Diana Wesser und David Voss wollten mit ihrer Kunstaktion »Dialog bei Rotlicht« das Verhalten von Autofahrern an Ampeln beleuchten. Doch sie scheiterten am Ordnungsamt.
Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit. Mit dieser Tocotronic-Zeile lässt sich das aktuelle Interventionsprojekt »Dialoge bei Rotlicht« von Diana Wesser und David Voss zusammenfassen. Wobei die Welt dabei Leipzig und die Idee immerhin für einen nationalen Kongress der Bundesstiftung Baukultur entstanden ist. Dieser Konvent, der am Sonntag und Montag in Hamburg stattfindet, trägt den Titel »Stattverkehrstadt« und will die Nutzung von Stadträumen jenseits des Verkehrs beleuchten. Dazu hat die Stiftung zwölf künstlerische Projekte in deutschen Städten veranlasst. Ein Beitrag sollte ein interaktives Autokino auf Rädern von Wesser und Voss sein. »Wir wollen den Tunnelblick der Autofahrer aufweichen. Es geht um Sensibilisierung in der Frage nach der verbrachten Lebenszeit im Auto und den bewussten oder unbewussten Umgang mit dieser Zeit«, erläutert David Voss das Kernanliegen. Die Idee: An roten Ampeln hält ein LKW auf dessen Rückwand Botschaften und Handlungsaufforderungen für die dahinter stehenden Autofahrer projiziert werden. Aufforderungen zum Tanz etwa, Gedanke oder schlichte Reflexionen zum Raum. [siehe Film]. Dieses Wochenende wäre der LKW auf Tour gegangen. Die Reaktionen wären auf Video dokumentiert worden und daraus wäre ein Beitrag zum Konferenzthema entstanden.
Hätte, könnte, würde.
Denn schlussendlich kann die künstlerische Intervention nach einer konzertierten Aktion von Ordnungsamt, Straßenverkehrsbehörde, Polizei, Brandschutzamt, LVB nicht stattfinden, wie das Ordnungsamt den verblüfften Künstlern mitteilen. Diese hatten um einen Gesprächstermin wegen etwaiger versicherungstechnischer Fragen gebeten, aber zu diesem Zeitpunkt noch keine Genehmigung des Projekts beantragt. Im Rückblick etwas blauäugig, wie die Antwort des Ordnungsamtes zeigt. In der Mail, die dem Kreuzer vorliegt, heißt es, dass eine derartige Aktion »auf Grund der ablenkenden Wirkung auf den Autofahrer und damit der Erhöhung des Unfallrisikos nicht genehmigungsfähig« sei. Zudem ist das Amt der Ansicht, dass die Aufforderungen zu einem Verhalten gegen die Straßenverkehrsordnung, worunter auch Hupen und Tanzen fällt, unzulässig sei. Das Motto der Konferenz, das mehr Stadt und weniger Verkehr fordert, hat die Stadt Leipzig offensichtlich noch nicht ganz verinnerlicht. Das ist umso peinlicher als Baubürgermeister Martin zur Nedden Mitglied des Stiftungsrats der Bundesstiftung ist, die den Kongress ausrichtet. Erst als das Kunstkind bereits in den Brunnen gefallen war, wurde er auf Initiative der Stiftung zu Rate gezogen.
Diana Wesser kann das alles nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen. Performances im öffentlichen Raum sind ihr Aktionsgebiet und bis jetzt hat sie mit Leipzig eigentlich gute Erfahrungen gemacht. »Aber offensichtlich bedarf es da bei einigen Leuten noch Nachhilfeunterricht«, seufzt sie ein wenig frustriert über die aktuelle Absage. Voss und Wesser werden das Konzept indes nicht begraben. Ein Video gibt es trotzdem. Vielleicht kommt es ja in anderen Städten, die Kunst weniger rigoros handhaben wie die Kulturstadt Leipzig, zu einer Premiere und dann auch zu Dialogen bei Rotlicht. Den Künstlern wäre es zu wünschen.