Julius Fischer und Christian Meyer sind mit ihrem Literatur-Quatsch-Musik-Duo The Fuck Hornisschen Orchestra auf kleiner Welttournee und berichten exklusiv für kreuzer online von ebenjener. In gesprächsähnlichen Kaskaden schildern sie dabei jeden Dienstag ihre Eindrücke und Erfahrungen der vorangegangen Woche. Dieses Mal geht es um Kantinengulasch auf dem Jungfraujoch, eine Art Schweizer Groupies und die Unterschiede zwischen FC Winti- und Lok Leipzig-Fans.
Julius Fischer und Christian Meyer sind mit ihrem Literatur-Quatsch-Musik-Duo The Fuck Hornisschen Orchestra auf kleiner Welttournee und berichten exklusiv für kreuzer online von ebenjener. In gesprächsähnlichen Kaskaden schildern sie dabei jeden Dienstag ihre Eindrücke und Erfahrungen der vorangegangen Woche. Dieses Mal geht es um Kantinengulasch auf dem Jungfraujoch, eine Art Schweizer Groupies und die Unterschiede zwischen FC Winti- und Lok Leipzig-Fans.
The Fuck Horni Orch., wie wir uns gerne abkürzen, ist zu einem Starensemble geworden mit all den Fisimatenten, die man eben so kennt. Zerschlagene Fernseher, Prostituierte in der Badewanne, jeden Tag eine Fluoridbehandlung von unserem Zahnarzt, der uns überallhin nachreist, Champagnerdusche, alles dabei.
Julius: Am Anfang unserer dritten Woche machten wir uns daran, unseren Status an der Spitze Europas auch durch Taten zu untermauern. Wie schon angedroht, fuhren wir auf den höchsten Bahnhof unseres Kontinents, auf das Jungfraujoch. Die Fahrt dauerte sehr lange und kostete sehr viel, aber als Stars haben wir sowohl die Zeit als auch das Geld für solche Extravaganzien. Wie man auf den Bildern sehen kann, sah man oben nicht besonders viel. Dafür kostete das Kantinengulasch umgerechnet 10 Euro, ebenso Christians vegetarische Platte (bestehend aus Pommes, Reis mit Kohlsauce, Nudeln mit Tomatensauce und Mischgemüse).
Christian: Sprechen wir nicht mehr davon. Diese Zauberwelt aus nicht mehr ganz so ewigem Eis dort oben am Aletschgletscher ist nun mal nicht durch den Menschen zu bezwingen, weshalb ich’s ganz lustig fand, dass man auf dem Aussichtspunkt auf 3454 Metern gar nichts sah und sich alle Menschen dennoch raus in den Minus 10 Grad fiesen Schneesturm wagten ...
Julius: Unser nächster Auftritt führte uns in die schöne Stadt Basel, eine Stadt wie ein Baum. Oder eine Kartoffel. Der Auftritt dort war sozusagen von historischem Edelrost durchzogen, denn wie so oft trafen wir dort auf mehrere ostdeutsche oder ostdeutschaffine Menschen. Ebenso saßen in der ersten Reihe vier Schweizer, deren eine Hälfte uns bei einem Auftritt in Hamburg gesehen hatte und nun wieder gekommen war. Beeindruckend. Die kostenfreie Zeitschrift 20 Minuten leistete sich übrigens einen Husarenstreich à la mode: Sie kamen zur Veranstaltung, der Lesebühne St. Bimbam von Gabriel Vetter, dem ehrenwerten deutschen Poetry Slam-Meister von 2004, um am nächsten Tag einen Mini-Beitrag zu drucken, in dem geschrieben wurde, dass gestern (sic!) die Lesebühne St. Bimbam in die zweite Saison gegangen sei – beeindruckend und investigativ.
Christian: Außerdem haben wir in der Küche Gabriels unseren nächsten großen Hit Bahndammbrandmann fertig gestellt, die Arbeit an den Liedern Rote Korallen für dich, Gletscher und Geschenk wird bis zum Tourabtakt beendet sein. Schon jetzt können sich alle Fans auf Klangkompositionen im Stile von How much is the fish freuen.
Wir haben im übrigen festgestellt, dass von Auftritt zu Auftritt mehr Schweizer den Weg zu uns gefunden haben. Waren es am Anfang noch 20, stieg die Zahl am zweiten Tag um 10, am dritten noch einmal und so weiter. Das führt zu dem Schluss, dass alle Schweizer sich untereinander kennen und die anwesenden Zuschauer nach so einem fulminanten Abend von uns sofort Empfehlungsschreiben in alle Kantonsrichtungen abschickten.
Julius: In Luzern waren es nämlich dann schon 40 Zuschauer. Geschätzt. Das war toll dort, gute Stadt, gutes Essen, guter Auftritt inklusive Weltpremiere von Bahndammbrandmann. Und das Flair, die Stadtmauer, die Häuser – reinste Renaissance und so.
Christian: In Bern waren es tags drauf schon 60 Zuschauer. Unser erstes ausverkauftes Konzert, bei welchem wir am Ende, da die Leute uns nicht gehen ließen, eine halbe Stunde über drei Akkorde improvisierten. Das ist legendär, schon jetzt. Fast drei Stunden dauerte das gesamte Konzert! Wow! Und in Frauenfeld waren es dann 1200 Fans.
Julius: Die waren aber nicht bei uns, sondern bei dem Pokalspiel FC Frauenfeld gegen den FC Winterthur (0:8).
Christian: Wie süß Hardcore-Fans sein können, wird einem erst in der Schweiz bewusst, die mitgereisten Winterthur-Fans skandierten immer wieder »FC Winti, FC Winti, FC Winti schalala!« Das wäre bei Lok nicht möglich. »FC Loki, FC Loki, lalalalalalala«. Obwohl, rein inhaltlich würde es passen, Loki ist doch ne nordische Mythe, oder?
Julius: Keine Ahnung. Es ist jedenfalls vorbei mit uns und der Schweiz, vorerst ...
Christian: Ja, es war exotisch, wild und herrlich ...
Julius: in Deutschland wurden wir am Sonntagabend dann wieder standesgemäß zurückbegrüßt.
Christian: Na ja, ich weiß nicht, was standesgemäß sein soll, aber bei unserem ersten Konzert nach 8 Tagen Schweiz gab es in Buchloe, dem Tor zum Ostallgäu, nur einen einzigen Gast, weshalb wir das Konzert tatsächlich abbliesen und endlich mal wieder reläxten.
Julius: Das war wichtig und wir danken Gott.
Christian: Oh ja, und wir reläxten im Gasthof Hirschen, wo se alle schon waren: Tocotronic, Lali Puna und so. Eine Oase der Indiemusik mitten am Rand des Allgäus ...
Julius: Unwichtig.
Christian: Ja, es ist alles unwichtig geworden. Wir stehen jeden Abend apathisch auf der Bühne, rattern unser Programm runter und gehen schlafen – nicht mal das Saufen macht mehr Spaß.
Julius: Na, na!
Christian: Na ja, es kommt schon wieder, aber ich bin gerade down.
Julius: Ich halte dich!
Christian: Ich weiß!
Beide: Jetzt geht’s erstmal aufs OKTOBERFÄÄÄÄÄSCHTTT!!!