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Politik

NPD-Demos (nicht direkt) vor Moschee

Bürgerinitiative und Aktionsnetzwerk rufen zu Gegenprotesten am 1. November auf

  NPD-Demos (nicht direkt) vor Moschee | Bürgerinitiative und Aktionsnetzwerk rufen zu Gegenprotesten am 1. November auf

Die NPD plant für Donnerstag zwei Kundgebungen an sensiblen Orten in Leipzig. Unter dem Motto »Einmal Sachsen und zurück – Asylmissbrauch, Überfremdung« wollen die Nationalisten in der Pittlerstraße in Wahren demonstrieren. Anschließend soll es eine weitere Protestveranstaltung im nördlichen Zentrum (Roscherstraße) geben. Diese steht unter dem Slogan »Islamisierung stoppen«. Die NPD-Kundgebungen sind Teil einer Aktionswoche der Rechtsextremen, in deren Zuge weitere Veranstaltungen unter anderem in Riesa, Dresden und Chemnitz geplant sind.

Die beiden Leipziger Kundgebungsorte sind nicht zufällig gewählt. In der Pittlerstraße soll eine Unterkunft für Asylsuchende entstehen. Dagegen regte sich im Frühjahr teils heftiger Widerspruch einiger Anwohner. In der Roscherstraße hat der islamische »Al-Rahman Moschee e.V.« seinen Sitz. Dessen Mitglieder sind Anhänger der salafistischen Lesart des Islams. Der 1995 gegründete Verein wurde 2011 im Bericht des sächsischen Verfassungsschutzes als »extremistischer Verdachtsfall« gelistet. Doch das Aktionsnetzwerk »Leipzig nimmt Platz« warnt vor einer pauschalen Verurteilung: »Sicherlich ist der Iman der besagten Gemeinde, Hassan Dabbagh, keine unproblematische Figur. Er gehört zu den bekanntesten und wohlmöglich einflussreichsten Vertreter dieser ultrakonservativen, fundamentalistischen Strömung in Deutschland. Andererseits hat er sich auf juristischem Wege erfolgreich gegen die Verfassungsschutz-Einordnung seiner Person als ›extremistisch‹ gewehrt.« Dies müsse zur Kenntnis genommen werden, bedeute jedoch nicht sich der Kritik an seiner Person und Ideologie zu enthalten.

Das Ordnungsamt hat unterdessen noch keine endgültige Entscheidung zu den Demonstrationen gefällt: »Der Anmelder wird gemäß den versammlungsrechtlichen Bestimmungen zu einem Gespräch eingeladen. Erst anschließend sind weitere Entscheidungen der Versammlungsbehörde möglich«, teilte das Amt in einer Pressemitteilung mit. Wie Ordnungsamtschef Helmut Loris erklärte, ist mit konkreteren Aussagen seiner Behörde erst Anfang dieser Woche zu rechnen.

Gegen die NPD-Kundgebungen sind bereits drei Protestveranstaltung angemeldet. In Wahren wird die Gegenkundgebung von der Bürgerinitiative Leipzig-Wahren initiert, die im Frühjahr wesentlicher Träger des Protests gegen die Flüchtlingsunterkunft im Nordwesten Leipzigs war. Die Leipziger Volkszeitung zitierte in ihrer Online-Ausgabe aus einer Mitteilung der Initiative: »Die dortigen Anwohner verwahren sich gegen jegliche Art der Instrumentalisierung der Debatte um die Unterkunft in der Pittlerstraße, egal ob von Rechtsradikalen oder von möglicherweise linksextremen Gegendemonstranten.«

Auch gegen die NPD-Kundgebung in der Roscherstraße sind Proteste geplant. Das Aktionsnetzwerk »Leipzig nimmt Platz« hat für die Zeit von 17 bis 19 Uhr zwei Kundgebungen im Umfeld angemeldet. Die genauen Orte stehen noch nicht fest, da zuvor noch Absprachen mit dem Ordnungsamt getroffen werden müssen. In einer Pressemitteilung erklärte die Initiative: »Wir werden am 1.11. Rassismus jeder Couleur eine Absage erteilen. Wir stehen für eine offene Gesellschaft, in der alle Menschen, egal woher sie kommen und egal welcher Religion sie anhängen, ohne Einschränkungen leben können.« Das Netzwerk wolle sich im Laufe der Woche auch noch mit Mitgliedern der Moschee-Gemeinde treffen, um sie zur Beteiligung an den Protesten einzuladen.

An den Protesten in Wahren will sich das Netzwerk aus Skepsis gegenüber den Initiatoren hingegen nicht beteiligen. In der Erklärung von »Leipzig nimmt Platz« heißt es zur Begründung: »Da die Wahrener BürgerInneninitiative scheinbar kein Interesse an einem gemeinsamen und solidarischen Vorgehen gegen die rassistische Aktion der Nazis hat, sehen wir zunächst davon ab am 1.11. in Wahren Protest zu organisieren.«

UPDATE (Präzisere Zeiten und Orte):

Die NPD-Kundgebung wird doch nicht direkt vor der Moscheegemeinde, sondern von 15 bis 17 Uhr an der Kreuzung Roscherstraße/ Berliner Straße stattfinden. Dort wird in Hör- und Sichtweite  ab 14 Uhr mindestens eine Kundgebung des Aktionsnetzwerks »Leipzig nimmt Platz« stattfinden.

Zwischen 17 und 19 Uhr plant die NPD ihre zweite Kundgebung im Bereich Pittlerstraße 8 in Leipzig-Wahren. Eine geplante Kundgebung des Erich-Zeigner-Hauses wurde abgesagt. »Die Äußerungen von Protagonisten der Bürgerinitiative lassen uns keine andere Wahl. Das Problem sind nicht die Flüchtlinge und deren Wohnorte, das Problem ist rassistisches und ausländerfeindliches Denken«, hieß es dazu beim Aktionsnetzwerk.

Mahnwachen unter dem Motto »Raum für Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe« finden  zwischen 15 Uhr und 19 Uhr an der Nikolaikirche, Friedenskirche, Michaeliskirche, Begegnungsstätte Lebens L.u.S.T (Georg-Schumann-Straße 326), Stolperstein Ranstädter Steinweg 13/15 und Stolperstein Berliner Straße 60 statt.


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