Weniger laut als beim Public Viewing zum Deutschlandspiel, trotzdem stimmungsvoll geht es bei den sonntäglichen Nachmittagskonzerten im Musikpavillon des Clara-Parks zu. Doch nicht alle Leipziger wollen die Auftritte der Künstler genießen.
»Nach dem Public Viewing haben sich Bewohner der Ferdinand-Lassalle-Straße über die Lautstärke beschwert«, sagt Ordnungsamtschef Helmut Loris. Knapp ein Jahr ist die WM jetzt her, und seitdem scheiden sich an den Konzerten neben dem Kaffeegarten Schöngeister und Anwohner. »Tooor!«, schallte es aus den Boxen, als Lukas Podolski das 1:0 einnetzte. Wie Millionen Fans im ganzen Land zelebrierten auch Tausende Leipziger im Clara-Zetkin-Park diesen ersten Treffer der deutschen Elf gegen Australien, beim ersten Spiel der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika im vergangenen Sommer. Jubelschreie, Vuvuzelas und Musik aus der Box bestimmten die akustische Kulisse rund um den Musikpavillon.
Weniger laut, aber stimmungsvoll geht es bei den sonntäglichen Nachmittagskonzerten im Musikpavillon zu. Nicht alle Leipziger können die Auftritte von Künstlern sehr unterschiedlicher Musikrichtungen unbeschwert genießen. »Nach dem Public Viewing am Musikpavillon haben sich Bewohner der Ferdinand-Lassalle-Straße über die Lautstärke beschwert«, sagt Ordnungsamtschef Helmut Loris. Und seitdem scheiden sich an den Konzerten neben dem Kaffeegarten die Geister.
Mike Demmig von der Bellavita GmbH & Co. KG, die unter anderem auch die Cafés Pascucci und San Remo in der City betreibt, kann die Aufregung nicht nachvollziehen: »Wir haben hier in Abstimmung mit der Stadt Leipzig in Kaffeegarten und Musikpavillon 700.000 Euro investiert. Der Pachtvertrag enthält den Auftrag zur Sanierung des 1912 gebauten Pavillons und zur kulturellen Umrahmung.« Zudem verweist er darauf, dass sich seine Mitarbeiter hier auch mit um die Müllentsorgung kümmern und die Toiletten des Kaffeegartens zwar nicht öffentlich sind, aber von vielen Parkbesuchern gern genutzt werden.
Trotzdem liegen die Vorstellungen von einem »innovativen Kulturstandort« bei Parkbesuchern, Kaffeehausgästen und Anwohnern zum Teil weit auseinander. Sonnenanbeter, die relaxt allein oder mit Freunden auf dem Rasen liegen und einfach nur den Tag verträumen wollen, so, wie es ein Park natürlicherweise suggeriert, ergreifen dann schon mal die Flucht.
Ein besonders strittiger Punkt ist Musik, die elektronisch verstärkt wird. Denn diese ist laut Paragraph 12 der sächsischen Polizeiverordnung nicht gestattet. Der Amtsschimmel wiehert, wenn man hört, dass damit die Klänge eines E-Pianos verboten, die eines unverstärkten Blasorchesters aber erlaubt sind. Den Betreibern des Musikpavillons sind die Regeln bekannt. Sie beantragten deshalb eine Sondergenehmigung für die Fußball-WM. Auf Grundlage der Sportanlagenlärmschutzverordnung wurde diese auch erteilt. Üblicherweise dürfen Veranstaltungen eine Lärmgrenze von 55 Dezibel nicht überschreiten. Das ist laut genug, um den Park zu beschallen, und macht natürlich an dessen Grenzen nicht halt.
Ab 22 Uhr darf die maximale Lautstärke im Bereich von Wohngebieten nur noch 45 Dezibel betragen. Mit der Ausnahmegenehmigung durften diese Werte tagsüber um bis zu fünf Dezibel überschritten werden, außerdem wurde der mögliche Zeitraum für eine musikalische Untermalung am Tag um eine Stunde verlängert. Um die Auflagen zu überprüfen, führten sowohl Ordnungs- als auch Umweltamt stichprobenartige Lärmmessungen durch. Überschreitungen wurden dabei nicht festgestellt.
Für den subjektiven Eindruck einiger Anwohner waren die Grenzwerte und die Kontrollen aber offenbar nicht genug. »Ich habe nichts gegen Musik, im Gegenteil«, versichert zum Beispiel Gunter Böhnke, der nur etwa 100 Meter entfernt in der Ferdinand-Lassalle-Straße wohnt. »Aber Dauer und Lautstärke der Musik sind an manchen Sonntagen unverschämt und nicht zumutbar. Die Betreiber sollen sich an die Vorschriften halten und Kaffeehausmusik machen!«, fordert er.
Noch weiter fasst Nachbar Klaus Kitzing das Problem: »Es geht mir nicht nur um den Musikpavillon, sondern um den gesamten Zustand des Clara-Zetkin-Parks!« Er beobachtet eine allgemeine Vermüllung und generell zu viel Lärm im Park. Selbst Fußballspieler in Blumenrabatten hat er schon gesichtet. Der Gipfel sind für ihn wilde Partys, auf denen bis früh vier Uhr getrommelt wird. »Irgendwann ist dann mal Schluss mit lustig!«, findet er und fordert eine bessere Abstimmung der Veranstaltungen seitens der Stadt, deren Ämter das Treiben im Park besser koordinieren und vor allem kontrollieren sollten.
Wie weiter? »Auch in diesem Jahr könnte es wieder Veranstaltungen geben, die gegen die Polizeiverordnung verstoßen, je nachdem, ob sie genehmigt werden«, heißt es aus dem Amt für Stadtgrün und Gewässer, das einen Nutzungsplan für den Clara-Zetkin-Park erstellt hat. Vielleicht geht es aber auch mit Feingefühl und dem guten Willen aller Beteiligten. Gunter Böhnke: »Letzten Sonntag wars erträglich!« Na also!