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Filmkritik

Superman hat es schwer

In Zack Snyders »Superman: Man Of Steel« guckt er stirnrunzelnd aus dem Kostüm

  Superman hat es schwer | In Zack Snyders »Superman: Man Of Steel« guckt er stirnrunzelnd aus dem Kostüm

Auf dem Markt der modernen Comic-Helden hat es ein Kerl wie Superman heute schwer. Im Gegensatz zu seinen Kollegen Spider-, Iron-Man und den X-Men, die in den sechziger Jahren als Helden zum Anfassen mit übernatürlichen Kräften und menschlichen Schwächen konzipiert wurden, gehört der starke Mann mit dem großen S auf der Brust, der 1938 zum ersten Mal in einem Comic-Heft auftauchte, zur Generation der geradlinigen Helden.

Edelmütig, stark und ohne Furcht und Tadel fliegt er als gottähnliche Lichtgestalt im roten Cape durch die Lüfte, rettet, was zu retten ist, und hinkt dabei den Komplexitätsforderungen der Popkultur des 21. Jahrhunderts hoffnungslos hinterher. Nun hat Regisseur Zack Snyder den Auftrag übernommen, den antiquierten Überhelden in »Superman: Man Of Steel« für das moderne Popcorn-Kino auf Vordermann zu bringen. Snyder hat sich in Filmen wie »300«, »Die Legende der Wächter« und »Sucker Punch« als brachialer Großmeister des digitalen Kinos einen Namen gemacht und gleich in der ersten Szene von »Superman: Man Of Steel« lässt er die Muskeln kräftig spielen. Die letzte Stunde des Planeten Kronos hat geschlagen. Nachdem die Bewohner alle Ressourcen aus dem Inneren herausgepumpt haben, steht die Implosion des Planeten bevor. Der Finsterling General Zod (Michael Shannon) versucht im Chaos mit einem Putsch die Macht an sich zu reißen. Der Wissenschaftler Jor-El (Russell Crowe) hingegen setzt alles daran, die eigene Spezies zu retten. Während Raumschiffe aus allen Rohren ballern, die Planetenoberfläche aufreißt, die Leinwand lodert und die Kinolautsprecher dröhnen, schießt Jor-El seinen neugeborenen Sohn hinaus ins All Richtung Erde. Wie einst Moses – wenn auch nicht in einem Weidenkorb, so doch in einer Raumkapsel – wird der Säugling von seinen Eltern ausgesetzt, um in der Zukunft Großes zu vollbringen. Viele Jahre später ist aus dem Außerirdischen, der von den Adoptiveltern Martha (Diane Lane) und Jonathan (Kevin Costner) aufgezogen wurde, ein verantwortungsbewusster junger Mann geworden, der mit seinen übernatürlichen Kräften hadert. Der Vater drängt darauf, dass Clark seine außerirdischen Fähigkeiten vor den Erdlingen verborgen hält, aber manchmal gehen die Retterinstinkte mit dem Sohnemann durch. Bald schon taucht der leibliche Vater als beratender Geist und Bösewicht Zod mit einer Raumschiffarmee auf und Clark muss sich entscheiden, ob er zu den Menschen oder zum eigenen Genpool hält, dessen Vertreter die Erde zur Kolonie machen wollen. »Superman: Man Of Steel« setzt die Gewissensentscheidung als Konflikt zwischen zwei väterlichen Vorbildern – dem moralisch integren Farmer Jonathan und dem Pragmatiker Jor-El – in Szene, wobei es durch das handfeste Bedrohungspotenzial der Invasoren nicht zu einem wirklichen Seelenzwist kommt. Das hätte wahrscheinlich auch die schauspielerischen Ressourcen von Henry Cavill zu sehr in Anspruch genommen, der außer seinem hübschen Gesicht, dem hochgetunten Brustkorb und einem Stirnrunzeln für Krisensituationen nur wenig Input in die Heldenfigur gibt. Aber immerhin macht er als Senkrechtstarter, der aus dem Stand raketenartig in den Himmel steigt, eine gute Figur. Und darauf kommt es bei Znyders grobschlächtigem Inszenierungsstil an, der vornehmlich auf die Kraft des Spektakels setzt. Mit enervierender Ausführlichkeit werden die Schlachtengemälde und Zerstörungsorgien in Szene gesetzt. Endlos jagen die unkaputtbaren Körper von Superman und seinen Kontrahenten im Finale durch die Hochhausschluchten, wo sie durch die Gebäude hindurch fliegen und einen Wolkenkratzer nach dem anderen zum Einsturz bringen. Seit dem 11. September 2001 hat man ein solches Ausmaß urbaner Zerstörung nicht mehr im Kino gesehen. Dabei verliert Snyder, der hier offensichtlich von dem Studio einen Blankoscheck bekommen hat und die Millionen mit vollen Händen in den Reißwolf wirft, jedes Maß und endet in einer Orgie destruktiver Langeweile, die von Hans Zimmers Fortissimo-Soundtrack lautstark untermalt wird. Kaum zu glauben, dass hier Christopher Nolan als Produzent mit an Bord war. Von dem intelligenten Popcorn-Kino, wie es Nolan in »The Dark Knight« erschaffen hat, ist »Superman: Man Of Steel« Lichtjahre entfernt.


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