Soll ein Autor beim Schreiben an den Leser denken? Die Gefahr ist groß, dass dabei zwar gut konstruierte und psychologisch raffinierte, doch irgendwie auch herzlose und blutarme Romane entstehen. Verliert der Autor den Leser dagegen aus dem Auge, sind nicht selten langatmige Selbstbespiegelungsgeschwülste die Folge. Oder es entstehen Bücher wie »Magdalenaberg«, der zweite Roman des jungen österreichischen Autors Reinhard Kaiser-Mühlecker.
Soll ein Autor beim Schreiben an den Leser denken? Die Gefahr ist groß, dass dabei zwar gut konstruierte und psychologisch raffinierte, doch irgendwie auch herzlose und blutarme Romane entstehen. Verliert der Autor den Leser dagegen aus dem Auge, sind nicht selten langatmige Selbstbespiegelungsgeschwülste die Folge. Oder es entstehen Bücher wie »Magdalenaberg«, der zweite Roman des jungen österreichischen Autors Reinhard Kaiser-Mühlecker.
»Magdalenaberg« ist ein gänzlich unkalkuliertes und impulsives, gleichzeitig stilles und unaufgeregtes Buch, dessen Autor sich keine Gedanken über irgendwelche literarischen Moden oder Gesetzmäßigkeiten zu machen scheint. Damit keine Missverständnisse entstehen: Kaiser-Mühlecker weiß, was er tut, und er weiß, dass er das mit einer jahrhundertelangen Tradition im Rücken tut.
Aber er schreibt offenbar vollkommen unbeeinflusst von der gängigen Prosa. In »Magdalenaberg« erzählt Kaiser-Mühlecker vom dreißigjährigen Joseph, der seinen Bruder bei einem Autounfall verliert und dem wenig später auch seine Geliebte und sein bester Freund abhanden kommen. Joseph ist ein vollkommen passiver Zeitgenosse, der diesen Verlusten staunend zusieht, ohne zu begreifen, dass mit jedem geliebten Menschen auch ein Stück von ihm selbst verschwindet. Manisch versucht er, seinen Bruder durch Erinnerungen am Leben zu erhalten – doch nur eines hat sich in sein Gedächtnis gebrannt: wie die Schindeln der Friedhofsmauer auf dem Magdalenaberg sich anfühlen.
So wie sein Protagonist Joseph die grundlegenden Wahrheiten vor sich selbst verbirgt, spricht auch Kaiser-Mühlecker die wesentlichen Dinge nicht aus. Und schafft so in seinem Roman einen Subtext, der lange nachhallt.