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Kinder & Familie

Selber machen ist besser

Viele gute Worte, aber wenig Geld: Die Leipziger Buchkinder zwischen Höhenflug und Alltagssorgen

  Selber machen ist besser | Viele gute Worte, aber wenig Geld: Die Leipziger Buchkinder zwischen Höhenflug und Alltagssorgen

Die heimlichen Helden des Kulturlebens dieser Stadt hausten bislang in einer unsanierten Altbauwohnung in der Südvorstadt. Jetzt packt der Verein Buchkinder die angefangenen Bücher und all die Werkstattmaterialien, die man zum Büchermachen braucht, und zieht um.

Die heimlichen Helden des Kulturlebens dieser Stadt hausten bislang in einer unsanierten Altbauwohnung in der Südvorstadt. Jetzt packt der Verein Buchkinder die angefangenen Bücher und all die Werkstattmaterialien, die man zum Büchermachen braucht, und zieht um. »Das hat zwei Gründe«, sagt Birgit Schulze-Wehninck, die gemeinsam mit dem Gründer des Vereins, Ralph Uwe Lange, die Geschäfte führt: »Erstens werden uns die Mieten in der Südvorstadt zu teuer, das können wir uns nicht mehr leisten.« Zweitens lockte der günstige Mietpreis. Und drittens wollen die Buchkinder-Aktiven näher am Bahnhof sein: »Wir haben so viel Besuch von außerhalb und reisen selbst so viel, dass sich das rentiert«, sagt die 39-Jährige. Dass die neuen Räume in den Grafischen Höfen – zwischen Künstlern, Kunstgewerbe und Tanzstudio – inmitten des einstigen Verlagsviertels liegen, ist eher ein schöner Zufall. An ein ernsthaftes Wiederauferstehen der Verlagsstadt Leipzig glaubt im Augenblick trotz Buchmesse wohl niemand mehr. »Dabei hätten wir Ideen und gute Ansätze genug, um Leipzig zu der deutschen Buchkinderstadt zu machen«, sagt die Buchkinder-Frau, die das Buchkinder-Netzwerk erwähnt, das sich inzwischen in sieben deutschen Städten gebildet hat – und von den Planungen für einen eigenen Kindergarten berichtet, die sich erwartungsgemäß als äußerst zäh erweisen. Außerhalb von Leipzig sind die Buchkinder allerdings sehr gefragt. Das eigensinnige, schöne und ziemlich ungewöhnliche Projekt, das -Ralph Uwe Lange vor fünf Jahren in einem Wohnzimmer – so der Gründungsmythos – für sieben Kinder begonnen hatte, nimmt inzwischen Fahrt auf. Preise prasseln auf die Buchkinder nieder, sie sind präsent in Medien, Funk und Fernsehen, ihre Wanderausstellung wurde sogar schon ins europäische Ausland eingeladen. Für interessierte Kinder gibt es Wartelisten. Da gerät fast aus dem Blick, dass es mit den »Bleiläusen« im Haus Steinstraße noch eine zweite ähnliche Initiative in der Stadt gibt. Alle finden die Buchkinder und die von ihnen produzierten Bücher, deren Verkauf eine wichtige Finanzquelle und ein Instrument der Werbung für die Idee ist, toll. Nicht nur der Oberbürgermeister und die Ostdeutsche Sparkassenstiftung, sondern auch das Kulturamt und das Jugendamt – doch eben so, wie das im Umgang mit Leipzigs freier Kulturszene üblich ist: mit vielen guten Worten und wenig Finanzen. Während das Jugendamt dem Verein immerhin eine halbe Geschäftsführer-Stelle finanziert, hat das Kulturamt gerade einmal 500 € pro Jahr (nicht: pro Monat) für die Buchkinder übrig. »Unser wichtigster Partner ist deshalb das Arbeitsamt, die Arge«, sagt Schulze-Wehninck. »Ohne unsere acht ABM-Stellen liefe hier gar nichts.« Da es arbeitslose Künstler, Kulturmanager und Betriebswirte mit Hang zur Kulturszene zur Genüge gibt, fehlt es nicht an Bewerbungen. Hinzu kommt ein Netzwerk von rund 30 Ehrenamtlichen, die jederzeit aktiviert werden können – meist Studenten und Absolventen mit Interesse an Kultur und der Bereitschaft, »die eigenen künstlerischen Ambitionen zurückzustellen und die Kinder als Dienstleister und Helfer beim Umsetzen ihrer Buchideen zu unterstützen«.


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