Unsere Autorin Inga Dreyer hat sich auf den Weg nach Palästina gemacht, um dort für 2 Monate im Goethe-Institut zu arbeiten und zu reisen. Für kreuzer online wird sie während dieser Zeit einige ihrer Erlebnisse schriftlich fixieren und an dieser Stelle veröffentlichen.
Unsere Autorin Inga Dreyer hat sich auf den Weg nach Palästina gemacht, um dort für 2 Monate im Goethe-Institut zu arbeiten und zu reisen. Für kreuzer online wird sie während dieser Zeit einige ihrer Erlebnisse schriftlich fixieren und an dieser Stelle veröffentlichen.
Meine Augen fallen zu, der Kopf sinkt zur Schulter. Ich sitze im Bus von Ramallah nach Jerusalem. Mein Telefon klingelt. Ich schrecke auf. »You´re lucky!«, ruft die Vermieterin ins Telefon. Sie hat einen Unterschlupf für mich gefunden. In einer ihrer Wohnungen sind die beiden dort wohnenden Mädchen nach Jordanien ausgereist, um auf dem Rückweg ihre Visa verlängern zu lassen. Nur eine ist zurückgekehrt. Die andere wurde zurück in die holländische Heimat geschickt. Am selben Abend sollte das auch ihren Fußballkollegen in Südafrika passieren. Letzteres interessiert mich wenig, ersteres verschafft mir eine Wohnung.
Freuen kann ich mich kaum. Nur langsam gewöhnt man sich an alles. Am Checkpoint kommt eine sehr junge Frau in kugelsicherer Weste in den Bus. »Visa«, befielt sie mit reglosem Gesicht. Das rein und raus und hin und her. Die Jagd nach Visa, die Unsicherheit, wie lange man noch bleiben wird. Ein beliebtes Gesprächsthema. »You have to get used to that if you want to stay«, sagt meine Sitznachbarin, eine Spanierin, die in Ramallah arbeitet. Sie ist auf dem Weg nach Jerusalem, um mit Freunden das Spiel zu gucken. Ich wünsche Glück für Spanien. »Open your mind«, befielt sie zum Abschied und umarmt mich.
Die Erinnerung an meine Einreise taucht auf. Das Gefühl, nichts falsch zu machen und doch nicht gewollt zu werden. Der elendige Versuch, der jungen Frau mit den bohrenden blauen Augen zu erklären, ich interessiere mich für jüdische UND arabische Kultur. Sie sagt, ich lüge. Ich hätte keinen Respekt vor dem israelischen Staat. Ich solle mich wieder ins Wartezimmer setzen und mir überlegen, ob ich die Wahrheit sagen möchte. Dann könne ich zurückkommen. Sonst säße ich im nächsten Flieger nach Hause. Drei Verhöre. Im ersten sollte ich mein Geld zeigen, im zweiten meine Ahnen aufzählen, während der Mann im blauen Hemd Pässe fotokopierte und die Fotokopien danach zerriss. Immer wieder. Drei Stunden später nur noch ich und eine Spanierin im Wartesaal. Sie werde ausgewiesen, erzählt sie mir. Dann kommt mein Pass zurück. 7 Uhr morgens, 24 Stunden ohne Schlaf. Ich will schnell raus, aber nein.
»Wo ich gewesen sei«, fragt der Mann am Ausgang. Wer so lange braucht, der hat Zeit, denken sie sich und räumen meinen Rucksack aus. Mit hellblauen, Riesenzahnbürsten ohne Borsten ähnelnden Geräten wird alles abgesucht. Sprengstoff im Epiliergerät? Drogen in den Socken? Ich frage, was sie da sucht. Das dürfe sie mir nicht erzählen, sagt das Mädchen. Ich muss aufs Klo. Sie wartet vor der Toilette. Danach muss ich durch wieder durch den Detektor. Ich bin der Bösewicht im Krimi. Ich fühle mich ziemlich harmlos und vor allem müde. Vielleicht geht das ja allen Bösewichtern so. »Have a nice time in Israel«, sagt sie mir beim Rausgehen.