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»Eine andere Vorstellung von Gesellschaft«

Juliane Nagel, Sprecherin des Leipziger Bündnisses gegen G8, über Alternativen in der Politik und die Schwierigkeit,

  »Eine andere Vorstellung von Gesellschaft« | Juliane Nagel, Sprecherin des Leipziger Bündnisses gegen G8, über Alternativen in der Politik und die Schwierigkeit,

Der G8-Gipfel in Heiligendamm steht vor der Tür. Während vor Ort Zäune gebaut wer-den, laufen auch in Leipzig die letzten Vorbereitungen. Das Leipziger Bündnis gegen G8 fordert eine soziale und solidarische Globalisierung und organisiert unter dem Motto »G8 versenken« den Protest in und aus Leipzig. Juliane Nagel, 28, Projektkoordinatorin im linXXnet-Büro, ist Sprecherin des Bündnisses.

Der G8-Gipfel in Heiligendamm steht vor der Tür. Während vor Ort Zäune gebaut wer-den, laufen auch in Leipzig die letzten Vorbereitungen. Das Leipziger Bündnis gegen G8 fordert eine soziale und solidarische Globalisierung und organisiert unter dem Motto »G8 versenken« den Protest in und aus Leipzig. Juliane Nagel, 28, Projektkoordinatorin im linXXnet-Büro, ist Sprecherin des Bündnisses.

KREUZER: Für welche Alternativen zur Politik der G8 steht das Bündnis gegen G8? JULIANE NAGEL: Das ist komplex. Die G8 diskutieren ja viele verschiedene Fragen, entsprechend breit ist die Palette der Themen, mit denen wir uns beschäftigen. Wir wollen, dass Menschen ohne Zwang zur Arbeit auf einem hohen Niveau leben können, dass Wirtschaft nicht mehr über den kapitalistischen Markt funktioniert. Wir fordern, dass Herkunftskriterien keine Rol-le spielen, ein kostenloses Bildungssystem, de-mokratische Mitsprache in allen Lebensbereichen, Entmilitarisierung und die Entschuldung der Entwicklungsländer. Kurz: Wir haben ei-ne andere Gesellschaftsvorstellung als die ge-gen-wärtige. KREUZER: Wer engagiert sich bei euch? Sind das nur die üblichen Verdächtigen? NAGEL: Es sind schon die üblichen Gruppierun-gen dabei, aber dass die Eine-Welt-Stelle der Evan-gelischen Kirche mit einer Antifa- Gruppe oder der Roten Hilfe an einem Tisch sitzt und da auch einen Konsens findet, ist schon eine neue Qualität. Wir haben auch Anfragen von Einzelpersonen und Familien, die mit hochfahren und sich für eine gerechtere Welt stark-machen wollen. KREUZER: Ist da ein politischer Konsens nicht schwer zu erreichen? NAGEL: Der inhaltliche Konsens ist da: dass wir die G8 als Institution bzw. als Nicht-Institution ablehnen, weil sie nicht demokratisch legitimiert sind, und die oben genannten Positio-nen. In Bezug auf Strategien, wie gesellschaftliche Veränderung passieren kann, gibt es aber auch Konflikte. KREUZER: Warum haltet ihr die G8 für illegitim? NAGEL: Hier setzen sich acht führende Wirtschaftsmächte zusammen und machen eine Agenda für die Lösung von weltpolitischen Problemen, die dann in den Institutionen umgesetzt wird. Das Problem ist, dass viele der Staaten, um die es bei den Beratungen geht, besonders Entwicklungs- und Schwellenländer, ausgeschlossen sind. Da wird dann über Entschuldung gesprochen, und die betroffenen Länder dürfen nicht auf Augenhöhe mitdiskutieren. KREUZER: Wie funktioniert lokale Aktion im Kontext globaler Themen? NAGEL: Indem man lokale Probleme aufgreift und die mit globalen Themen zusammendenkt. Es liegt ja auf der Hand, dass sich globale Entscheidungen lokal auswirken. So ist zum Beispiel die Privatisierung der Stadtwerke ein lokales Thema, aber gleichzeitig eine Folge von Deregulierung und Liberalisierung weltweit. KREUZER: Warum konzentriert sich die Linke eigentlich so auf den G8-Gipfel? Die Themen sind ja auch sonst präsent und relevant. NAGEL: Die G8 sind zu einem Symbol für eine ungerechte globale Gesellschaft geworden. Ich finde es aber auch unglücklich, wenn man glaubt, dass ein starker Protest beim Gipfel die Probleme löst, denn das suggeriert, dass es eine starke Zivilgesellschaft gibt – die unterm Jahr aber gar nicht präsent ist. KREUZER: Die Gretchenfrage: Wie haltet ihr es mit Gewalt? NAGEL: Wohl niemand aus unserem Bündnis möchte in Heiligendamm Gewalt ausüben. Aber es ist immer die Frage, was da oben passiert, von wem bei der starken Polizeipräsenz Gewalt ausgeht. Die Problematik wurde diskutiert, und es wurde so stehen gelassen, dass jede betei-ligte Gruppe ihre Aktionsform wählt. Wir können da keinen Konsens finden. KREUZER: Wird sich das Bündnis nach dem Gipfel auflösen, oder werdet ihr weiterarbeiten? NAGEL: Das Bündnis in dieser Form wird sich wohl auflösen, die einzelnen Akteure werden aber ihre politische Arbeit fortsetzen. Das hat ja schon einen Effekt, wen man sich kennt und miteinander diskutiert hat und sich dann auch bei anderer Gelegenheit unterstützen kann.


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