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Kultur

Jenseits der großen Gesten

Eine Gesamtausgabe stellt Walter Helmut Fritz’ Werk vor

  Jenseits der großen Gesten | Eine Gesamtausgabe stellt Walter Helmut Fritz’ Werk vor

An dieser Stelle präsentieren wir jeden Monat das Buch des Monats. Zu finden ist dieses dann bei Lehmanns in der Grimmaischen Straße 10, in einem exklusiven und eigens für den kreuzer eingerichteten Regal im Eingangsbereich.

An dieser Stelle präsentieren wir jeden Monat das Buch des Monats. Zu finden ist dieses dann bei Lehmanns in der Grimmaischen Straße 10, in einem exklusiven und eigens für den kreuzer eingerichteten Regal im Eingangsbereich.


Poesie ist einer der brauchbarsten Namen für unsere Unruhe, für die Suche nach unserem Leben«, schreibt Walter Helmut Fritz in dem Essay »Gespräche über Gedichte«. Dieser zunächst lapidar klingende Satz hat es in sich – aber nicht nur das: Er beschreibt zugleich das Programm eines eigenwilligen Schriftstellerlebens. Dabei hat Walter Helmut Fritz keineswegs nur Lyrik geschrieben, sondern auch Hörspiele, Theaterstücke und vor allem Prosa. Gerade in den essayistischen Arbeiten zeigt er sich als profunder Kenner der europäischen Literatur; nachzulesen in der dreibändigen Werkausgabe.

Doch das Feld der intensivsten ästhetischen Erfahrung bleibt die Lyrik. Bereits seine frühen Gedichte dokumentieren die Suche nach dem verborgenen Sinn in den flüchtigen Wahrnehmungen des Alltags. In »Bild und Zeichen« (1958) heißt es: »Aufhören, gelassen zu sein. / Das Schwere segnen / und das karge Glück wollen. / Während das Boot / vom Land stößt, / sind unsere Augen / etwas älter geworden.« Fritz braucht nicht die große Geste, die hermetisch anmutende Metapher, seine Texte scheuen die Moden und Sensationen. Wichtiger sind die kleinen Dinge, die Einsamkeit der Menschen und die Vergänglichkeit des je einzelnen Schicksals. So in dem Gedicht »Bäuerin«: »Ihr Mann ist gestorben, / ramponiert von Alter. / Ist klein und hart geworden. / Sie starrt ihn an, / geht in den Stall, / um es den Tieren zu sagen.«

Durch die Kargheit und den lakonischen Ton gewinnen die Texte eine Eindringlichkeit, der man sich selten entziehen kann. Poesie kommt hier ohne großen Aufwand daher, nie belehrend, aber mit einer Empathie für das Rätsel, das wir uns selbst sind. Schon deshalb sollten wir sie lesen.


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