/Blu-ray/UHD, Warner, VÖ: 23.12.) ist der vielleicht beste Film des Jahres und definitiv einer für die Ewigkeit.

… Historisches – Jetzt sind es schon vier: Kai Meyer erzählt spannende Geschichten aus dem Graphischen Viertel und taucht tief in die Historie der Bücherstadt Leipzig ein. Sein neuer Roman »Das Antiquariat am alten Friedhof« (Droemer Knaur, 512 S., 24 €) handelt auf zwei Zeitebenen – 1930 und 1945 – von okkulten Mächten, in die eine Gruppe von Studenten gerät. Der fünfte Roman ist bereits in Arbeit.

LARS TUNÇAY


Ein Buch über die Frauen am Dessauer Bauhaus

Das Bauhaus in Dessau feiert sich bis zum nächsten Herbst. Vor 100 Jahren kam es aus Weimar, da die Rechten dort eine kreative Lehranstalt dieser Art nicht finanzieren wollten. Am 1. April 1925 begannen 50 Studierende und die Professoren in Dessau mit ihrer Arbeit – unter anderem in der Anhaltinischen Kunsthalle oder dem leer stehenden Versandhaus Seiler, bevor das von Walter Gropius entworfene Bauhaus-Gebäude im April 1926 eröffnet werden konnte.

Unda Hörner, die unter anderem auch »Die realen Frauen der Surrealisten« oder »1919 – Das Jahr der Frauen« verfasste, lässt in »Frauen am Bauhaus. Von Anni Albers bis Gunta Stölzl« (Ebersbach & Simon 2025, 144 S., 20 €) die weiblichen Akteure des Dessauer Bauhauses zu Wort kommen – vor allem die Ehefrauen der Professoren, die in den sogenannten Meisterhäusern wohnten, die 1925/26 entstandenen drei Doppelhäuser und ein Einzelbau in der Burgkühnauer Allee (heute Friedrich-Ebert-Allee), wenige Fußminuten vom Bauhausgebäude entfernt. In sieben Kapiteln samt Schwarz-Weiß-Fotografien und Abbildungen der Porträtierten beschreibt Hörner die Situation am Bauhaus und in der Stadt, vergleicht die unterschiedlichen Lebensentwürfe miteinander – von der treusorgenden Hausfrau und Mutter – wie der eigentlich studierten Nationalökonomin Tut Schlemmer – über die »Artikelfabrik« (Ise Gropius) zur Fotografin Lucia Moholy-Nagy, die das Bauhaus prägten und bekannt machten. Mit ihren Leistungen – von Carearbeit, Organisation der Bauhaus-Aktivitäten bis zu eigener Lehre und/oder gestalterischer, künstlerischer Praxis – fügten sie sich einerseits dem traditionellen Frauenbild, eckten andererseits bei den Professoren an, wenn sie neue Räume für sich erschlossen.

Die Zeit in Dessau war zeitlich sehr begrenzt. 1929 erfuhren Gunta Stölzl und ihr Mann Arieh Sharon antisemitische Angriffe wie etwa ein Hakenkreuz an der Haustür. Im September 1932 stellte die NSDAP den Antrag zur Schließung des Bauhauses. Der neue Direktor Mies van der Rohe ordnete den Umzug nach Berlin noch im selben Monat an. Dort fand am 11. April 1933 eine Razzia statt, am 19. Juli 1933 schloss das Bauhaus.

Unda Hörners sehr kompakte Darstellung im handlichen Format rundet eine Bibliografie der verwendeten und weiterführender Literatur ab, so dass der Reise nach Dessau im Jubiläumsjahr nichts im Weg steht.

BRITT SCHLEHAHN


Schlechte Laune und Kompromisse*

Selbstredend ist Gottlieb Wendehalsens »Polonäse Blankenese« ganz, ganz schlimm. Aber natürlich auch ein Hit. Und neuerdings sogar einer, dem man sich gern ergibt – denn für Studio Brauns Theaterstück »Ein Sommer in Niendorf« haben einerseits Disaster Plan (A-Seite) und andererseits Betty & Lynchmob (die andere A-Seite) das Lied in zwei düsteren, experimentellen und vor allem sehr langsamen Versionen eingespielt und eingesungen: »Schlechte Laune on 45« sollte eigentlich unter jedem Weihnachtsbaum liegen – ist aber auf 300 Stück limitiert, also eine gefährdete Art. Ein paar Exemplare mehr gibt es mutmaßlich von »Gefährdete Arten«, dem formidablen zweiten Album der formidablen Leipziger Band Hotel Rimini, das ebenfalls auf keinem Weihnachts-Platten-Teller fehlen sollte – idealerweise garniert mit einem Ticket fürs Konzert des Sextetts am 18. Januar auf der Großen Bühne des Schauspiel Leipzig, wo dessen kammermusikalische Popmusik bestens hinpassen wird.

Dass man Weihnachten aber nicht nur Platten verschenken kann, weiß die Gruppe Reitler. Das Leipziger Trio hat sein ebenfalls in diesem Jahr erschienenes Album »Disko Alemanija« extra aus diesem Grund nicht auf Vinyl veröffentlicht. Dafür aber eine Schürze im Angebot, die Köchen genauso taugt wie Grillerinnen. Aufschrift: »Alles was du kochst schmeckt nach Maggi« (mit Kommas muss man selbst nachwürzen). Und weil wir grad bei feuriger Hitze sind: Von der ehemaligen kreuzer-Literaturredakteurin Linn Penelope Rieger ist kürzlich bei Matthes & Seitz das Buch »Zerbrochenes Feuer – Vulkane und das Ende der Welt« erschienen – falls Sie noch ein Geschenk für Riegers ehemaligen Kollegen und aktuellen kreuzer-Chefredakteur suchen sollten … Für Kinder im Alter von 2 bis 6 Jahren hingegen ist »Das Entdeckerbuch« gedacht – ein nagelneues Wimmel- und Mitmachbuch von James Turek und Erik Weiser des Leipziger Handstandstudios, das sicher für gute Laune sorgen wird. Vielleicht ja sogar für eine Polonaise.

BENJAMIN HEINE

* »Kompromisse, Kompromisse, Kompromisse« besingen Hotel Rimini in einem Lied ihres ersten Albums (kann man auch noch gut verschenken), was hier im Text dann doch keine Erwähnung fand, uns aber nicht von der euphorisch-weihnachtlichen Überschrift abhalten sollte.


Gute Gutscheine

Ich bin mit zwei Schwestern aufgewachsen, einer kleinen, sieben Jahre jüngeren und einer großen, die drei Jahre älter ist als ich. Ich bin also das berühmt-berüchtigte Sandwichkind. Dem Mythos, das sei eine unangenehme Position, kann ich nichts abgewinnen. Ich fand es ganz wunderbar, zu Weihnachten süße, selbst gebastelte, weil kostenlose, Geschenke von meiner kleinen Schwester zu bekommen. Wir teilten uns ein Zimmer und da ich die unordentliche von uns beiden war, schenkte sie mir mal einen Gutschein: ein kariertes Blatt Papier mit einem von Kinderhand gemalten Schreibtischstuhl und dem darauf liegenden Klamottenberg ihrer Teenager-Schwester. In Krakelschrift stand darauf geschrieben: Sieben Mal (eine Acht hatte sie wohl wegradiert, denn sie war noch blass zu erkennen) Schreibtischstuhl aufräumen. Von meiner älteren Schwester bekam ich oft Make-up geschenkt, das ich ihr zuvor jeden Morgen gestohlen hatte, um mich damit für die Schule zu schminken. Dieses Jahr möchte ich also vorschlagen, mal wieder oldschool zu sein. Das Geld ist bei vielen ohnehin sehr knapp und Konsum sowieso out. Schenken Sie Ihren Liebsten dieses Jahr doch mal was Selbstgemachtes oder gemeinsame Zeit – vielleicht in Form eines Gutscheins? Aber achten Sie auf das Kleingedruckte! Meinen Gutschein durfte ich bei meiner kleinen Schwester nie einlösen.

NASTASJA KOWALEWSKI


Zwischen den Jahren

Für dieses Jahr möchte ich Ihnen empfehlen, die Zeit »zwischen den Jahren« als das anzusehen, als was sie sich allein schon auf sprachlicher Ebene zu erkennen gibt: als einen Nicht-Ort, eine Alles-Zeit. Alles ist möglich an diesen paar Tagen zwischen dem letzten Geschenkpapierzerknüllen und dem Entzünden des ersten Sternchenfeuers. Ein existenzieller, lamettafreier Zauber liegt in der Luft, aber man muss still werden, um ihn wahrzunehmen. Er ist in genau den Dingen zu finden, für die an den anderen Tagen des Jahres keine Zeit übrig zu sein scheint. Nehmen wir Lyrik. Angesichts der Schnelllebigkeit unserer Gegenwart müssten Gedichtbände eigentlich zu Kassenschlagern avancieren, bieten sie doch gemeinhin die kürzesten und daher vermeintlich am schnellsten zu erfassenden Texte. Doch stattdessen bleibt die Gattung von einem abschreckenden Hauch umweht, der sich zu ungefähr gleichen Teilen aus unliebsamen Erinnerungen an Schiller-Balladen und der Befürchtung zusammensetzt, den wie mit der Glaspinzette konstruierten Sprachlabyrinthen keinen Sinn abringen zu können.

Doch zwischen den Jahren, wenn die Spalten im Kalender (hoffentlich) wie durch Zauberhand etwas breiter werden, könnten Sie es noch mal versuchen mit der Lyrik. Es lohnt sich, wirklich! Im Leipziger Verlag Poetenladen erschien in diesem Jahr zum Beispiel der Band »Rabensingen« der Musikerin und Autorin Anna Zepnick. Ihre Gedichte bewegen sich zwischen Alltagsmomenten, Märchen und Mythen, sie überfrachten das lesende Herz nicht mit ineinander verflochtenen Eindrücken, sondern lassen in ihrer stillen, reduzierten Schönheit Platz für eigene Assoziationen. Und noch ein lyrischer Tipp aus Leipzig: Martina Hefter hat nicht nur im letzten Jahr den Deutschen Buchpreis gewonnen, sondern zuvor bereits mehrere Gedichtbände veröffentlicht. Der jüngste heißt »In die Wälder gehen, Holz für ein Bett klauen« (Kookbooks 2020) und vereint Elemente aus Lyrik, Essay und Drama in der Frage nach unserem Verhältnis zur Natur – und nach den Folgen der Schäden, die wir ihr zufügen. Wenn es da heißt: »Ich lieg auf dem Bett, überflieg junge, weiche Wälder, Lichtungen machen Platz für meinen Schatten« wird deutlich: Während in unserer Welt fast alles passiert, ist in der Lyrik alles möglich, auf kleinstem Raum. Vielleicht ist die Zeit zwischen den Jahren nichts anderes als ein Gedicht?

ALEXANDRA HUTH


Das Auge hört mit

In der immer üppiger werdenden Ventil-Verlag-Buchreihe »Songcomics« ist dieses Jahr ein Band über das Hip-Hop-Trio Fettes Brot erschienen, das sich 2023 nach gut 30 Jahren gemeinsamer Musik aufgelöst hatte. Sicherlich muss man anmerken, dass diese Comics vor allem bei Fans der Gruppen auf Interesse stoßen, auch wenn das keinesfalls etwas mit der Qualität der Comics zu tun hat. Ganz im Gegenteil zeichnet sich »Schwule Mädchen Sondereinheit – 10 Fettes-Brot-Songcomics« (herausgegeben von Gunther Buskies und Jonas Engelmann, Ventil-Verlag 2025. 125 S., 25 €) durch eine Vielfalt an Stilen und Herangehensweisen aus, bei der jeder der zehn Comics durch Einzigartigkeit besticht. Eine große Herausforderung bei der Adaption von Fettes-Brot-Songs ist, nicht einfach zu zeigen, was sowieso schon erzählt respektive gerappt wird. Dass es sich dabei jeweils um sehr persönliche Perspektiven handelt, wird nicht nur in den Comics selbst klar, sondern auch an den schön zu lesenden Einführungen, die den Illustratorinnen und Illustratoren den Raum geben, von ihrer Verbindung zur Band zu erzählen. Daneben berichten die ehemaligen Bandmitglieder selbst anekdotisch von der Entstehung der Songs, was natürlich jedes Fan-Herz höherschlagen lässt. Wenn man also noch kein Fan ist, kann man diesen Comic-Band auch wunderbar dafür nutzen, es zu werden. JOACHIM KERN


Der Spiel-Redakteur warnt

Videospiele sind teuer! Die aktuell beste Familienkonsole ist die Nintendo Switch 2, ab 450 Euro. Die veraltete Switch 1 ist leider zu teuer, um als Alternativlösung durchzugehen. Gute Familienspiele auf der Switch 2 sind »Pokémon Legends Z-A« (im Handel für etwas über 50 Euro) und »Mario Kart World« (über 70 Euro). Konsole und Spiele bringen viel Freude, kosten dafür aber so viel wie ein Kurzurlaub, der möglicherweise mehr Freude brächte.

Der beste Spieletipp ist deswegen selbst gebastelt: Ein beliebiger älterer Laptop reicht. Auch alte PC-Tower gehen. Läuft die Kiste mit Windows bereits etwas langsam, installiert man einfach »Linux Mint« (so bei Google eingeben oder auf linuxmint.com gehen). Dann installiert man Steam (steampowered.com) und wird prompt zugeschmissen mit einer Auswahl kreativer, billiger Indie-Spiele.

Und welche lohnen sich? Wer auch sonst gerne die prekäre Kunst- und Kulturszene von nebenan finanziert, schenkt Spiele aus der Region. Hier aktuelle Favoriten, entwickelt von kleinen Teams zwischen Dresden und Magdeburg:

  • Für Fans einfacher, tiefer Spielideen: »Dome Keeper« ist ein launiger Genremix um außerirdischen, bedrohlichen Basenbau. (18 Euro)
  • Für Fans historischer Krimis: »Casebook 1899« packt vier Leipziger Kriminalfälle in ein Grafikadventure. (18 Euro)
  • Für Fans von »Gothic« oder »Dark Souls«: »Drova: Forsaken Kin« ist ein unerbittliches Action-Rollenspiel. (25 Euro)
  • Für Fans der Youtube-Komiker Viva La Dirt League: »Nice Day for Fishing« ist ein albernes Angel-Rollenspiel voller Insider-Witze. (20 Euro)
  • Für Fans harter Jump’n’Runs: »Germinal« ist ein frickeliges Hüpfspiel mit überraschender Mysophobie-Metapher. (13 Euro)

JAN BOJARYN


Superfood im Glas

Jakob Luther hieß der Bruder von Reformator Luther. Seit 1536 betreiben dessen Nachfahren einen Hof bei Aschersleben. Die aktuelle Generation verarbeitet in der Lutherhof-Manufaktur Kräuter, Pflanzen und Früchte aus eigenem Anbau – und zwar per Hand und die ganzen Früchte. Das gilt auch für die gelben Himbeeren, deren fein-fruchtiges Aroma in einem runden Likör von satter Farbe landet.

> Lutherstr. 43, 06449 Aschersleben/OT Drohndorf, Tel. 0 34 73 22/18 92, www.lutherhof-drohndorf.de


Im Landesweingut Kloster Pforta kommen Wein und Hopfen zusammen. Das Grape Ale Rosé ist ein Bierstil, bei dem Wein und Bier nachvergären, eine Bière Brut, die mit Schaumweinhefe gebraut und mit Roséwein in der Flasche nachvergoren ist. Das Weingut bei Naumburg arbeitete dafür mit Sebastian Riekehr, Braumeister aus Leipzig, zusammen. Die Brauspezialität verbindet frische Beerennoten mit der Leichtigkeit des Rosé und der Herbe des Hopfens – die Edition ist übrigens limitiert.

> Saalberge 73, 06628 Naumburg OT Bad Kösen, www.kloster-pforta.de


Niederwiesa ist die Heimat der Kiwibeere – Kiwiri baut die winterharten Minifrüchte seit über vierzig Jahren bei Chemnitz an (s. Leipzig Tag & Nacht 2022/23). Neben Kiwi- und Kiwibeeren-Pflanzen sowie Tipps zu deren Anbau verkauft Kiwiri die Früchte in verarbeiteter Form: zum Beispiel als Direktsaft, Fruchtgummis, Glühwein, Likör oder Aufstrich.

> Eubaer Str. 2, 09577 Niederwiesa, www.kiwiri.de


Mit dem Ginger-Beer-Shot beschreitet die Leipziger Spirituosenmanufaktur neue Wege, denn es handelt sich dabei keineswegs um eine Spirituose. Freilich lässt sich das Erfrischungsgetränk aus Ingwer, Ginseng, Guarana, abgerundet mit Zitrone und Bergamotte, mit Spirituosen kombinieren. Neu ist auch der Rose-Rhabarber-Likör aus dem Betrieb in der Kammgarnspinnerei. Hier spielt die blumige Schwere der Rosenblüten mit der fruchtigen Säure des Rhabarbers, die Manufaktur selbst spricht von ihrem ersten blumigen Gemüselikör – ja, Rhabarber ist Gemüse. Das Ganze lohnt sich schon wegen des bezaubernden Granatrots im Glas. Franziska Reif

> Erich-Zeigner-Allee 64d, 04229 (Plagwitz), www.leipziger-spirituosen-manufaktur.de


Scharade, Nietzsche und 3-D-Hasen

​Gutscheine sind praktisch, aber unpersönlich. Die richtige Verpackung ist die Lösung. Warum die Beschenkten nicht erraten lassen, dass Sie Gutscheine fürs Theater oder die Oper erhalten? Das macht Fetz in Gemeinschaft. Wie man darstellende Kunst darstellt? Gute Frage, versuchen Sie es einfach. Oder verkörpern Sie Gutscheine für gemeinsames (Glühwein-)Kochen oder Plätzchenverzehren beim Auwald-Stromern.

Ein Gemeinschaftstier war Friedrich Nietzsche selten. Aber als Nietzsche-Leser ist man in guter Gesellschaft – in schlechter auch. Es ist bemerkenswert, wie viele Menschen der Philosoph mit dem Hammer inspirierte. Ja, man schleppte seinen Zarathustra in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs mit, Sozialdarwinisten und Nationalsozialisten sahen ihn als Vordenker. Mit wenig Recht, möchte man einwenden; liegt doch unter aristokratischer Politur und der alle Modewelten ablehnenden Haltung ein Schatzfragment. Selbstverständlich muss man Nietzsche gegen Nietzsche lesen, aber an Grundüberzeugungen wie denen, dass Deutschtum den Doofen gehört und Antisemitismus schlimme Projektion ist, lässt sich bei aller Interpretation kaum rütteln.

Selbst viele Anarchistinnen und Feministinnen wie Emma Goldman waren Nietzsche-Leserinnen, obwohl sie seine Misogynie nicht übersahen – aber darüber hinweggingen. Expressionisten, Existenzialisten, Politiker und Popstars setzten sich mit ihm auseinander, wie das erhellende Kaleidoskop zeigt, das Elmar Schenkel mit »Nietzsche global – In 80 Übermenschen um die Welt« (Kröner 2025. 250 S., 25 €) vorlegt. Eine klare Empfehlung, weil ein gutes Stück Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts darin verwoben ist. Und wenn man an einem schönen Dezembertag noch ins nahe Röcken fährt, um Nietzsches Geburtshaus samt Grab zu besuchen, wird einem beim Anblick der dort aufgestellten Skulpturen sicher warm ums Herz.

Kaum zu glauben: Es gibt ein Comeback der 3-D-Brillenbücher. Ja, das ist so Neunziger, aber wirklich gut gemacht. Zumindest im Fall von Matthias Picards »Lasse Langbein« (Reprodukt 2025. 60 S., 24 €). Der Strichhase durchforstet eine Kalksteinhöhle. Was er dort an Kristallen, Pilzen und Unbeschreiblichem entdeckt, haut aufs Auge. Denn er bewegt sich durch 3-D-Fotografien. Faszinierende Welten und strange Strukturen tun sich auf. Das ist wirklich ein optisches Fest für Klein und Groß, das man am besten zusammen genießt – es sind immerhin zwei 3-D-Brillen beigefügt.

TOBIAS PRÜWER


Karten mit Geschichte

Grußkarten von Unicef kennen die meisten – viele haben sie selbst schon einmal erhalten oder verschickt. Seit 1949 werden sie vom Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen herausgebracht und sind inzwischen echte Klassiker. Das Bild der allerersten Grußkarte malte ein 7-jähriges Mädchen aus dem damaligen Böhmen – als Dankeschön für die Unicef-Mitarbeitenden, die sich für die Kinder im vom Zweiten Weltkrieg zerstörten Europa einsetzten.

Die Grußkarten konnte man über viele Jahre auch auf dem hiesigen Weihnachtsmarkt erwerben, wo der Unicef-Stand vor Corona eine feste Größe war. 2020 fiel der Markt pandemiebedingt aus. Weil Geschäfte öffnen durften, dekorierten die Ehrenamtlichen ihren Laden am Thomaskirchhof mit Tannengrün und Christbaumkugeln. Seither hat sich das Konzept des Weihnachtsladens bewährt, sagt die Leiterin der Leipziger Unicef-Gruppe Petra Mewes – die der eine oder die andere als langjährige kreuzer-Gastro-Redakteurin kennt.

Wer gern zu den Karten greift, um Weihnachtsgrüße zu verschicken, findet dort noch weitere Geschenkideen: Kalender und Familienplaner, Notizbücher, Einkaufsbeutel, Bleistifte und Kugelschreiber. Alles ebenso hübsch wie praktisch – und zugleich sinnvolle Präsente, die die Arbeit von Unicef mitzufinanzieren helfen.

Die Leipziger Unicef-Gruppe besteht übrigens seit 1992; seit einigen Jahren gibt es zudem ein Juniorteam, das sich aus älteren Schülerinnen und Schülern zusammensetzt, sowie eine Hochschulgruppe. Wie bei den rund 200 anderen Unicef-Gruppen in Deutschland sammeln die Ehrenamtlichen hier Spenden und informieren die Öffentlichkeit über ihre Projekte. Sie berichten in Schulen über die Arbeit des Kinderhilfswerks und klären über Kinderrechte auf. In Leipzig ist darüber hinaus eine Zusammenarbeit mit dem Theater der Jungen Welt entstanden: Jeden Donnerstagnachmittag treffen sich beim Theatercafé Play & Connect Kinder und Familien aus aller Welt zu Austausch und gemeinsamem Spiel.

ANDREA KATHRIN KRAUS

> Thomaskirchhof 21, 04109 (Zentrum), Mo–Sa sowie an den verkaufsoffenen Sonntagen (30.11. u. 21.12.) 12–20 Uhr

> www.leipzig.unicef.de




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