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Kultur

Sex, Drugs & Marketing

Der Flying Music Circus lädt zu vier Abenden mit sächsischen Bands

  Sex, Drugs & Marketing | Der Flying Music Circus lädt zu vier Abenden mit sächsischen Bands

Das Leben als Band ist auch nicht immer einfach. Da spielst du dir die Finger wund im nasskalten Proberaum, trittst vor einer Handvoll Leuten auf, die nur da sind, weil das Bier so billig ist, und außerhalb deiner Hinterhofgrenze hat noch nie jemand von dir gehört.

Okay, inzwischen gibt es fast überall Heizungen und das Internet, das einem Weltruhm in nur fünf Minuten ermöglicht, aber dafür sind noch ein paar Millionen Musiker vor dir dran. Da ist es gut, wenn jemand kommt, der Ahnung hat und sie mit dir teilt.

»Hilfe zur Selbsthilfe«, nennt Lutz Leukhardt das. Er ist Gründer der Musikinitiative Popoolär, die zusammen mit Veranstaltern aus Dresden und Chemnitz den Flying Music Circus (FMC) ins Leben gerufen hat. Dort können Bands lernen, wie der Zirkus des Musikbusiness funktioniert, wie sie sich im Netz selbst vermarkten können, was Vor- und Nachteile von Verlagen sind, wie man Booker anspricht. »Wir geben organisatorische Hilfeleistungen«, erklärt Leukhardt. »Denn in den neuen Bundesländern fehlen dafür die Strukturen. Im Westen haben sich in den letzten Jahrzehnten viel mehr Dienstleister etabliert.« Über 50 sächsische Bands sind inzwischen beim FMC angemeldet, können an Seminaren teilnehmen und bekommen Feedback darüber, was sie schon gut können und was sich noch verbessern ließe – von ihren Aufnahmen bis zum Webauftritt. Es mutet ein bisschen an wie Marketingkurse für Rock’n’Roller. Welche Band kann es sich noch leisten, ganz auf eigene Promo-Arbeit zu verzichten? Das Hauptanliegen bleibt aber auch hier: Mehr Gigs außerhalb der Heimatstadt. Daher veranstaltet der FMC nun ein viertägiges Festival in drei Städten: Leipzig, Dresden, Chemnitz. An vier Abenden spielen je drei Bands einer nach Auftrittsort definierten Musikrichtung: Backyard, Salon, Club und Garage.

Vier Leipziger Gruppen sind dabei. Eine Jury, die sich aus den Vertretern von Kreatives Leipzig, der Scheune Dresden und dem Bandbüro Chemnitz zusammensetzt, hat sie ausgewählt: die etwas verrückten Bluesrocker 3Apes, die glatteren Indierock-Electro-Popper Daniel Orange, das Electrofunpop-Duo Grafstrøm und die Liedermacherin Nadine Maria Schmidt, die mit Frühmorgens Am Meer Singer-Songwriter-Pop spielt. »Der FMC gibt uns Rückendeckung«, sagt die Sängerin. »Wir machen mit, weil es ein einmaliges Projekt ist, das sich speziell um die Subkultur kümmert und deren Potenziale deutlich macht.«

Doch was bringt so eine Initiative? Beim Leipziger Bandwettbewerb Der Große Preis zeigten sich die Veranstalter im Nachhinein kritisch. Zu wenige Besucher, nicht gerade überwältigende Qualität der Finalteilnehmer und die Frage nach Leipzigs bester Band des Jahres ist bei unterschiedlichen Genres schwer beantwortbar.

Hat ein Modell wie der FMC ein besseres Konzept, um die Leipziger Musikszene zusammenzubringen? Auch hier wählt eine Jury aus und verteilt Preise, zum Beispiel die Teilnahme an einem Sampler oder einer Tour. »Wir wollten nicht einfach einen Bandwettbewerb machen«, sagt Leukhardt. »Sondern Unterstützung geben, die auch über ein Jahr hinausgeht, und einen Bandaustausch schaffen.« Das Wichtigste für eine Band sei das Netzwerk, findet auch Jeau Champ, Schlagzeuger der Two Wooden Stones. »Sonst kannst du umhertelefonieren, so viel du willst. Ohne Label ist es schwierig, Konzerte außerhalb von Leipzig zu spielen.« Nun ziehen die Bands zumindest in die sächsischen Nachbarstädte, um dort mit einheimischen Bands vor deren Fans zu spielen.

Unterstützt wird die Initiative, bei der alle ehrenamtlich arbeiten, unter anderem von Die Art, die in die Bandpräsentationen reingehört haben, von Uwe Passora (Polarkreis 18) und Steffen Bennemann, die Ratschläge für die Unterstützung geben. Außerdem dabei: ein sich natürlich auch hier nicht lumpen lassender Sebastian Krumbiegel, der die wohl schönste Motivation fürs Engagement beim FMC beschreibt: »Ich habe beim Thomanerchor viel gelernt. Deswegen weiß ich, dass alle Leute, die heute Musik machen und nicht unbedingt bei den Thomanern waren, definitiv Unterstützung brauchen.«


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