Warum geht eine Freundschaft zu dritt nicht? Warum mag Mama meinen Bruder mehr als mich? Warum kann mich der Lehrer nicht leiden? Fragen, die viele Kinder beschäftigen – häufig jedoch, ohne eine klärende Antwort zu finden. Es ist also Zeit für den Ratgeber »Freunde, Eltern, Lehrer und andere Probleme«. Die Kinder auf der Buchmesse waren begeistert, alle wollten mit den Autoren über das Thema »Warum streiten sich meine Eltern« sprechen.
Warum geht eine Freundschaft zu dritt nicht? Warum mag Mama meinen Bruder mehr als mich? Warum kann mich der Lehrer nicht leiden? Fragen, die viele Kinder beschäftigen – häufig jedoch, ohne eine klärende Antwort zu finden. Es ist also Zeit für den Ratgeber »Freunde, Eltern, Lehrer und andere Probleme«. Die Kinder auf der Buchmesse waren begeistert, alle wollten mit den Autoren über das Thema »Warum streiten sich meine Eltern« sprechen.
Anke M. Leitzgen und Angela Schuh haben nicht nur ihr erstes Buch veröffentlicht, sondern den Markt mit einem neuen Format bereichert: dem Kinderratgeber. Journalistin Anke M. Leitzgen gab der angespannten Thematik eine auffallend entspannte, unterschwellig humorvolle Sprache. Kinderpsychologin Angela Schuh lenkt dabei den Fokus ausschließlich auf die Sicht der Kinder. Mit Erfolg. Gleich im Februar gehörte es zu den »Besten 7 Büchern für junge Leute«, einer Prämierung des Deutschlandradio Kultur.
kreuzer: Frau Dr. Schuh, wie erklären Sie sich den Erfolg ihres Kinderratgebers?
ANGELA SCHUH: Es gibt noch keinen Ratgeber direkt für Kinder. Das ist eine Lücke auf dem Buchmarkt. Wenn Kinder Probleme haben, bekommen sie Informationen meist aus zweiter Hand, z.B. durch die Eltern. In unserem Buch sind die Figuren Kinder und Jugendliche, die Situationen spiegeln.
kreuzer: Bevor wir auf Ihr Buch zu sprechen kommen, interessiert mich, was Sie als Kinderpsychologin vom Trend der Ratgeberliteratur halten? Der Markt ist überschwemmt von Erziehungsbüchern. Sollten Eltern bei Problemen mit ihren Kindern dazu greifen?
SCHUH: Ich habe in meiner Arbeit viel mit den Eltern zu tun, sie sind quasi der Schlüssel zu den Kindern. Ich erlebe oft Eltern, die Ratgeber gelesen haben, als sehr, sehr verwirrt. Es gibt sicher Ratgeber, die ihnen für den Moment ein Stück weiter geholfen haben. Was ich als das große Problem erachte, ist, dass die Ratgeber bei den Eltern einen sehr hohen Anspruch fördern.
kreuzer: Was heißt das konkret?
SCHUH: Häufig findet man Sätze wie »Kinder brauchen starke Eltern«. Das setzt Eltern zunächst unter Duck und macht ihnen ein schlechtes Gewissen. Ich finde es wesentlicher, dass Eltern die Gefühle ihrer Kinder ernst nehmen. Wenn beispielsweise ein Geschwisterkind scheinbar mehr Aufmerksamkeit bekommt. Das ist den Eltern häufig gar nicht bewusst, aber Kinder denken »die Mama hat mich nicht so lieb wie meinen Bruder« und ziehen sich aus Scham zurück oder werden aggressiv. Da beginnt ein Teufelskreis.
kreuzer: Inwiefern?
SCHUH: Kinder denken häufig, dass sie mit ihrem Problem alleine sind. Ein Kind fühlt sich immer erst einmal allein. Wir möchten Kindern mit dem Buch zeigen, dass sie mit ihrem Problem nicht allein sind und es immer eine Lösung gibt.
kreuzer: Sie schildern in Ihrem Kinderratgeber auch das Thema Geschwisterkind. Zuerst durch einen Comic, dann im Dialog durch jugendliche Figuren und geben konkrete Tipps, z. B. »Rede mit deinen Eltern über deine Gefühle.« Funktioniert das wirklich?
SCHUH: Ja, davon bin ich überzeugt. Wenn ich die Aussage des Buches in drei Worte fassen würde, würde ich sagen: reden, reden, reden. Und zwar über die eigenen Gefühle. Das lohnt sich immer. Das Buch zielt nicht aufs Machen oder Tun ab. Die Botschaft ist eher, nimm deine eigenen Gefühle und die der anderen ernst. Das ist meiner Meinung nach der erste Schritt, um agieren zu können.
kreuzer: Dann ist es doch auch ein Buch für Eltern?
SCHUH: Natürlich. So lernen Eltern die Welt und die Gefühle ihrer Kinder kennen und können sie viel besser abholen. Deshalb thematisieren wir bewusst die kindliche bzw. jugendliche Sicht. Denn als Elternteil denkt man, man macht alles richtig – aber eben aus Erwachsenensicht.
kreuzer: Nun erfordert es sehr wache Eltern, um gerade in der Pubertät an den Kindern dran zu bleiben. Wie wach sind denn die gestressten Eltern von heute?
SCHUH: Das kann ich so pauschal nicht sagen, aber es gibt immer mehr Eltern, die sich trauen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das finde ich großartig, denn es ist ja keine Schande, zum Kinderpsychologen zu gehen. Aber es gehört viel Mut dazu, diesen Schritt zu wagen. Man wird in der Gesellschaft schnell abgestempelt, nach dem Motto »die wird ja mit ihrem Kind nicht allein fertig.« Für mich sind die Eltern, die sich professionelle Hilfe suchen, die wirklich wachen und starken Eltern.
kreuzer: Was sind das für Menschen?
SCHUH: Menschen aus allen Schichten. Auffällig häufig erlebe ich, dass Eltern, die keinen hohen Bildungsgrad haben, innerlich sehr engagiert sind, wenn es um ihre Kinder geht. Das erlebe ich nicht nur in meiner Praxis, sondern auch auf Lesungen mit dem Kinderratgeber.
kreuzer: Was ist mit den Familien, in denen Kinder den Eltern nicht vertrauen, wenig zu sagen, sich entfremdet haben. Da ist es sicher nicht damit getan, in einem Ratgeber zu lernen, über Gefühle zu reden.
SCHUH: Für mich ist es nicht das Entscheidende, Kindern Ratschläge per Buch zu geben. Ich glaube auch nicht, dass es maßgeschneiderte Ratschläge gibt. Ziel des Buches ist es, das sich Kinder und Jugendliche weniger schämen für ihr Problem und ihre Gefühle.
kreuzer: Weil sie in Ihrem Buch Figuren erleben, die ähnliche Probleme haben?
SCHUH: Genau, das ist der Gedanke dahinter. Wenn ich z.B. über Probleme der Figuren Anna und Paul lese, ist das interessant. Wenn ich hingegen mit meiner Mutter über reale Personen und Situationen diskutiere, kommt man schnell in eine Sackgasse. Auch das machen wir deutlich: Es sind nicht immer die eigenen Eltern, die dich verstehen, aber es gibt immer jemanden, der dich versteht. Das unkomplizierteste ist für mich das Sorgentelefon. Dort kann man völlig anonym bleiben und mit Fachleuten reden.