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Kultur

Am anderen Ende der Wirklichkeit

Kurt Drawerts »Ich hielt meinen Schatten für einen anderen und grüßte«

  Am anderen Ende der Wirklichkeit | Kurt Drawerts »Ich hielt meinen Schatten für einen anderen und grüßte«

An dieser Stelle präsentieren wir ab sofort jeden Monat das Buch des Monats. Zu finden ist dieses dann bei Lehmanns in der Grimmaischen Straße 10, in einem exklusiven und eigens für den kreuzer eingerichteten Regal im Eingangsbereich

An dieser Stelle präsentieren wir ab sofort jeden Monat das Buch des Monats. Zu finden ist dieses dann bei Lehmanns in der Grimmaischen Straße 10, in einem exklusiven und eigens für den kreuzer eingerichteten Regal im Eingangsbereich.


Dieses Buch ist ein in Sprache gesetzter Furor. Ein Furor, der auch vor jener 1989 versunkenen »Deutschen D. Republik« nicht Halt macht. Hier wird die Erinnerung an das »sozialrealistische« Leben nicht in pathetische Bilder gerahmt, sondern als dämonische, aber überaus greifbare Apokalypse präsentiert.

Für Drawert, den die meisten Leser als brillanten Lyriker kennen werden, ist dieser »Roman der Notwehr« vor allem eines, nämlich Anlass, »nach einer Sprache zu suchen für die Geschichte am anderen Ende der Wirklichkeit«. Denn diese Geschichte ist eine Geschichte von Höllenfahrt und Freiheitsbehauptung, geschrieben von einem wiedergeborenen Kaspar Hauser, der schon mit seinem Namen für die Absurditäten menschlicher Existenz und die Abgründe moderner Gesellschaften steht. Entstanden ist ein irrwitziges Panoptikum, das die Tendenzen sprachlicher Entseelung und totaler Kontrolle ebenso enthüllt wie die alltäglichen Lügen und diversen »Geschlechtsaktsversuche«.

Für Hoffnungsfantasien bleibt in dieser mehr als finsteren Wirklichkeit kein Raum; wenn überhaupt, so müssen sie in den Reflexionen der Literatur evoziert werden. Wie in einem Palimpsest scheinen hier die Textspuren eines Dante, Kafka, Orwell oder Hilbig durch und zeigen, in welchen Dimensionen und mit welcher Sprachgewalt Drawert diesen »Höllentrip« erzählt. Das geht nicht selten an die Grenzen der Sprache selbst. Aber wo sollte Literatur sonst hinführen?


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