Eben noch auf der schnöden teutonischen Betonstraße und nun im Panometer inmitten des südamerikanischen Regenwaldes. Überwältigendes Grün blendet die Augen, Tierstimmen kratzen im Ohr. Man muss sich setzen, dann wird man verstehen, dass dieses Kunstwerk, diese 3200 qm Dschungel, Zeit, Raum und volle Aufmerksamkeit fordern.
Eben noch auf der schnöden teutonischen Betonstraße und nun im Panometer inmitten des südamerikanischen Regenwaldes. Überwältigendes Grün blendet die Augen, Tierstimmen kratzen im Ohr. Man muss sich setzen, dann wird man verstehen, dass dieses Kunstwerk, diese 3200 qm Dschungel, Zeit, Raum und volle Aufmerksamkeit fordern.
Entdeckt man den Mond, erkennt man das dahinter versteckte System der Tageszeiten – Amazonien für einen Tag, mit allen Lichtspielen, die eingefangen werden konnten. Die Musik kündigt Sonnenaufgang an, die Tierstimmen werden lauter. Nun beginnt, worauf es dem Künstler Yadegar Asisi ankommt: Der Besucher entdeckt, erschrickt und staunt. Den Affen, der zu fragen scheint, was man hier sucht. Den Raubvogel, der nach Beute hascht. Einzig die Darstellung von Urwaldmenschen stört das Bild der natürlichen Idylle.
Yadegar Asisi wurde 1955 als Kind persischer Einwanderer in Wien geboren. Er hat in Leipzig seine Kindheit verbracht, in Dresden Architektur und in Berlin Malerei studiert. Der Künstler gestaltet bereits zum dritten Mal das ehemalige Gasometer, unterstützt von den Stadtwerken Leipzig. Nach einer Darstellung des Mt. Everest (2003-2005) und dem antiken Rom im November 2005 folgt nun »Die Zauberwelt der Natur«. Asisi möchte damit vor allem sensibilisieren und den Besuchern das Sehen als das subtilste und wichtigste aller Wahrnehmungsmittel begreifbar machen. Zuerst überwältigt und überfordert von einer Front grüner Bäume, erspähen und erahnen die Augen des Betrachters später, mit etwas Zeit, eine prächtige Artenvielfalt auf 650 Kilo Leinwand.
Finanziert wird das Projekt mithilfe der Sponsoren Stadtwerke Leipzig, WWF, Umweltministerium Sachsen und GEO. Die nicht durch Sponsoren abgedeckten Kosten trägt die Asisi Visual Culture GmbH. Mit 80 Mitarbeitern in drei verschiedenen Städten (Berlin, Leipzig, Dresden) versucht die Firma, die intuitive Sehkultur zu fordern und zu fördern.
Entgegen der Annahme, die Ausstellung wolle sicher auch belehren, moralisieren und erziehen, stellt Asisi klar, dass dies nicht seine Absicht sei. Vielmehr ginge es ihm um das Schaffen eines emotionalen Momentes. Zum Beispiel das Verlieben in die dargestellte Natur und damit verbunden der Schmerz, den man empfindet, wenn man verliert, was man schätzt. Wichtig ist dem Künstler auch, dass die Ausstellung als eine Hommage an Alexander von Humboldt verstanden wird: Im 150. Todesjahr des Naturforschers und Universalgenies, widmet Asisi sein Amazonien Humboldts Wunsch nach einem Panorama, das »die Natur in wilder Üppigkeit und Lebensfülle« zeigt.
Unterstützt wird die Konstruktion aus Fotografie, Bild und Montagetechnik durch Musik von Eric Babak. »Keine Buschtrommeln und keine Panflöten« – das waren die Bedingungen Asisis an den Soundtrack der Ausstellung. Entstanden ist eine sensible und dennoch gewaltig wirkende Hintergrundmusik mit Entspannungscharakter. Im ersten Augenblick an typische Entspannungsmusik für den Hausgebrauch erinnernd, beschleunigt diese Komposition aus Tier- und Wettergeräuschen das Mitreisen nach Amazonien im Folgenden ganz gewaltig. Nichts für Menschen mit chronischem Fernweh – oder vielleicht gerade doch, um die Seele mit realistisch gestalteten Bildern zu streicheln und für einen Moment die eigene Stadt zu vergessen.