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Kultur

»Wir zeigen Filme aus und nicht über Afrika«

DOK Leipzig: Drei Fragen an Kurator Matthias Heeder zum Sonderprogramm »T.I.A. – This is Africa«

  »Wir zeigen Filme aus und nicht über Afrika« | DOK Leipzig: Drei Fragen an Kurator Matthias Heeder zum Sonderprogramm »T.I.A. – This is Africa«

Innenansichten von Afrika: Das Sonderprogramm »T.I.A. – This is Africa« ist eines des ambitioniertesten Programme des diesjährigen Dokfestivals. Dort geben afrikanische Filmemacher Einblick in das Leben in ihren Ländern – ein Bruch mit der klischeebeladenen europäischen Perspektive auf den vergessenen Kontinent.

Innenansichten von Afrika: Das Sonderprogramm »T.I.A. – This is Africa« ist eines des ambitioniertesten Programme des diesjährigen Dokfestivals. Dort geben afrikanische Filmemacher Einblick in das Leben in ihren Ländern – ein Bruch mit der klischeebeladenen europäischen Perspektive auf den vergessenen Kontinent.

DOK.MA: Das Sonderprogramm will mit dem gängigen Afrikabild brechen. Wie soll das gelingen?

MATTHIAS HEEDER: Der Schriftsteller Binyavanga Wainaina aus Kenia hat diese Stereotypen, die das Bild Europas von Afrika bestimmen, in seinem wunderbaren Essay »How to write about Africa« zusammengefasst. Um eine Geschichte aus oder über Afrika zu verkaufen, muss man bestimmte Stichworte liefern: Hunger, Aids oder halbnackte schwarze Frauen, die Hilfe suchend auf das nächste UNHCR-Flüchtlingscamp zu wanken. An diesem gängigen Afrikabild stricken die Medien munter weiter. Stattdessen zeigen wir nun Filme aus und nicht über Afrika sowie Filme, die nicht für das Fernsehen gemacht sind, sondern unabhängige Produktionen. Uns interessieren afrikanische Regisseure, die in ihren Ländern auch leben und sich auf die Geschichten vor Ort einlassen. Es ist ein großer Unterschied, ob jemand aus Europa eingeflogen kommt, Aidskranke oder Flüchtlingslager filmt und wieder verschwindet, oder ob ein Filmemacher Teil einer sozialen Wirklichkeit ist, die eben auch mit Aids oder Emigration zu tun hat.

Zwiebeln als Mitgift für die Heirat der Töchter: » For the best and for the Onion!«
DOK.MA: Welche Filme bekommt man zum Beispiel zu sehen?

HEEDER: Wir zeigen insgesamt 20 Filme. »For the Best and For the Onion!« (Programm I) aus Niger beispielsweise ist ein Film, der sich sehr humorvoll mit den Lebensbedingungen in einem Dorf zwischen Tradition und Moderne auseinandersetzt. »Because You‘re Gorgeous« (V) ist ein hinreißend komischer Animationsfilm aus Südafrika, der die menschliche Eitelkeit aufs Korn nimmt. »Ainsi dit la Keluka« (V), aus der Republik Kongo, spricht ein sehr universelles Thema an: die mensch- 14 liche Anfälligkeit für Heilslehren in Zeiten großer Not. »La femme porte l’Afrique« (IV) aus der Elfenbeinküste rückt die unglaubliche Leistung der Frauen in den Mittelpunkt, die, von den Männern verlassen, ihre Familien durchbringen müssen. Und »Ngwenya, the Crocodile« (III) aus Mosambik ist ein traumhaft schöner Film, der uns tief in das magische Universum des mosambikanischen Malers Malangatana einführt, wie es eben nur einer Regisseurin möglich ist, die tief in der Kultur ihres Landes verwurzelt ist.

DOK.MA: Wie authentisch können die Filme sein, wenn die Mittel zur Produktion von außerhalb kommen und auch die Filmemacher etwa in Europa ausgebildet werden?

HEEDER: Das ist ja eine alte Diskussion, die viele Fragen aufwirft: Was verstehen wir unter afrikanischem Film? Was die afrikanischen Filmemacher? Existieren explizit afrikanische Dramaturgien, Bildsprachen und Erzählweisen? Über den Einfluss der Geldgeber auf Form und Inhalt afrikanischer Filme wird seit geraumer Zeit diskutiert, ohne dass sich eine wirkliche Lösung aus diesem Dilemma abzeichnet. Wir bieten deshalb den DOK Summit »Blick – Gegenblick« an, auf dem wir mit unseren afrikanischen Gästen auch diese Fragen diskutieren.


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