Von Berlin sind es gerade einmal 60 Kilometer bis zur Grenze, trotzdem ist Polen für die meisten Deutschen immer noch ein unbekanntes Niemandsland. Hinter der Oder beginnt der ganz wilde Osten, der eine ideale Projektionsfläche für Vorurteile bildet. Und die beste Waffe gegen Vorurteile ist immer noch die Komödie, das stellt der deutsch-polnische Filmemacher Jakob Ziemnicki in seinem Regiedebüt »Polnische Ostern« erfolgreich unter Beweis.
Dabei fängt der Film eigentlich als Familientragödie an. Nach dem Tod seiner Tochter muss der Rendsburger Bäckermeister Werner Grabosch (Henry Hübchen) mit ansehen, wie das Sorgerecht für seine geliebte Enkelin Mathilda (Paraschiva Dragus) dem polnischen Vater Tadeusz (Adrian Topol) zugesprochen wird, der sich bisher wenig um das Kind gekümmert hat und in seinem Heimatland schon längst mit einer anderen Frau, Agnieszka (Barbara Wysocka), verheiratet ist. Aber ein Mann wie Grabosch gibt so schnell nicht auf.
Zu Ostern setzt er sich in seinen Mercedes und reist nach Czestochowa, um für das Jugendamt Beweise zu sammeln, die die unhaltbaren Zustände beim polnischen Sorgeberechtigten belegen. Auf den ersten Blick werden alle hoffnungsvollen Befürchtungen bestätigt. Das Familienheim ist noch im Bau. Mathilda, ihr Vater und dessen depressive Frau leben in der engen Plattenbauwohnung bei der Großmutter Irena (Grażyna Szapołowska).
Dass das Mädchen von der polnischen Verwandtschaft in die religiösen Welten des Katholizismus hineingezogen wird, kommt Grabosch ebenso suspekt vor, wie die undurchsichtigen Geschäfte, mit denen Tadeusz den Bau seines Hauses zu finanzieren versucht. Aber je mehr sich der misstrauische Westler mit den polnischen Verhältnissen beschäftigt, umso weniger lassen sich die Verdächtigungen halten. Vor allem die Reize der adretten, lebenserfahrenen Großmutter ziehen den verbitterten Bäckermeister zunehmend an.
Was auf dem Papier wie eine viel zu gut gemeinte Völkerverständigungsdramaturgie aussieht, verwandelt Ziemnicki mit charmanten Charakteren und pointierten Dialogwitz in eine äußerst unterhaltsame Satire über deutschpolnische Vorurteilsstrukturen. Henry Hübchen ist ein Mann, dem man immer gerne bei seiner Arbeit zuschaut. Als grantiger Bäckermeister, für den im Wallfahrtsort Czestochowa zwischen Weihrauchschwaden und Marienstatuen das eigene Weltbild zu schwanken beginnt, versetzt er die Komik seiner Figur mit einer guten Portion Melancholie.
Vom Autoklau bis zum fanatischen Katholizismus – Ziemnicki geht die Klischees, die das Bild Polens in Deutschland bestimmen, direkt an, spielt mit ihnen, baut sie zu Running Gags aus und führt sie mit sanfter Hand ad absurdum. Während Lars Jessen in seiner deutschpolnischen Lustspiel »Hochzeitspolka« nur an der Oberfläche operierte, lotet Ziemnicki in »Polnische Hochzeit« das komödiantische Potenzial der interkulturellen Missverständnisse fachkundig und mit unverkrampfter Leichtigkeit aus.