»Jetzt ist das Fass voll«, sagt Gisbert Günther. Der Leipziger hat Klage eingereicht gegen die Erhöhung der Gaspreise der Stadtwerke Leipzig. Anfang des Jahres wurde das Entgelt um durchschnittlich 8,7 Prozent angehoben. Dazu kommt die höhere Mehrwertsteuer, was zu einer Bruttopreiserhöhung von knapp 12 Prozent führt. Zu viel für Familie Günther. »Das ist ja ein kontinuierlicher Prozess in den letzten Jahren. Was mich auf die Palme bringt, ist, dass die Leipziger sich immer wieder melken lassen, ohne was zu tun«, empört sich Günther.
»Jetzt ist das Fass voll«, sagt Gisbert Günther. Der Leipziger hat Klage eingereicht gegen die Erhöhung der Gaspreise der Stadtwerke Leipzig. Anfang des Jahres wurde das Entgelt um durchschnittlich 8,7 Prozent angehoben. Dazu kommt die höhere Mehrwertsteuer, was zu einer Bruttopreiserhöhung von knapp 12 Prozent führt. Zu viel für Familie Günther. »Das ist ja ein kontinuierlicher Prozess in den letzten Jahren. Was mich auf die Palme bringt, ist, dass die Leipziger sich immer wieder melken lassen, ohne was zu tun«, empört sich Günther.
Die Klage bezieht sich unter anderem auf die Preiserhöhungklausel in den »Bestpreis«-Verträgen. Diese Klausel ist laut Günthers Rechtsanwalt Alexander Grundmann angreifbar, da sie willkürliche Preiserhöhungen ermögliche. »Das ist eine unzulässige Benachteiligung der Kunden nach Paragraf 307 BGB«, erklärt Grundmann. Auch die Verbraucherzentrale Sachsen hat bereits dagegen geklagt und in erster Instanz vor dem Landgericht Leipzig gewonnen.
Nach einer aktuellen Studie des Energiedienstleisters Verivox sind die Stadtwerke Leipzig Deutschlands teuerster Gasanbieter. Der Preis liegt hier um mehr als 50 Prozent über dem der billigsten Stadt Bensheim in Hessen. Bei einem Preisvergleich des Bundeskartellamtes aus dem Jahr 2006 unter 711 Gasanbietern landete Leipzig auf dem drittletzten Platz. Hier wurde allerdings die aktuelle Tariferhöhung noch nicht einkalkuliert.
Folgt man der Argumentation der Stadtwerke, wird sich an dem hohen Preisniveau in Leipzig so bald nichts ändern: »Hauptgrund für die hohen Preise sind Investitionen ins Leitungsnetz«, sagt Ines Hammer von den Stadtwerken. Über 800 Kilometer Graugußleitungen seien in den letzten 14 Jahren ersetzt worden. »Wir tun alles, um den Gaspreis möglichst günstig zu halten. Aber bis die Investitionen getilgt sind, dauert es 35 bis 40 Jahre«, erklärt Hammer. Erst um das Jahr 2040 herum können Leipziger Gaskunden also mit einem normalen Preisniveau rechnen.
Sehr hohe Gaspreise sind in ganz Ostdeutschland ein Problem. Dabei müsste Gas in den neuen Bundesländern eigentlich billiger sein als in den alten. Zu diesem Schluss kommt ein vom Wirtschaftsministerium Sachsen in Auftrag gegebenes Gutachten. Hier heißt es: »Aufgrund besserer Kapazitätsauslastung der Netze für private Haushalte konnte aufgezeigt werden, dass die Netzkosten im Osten unter denen im Westen liegen.«
Auch mit der von den Stadtwerken Leipzig für ihre hohen Preise vorgebrachten Begründung »Investitionen ins Leitungsnetz« räumt das Gutachten auf: »Das Argument der Gasversorger in den neuen Bundesländern, dass ihre höheren Gaspreise durch höhere Netzkosten bedingt sind, konnte nicht bestätigt werden.«
Denn auch in den alten Bundesländern sei »ein erheblicher Teil der in den fünfziger Jahren und davor installierten bzw. sanierten Rohrleitungen seit Beginn der neunziger Jahre erneuert worden«, begründen die Gutachter ihr Urteil. Sie sehen die Ursache der hohen Gaspreise im Osten ganz woanders, nämlich in »ineffizienten Marktstrukturen des Gasversorgungs- und Gasabnahmemarktes«. Im Klartext: Gas ist teuer, weil es keinen Wettbewerb gibt.
Das Gutachten existiert seit August 2006, trotzdem wird der Gaspreis von den Stadtwerken kräftig weiter angehoben. So kamen nach der Preiserhöhung im Dezember 2005 um 18 Prozent Anfang 2007 weitere 12 Prozent hinzu. Das macht über 32 Prozent Preissteigerung in 13 Monaten – basierend auf einem schon vorher sehr hohen Preisniveau. Gleichzeitig machten die Stadtwerke zuletzt erstaunlich konstante Gewinne von über 50 Millionen Euro jährlich.
»Nun ist es Zeit, in die Offensive zu gehen«, sagt Alexander Grundmann. Der Rechtsanwalt betreut neben dem Leipziger Verfahren gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Sachsen Sammelklagen von mehreren hundert Gaskunden aus Dresden und Chemnitz gegen Preiserhöhungen der dortigen Gasversorger. »Bisher haben wir alle Verfahren gewonnen«, sagt Grundmann. Doch der Weg durch die Instanzen ist lang. Im Dresdner Verfahren steht nach zwei gewonnenen Prozessen nun die Verhandlung vor der letzten Instanz, dem Bundesgerichtshof, an. Anwalt Grundmann ist zuversichtlich, dass die Verbraucher auch den finalen Prozess gewinnen werden.
Doch was bedeutet das für Kunden der Stadtwerke Leipzig? »Eine erfolgreiche Klage hat nur für die jeweiligen Kläger Auswirkungen. Sie bräuchten die Preiserhöhungen nicht zu zahlen«, so Grundmann. Dann gäbe es einen Präzedenzfall, die Versorger müssten sich bewegen und die Kunden hätten ein Zeichen gesetzt: Wir lassen uns nicht alles bieten! Dass öffentlicher Druck durchaus Wirkung entfalten kann, zeigt die jüngste Entwicklung in Leipzig: Kurz vor Erscheinen dieses Artikels haben die Stadtwerke Leipzig eine Preissenkung um durchschnittlich sieben Prozent zum 1. April 2007 angekündigt.
Katja Henschler von der Verbraucherzentrale Sachsen empfiehlt Gaskunden trotzdem, Widerspruch gegen die allgemein überhöhten Preise einzulegen und lediglich den alten Abschlag weiter zu zahlen. Die Verbraucherzentrale Sachsen bietet dazu auf ihrer Internetseite (s. u.) einen Musterbrief an. »Der Widerspruch ist eine wirksame und relativ sichere Protestvariante«, sagt Henschler. Beziehe man sich auf Paragraf 315 BGB (»Gebot der Billigkeit«), dürfe der Gasanbieter die Lieferung nicht einstellen. »Die Stadtwerke müssten dann den Fehlbetrag einklagen. Das werden sie aber mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht tun, da in dem Verfahren die Kalkulation der Gaspreise offengelegt werden müsste, um den Vorwurf der Unbilligkeit zu entkräften«, so Henschler weiter. Genau diese Offenlegung wollen die Gasanbieter aber um jeden Preis vermeiden. Resultat ist, dass es bei über 500.000 Widersprüchen in Deutschland nur sehr wenige Klagen der Gaslieferanten gibt.
Anwalt Grundmann wünscht sich auch in Leipzig ein gemeinsames Vorgehen der Verbraucher wie in Dresden und Chemnitz. »Schon der höhere Streitwert einer Sammelklage verschafft Vorteile vor Gericht«, erklärt der Jurist. Auch Kläger Gisbert Günther hofft auf Mitstreiter aus Leipzig: »Wir sind verblüfft, dass wir bisher die Einzigen sind, die sich gegen die Stadtwerke wehren.«