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Kultur

»Die Türen weit aufgemacht«

Das Projekt Cage100 huldigt einem großen Freigeist

  »Die Türen weit aufgemacht« | Das Projekt Cage100 huldigt einem großen Freigeist

Das Festival Cage100 widmet sich von Leipzig bis nach Washington der Klangwelt des Komponisten John Cage. Da läuten nicht nur die Turmglocken.

An ihm kommt jeder mal vorbei – und wenn nur zufällig als Tourist in Halberstadt. Dort wird in der Sankt-Burchardi-Kirche noch 626 Jahre lang mit seinem Orgelstück »Organ2/ASLSP« das längste Musikstück der Welt aufgeführt. Der nächste Klangwechsel ist am 5. Juli.

Der amerikanische Komponist John Cage rüttelte am tradierten Musikverständnis, hinterfragte konsequent die Rollen von Komponist, Interpret und Zuhörer und sprengte die Grenzen der abendländischen Kultur zu einem weiten Möglichkeitsfeld auf. Radikal und kreativ schrieb er unter anderem Stücke, die theoretisch alle denkbaren Töne enthalten können, komponierte mit einer Reihe von Zufallsoperationen und war mehr als nur ein Musiker: Cage malte, beschäftigte sich mit indischer Musik und Philosophie und war ein ausgezeichneter Pilzkenner.

Im September 2012 wäre John Cage 100 Jahre alt geworden. Anlässlich dieses Jubiläums veranstaltet das Forum Zeitgenössischer Musik (FZML) das zwölf Monate andauernde Kunst- und Musikprojekt Cage100 und stellt damit Leipzig ins Zentrum einer international vernetzten Auseinandersetzung mit Cages Oeuvre. Neben weltweiten Kooperationen ist die Galerie für zeitgenössische Kunst (GfZK) fester Partner und präsentiert bis September eine Ausstellung, die stetig variiert.

Cage lässt sich schwer in klassische Konzertsituationen zwängen, und darauf reagiert das FZML: »Wir verfolgen einen völlig anderen kuratorischen Ansatz und bauen um sein Werk ein formales Haus, nicht umgekehrt«, erklärt der künstlerische Leiter Thomas Christoph Heyde. Neben der GfZK werden beispielsweise der Clara-Zetkin-Park, der Augustusplatz und der Markt zu Schauplätzen der Cage-Verneigung.

Insgesamt umfasst Cage100 vier Phasen, deren erste parallel in Leipzig und Washington von einem Turmglockenspiel-Projekt eingeläutet wird. Dafür reist das einzige mobile Glockenspiel Deutschlands von Rostock hierher. Im Laufe des Cage100-Jahres erklingen dann Turmglocken-Konzerte mit Cages Werken über den ganzen Globus verteilt. Programmideen wie eine Zufalls-Kammermusikreihe mit vom Publikum frei kombinierbaren Werken oder eine Massenperformance mit 200 Sprechern machen außerdem neugierig auf die folgenden Etappen. Dort erwarten uns zum Beispiel ein Parallelkonzert von acht Radiostationen und das Party-Pieces-Project, bei dem hundert Komponisten weltweit nacheinander an einer »Ring-Komposition« arbeiten.

»Bei Cage ist alles möglich, aber nie beliebig«, weiß Heyde, »und er hat mit seinem gigantischen Ideenreichtum die Türen so weit aufgemacht.« Treten wir also ein in die Welt eines großen Künstlers!


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