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Politik

Obskure Thesen am Stadtrand

Prostestbündnis lädt zur Gegen-Konferenz zum Homophoben-Treffen von Compact

  Obskure Thesen am Stadtrand | Prostestbündnis lädt zur Gegen-Konferenz zum Homophoben-Treffen von Compact

Compact kommt nach Leipzig und keiner findets gut. So in etwa lässt sich die Atmosphäre beschreiben, seit bekannt wurde, dass am 23. November im Globana Trade Center mit direkter Autobahnanbindung in Delitzsch die zweite »Konferenz für Souveränität« des Compact Magazins stattfindet. Das Oberthema des Treffens, zu dem die Veranstalter an die 1.000 Teilnehmer erwarten, lautet: »Werden die Völker Europas abgeschafft?«.

Gäste dieser illustren Veranstaltung sind Eva Herman, Thilo Sarrazin und Peter Scholl-Latour. Hinzu kommen die radikale Aktivistin gegen die gleichgeschlechtliche Ehe Béatrice Bourges, die selbst dem französischen Bündnis Manif pour tous zu radikal war, die russische Journalistin Natalia Narotchnitskaya, welche die russische Position zum Thema Familienpolitik darstellen wird, und zahlreiche andere. Es geht aus Compact-Sicht um nichts weniger als das Überleben Europas, das offenbar von verschiedenen Seiten gefährdet ist: Migration (Sarrazin), Abkehr von der traditionellen Familie (Herman) und Homoehe (Bourges). Vorbildlich hingegen ist nach Auffassung der Veranstalter offenbar die russische Strategie, offen gelebte Homosexualität de facto unter Strafe zu stellen. Es ist ein anti-libertärer Hexenkessel, der da in Leipzig zusammengebraut wird.

Ins Leben gerufen hat diese Reihe Jürgen Elsässer, Journalist und notorischer Querulant, der sich im Laufe seiner Karriere von ganz links (Konkret, Junge Welt) über linkskonservativ (Neues Deutschland) bis ins nationale Spektrum vorgearbeitet hat: Sein aktuelles Baby ist Compact – Magazin für Souveränität mit Redaktionssitz in Leipzig. Dessen erklärtes Ziel ist es, Wahrheiten gegen die sogenannten Systemmedien zu behaupten. Dabei bedient Elsässer sich munter bei anderen Medien: Besonders russischen Publikationen fühlt er sich sehr verbunden und ebenso diversen konservativen und christlichen Kreisen, was dem Blatt einen munteren Querschnitt aus Antisemitismus, Nationalismus, Homophobie und anderem obligatorischem Füllstoff konservativ geschlossener Weltbilder beschert.

Dabei agiert Elsässer nicht so platt wie etwa die NPD. Seine Argumentationsmuster ähneln denen der Verschwörungstheoretiker und Truther-Szene. In der Oktober-Ausgabe von Compact etwa wettert er gegen eine jüdische Lobby in den USA, die für den Syrien-Krieg trommle, und unterschlägt sämtliche anderen Interessengruppen, die dasselbe tun. So suggeriert er, dass die US-Regierung eine Marionette jüdisch-israelischer Interessen sei.

Oder er versucht, der LSBT-Bewegung (Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender) anhand des Falles Bradley Manning Bigotterie nachzuweisen: »Warum sind die großen Lobbyorganisationen nicht auf die Straße gegangen, um ihre tapfersten Kämpfer zu verteidigen?«, fragt er vorwurfsvoll in Richtung LSBT-Bewegung, weil Manning doch transsexuell sei. Und antwortet selbst: »Weil sich die beschriebenen Vorgänge nicht in Russland abspielen, sondern im Westen.« Dass Mannings geschlechtliche Identität mit den erhobenen Spionagevorwürfen so rein gar nichts zu tun hat, interessiert Elsässer nicht. Die kruden Argumentationen im Heft lassen für die Konferenz nichts Gutes ahnen. Daher organisiert sich in Leipzig kurzerhand Protest gegen sie. Denn selbst wenn nicht offen gegen Schwule und Lesben gewettert wird, zweifeln die Veranstalter die Gleichheit der Lebensentwürfe an.

»Das hat eine homophoe Perspektive«, sagt Thea Wende, Sozialberaterin beim schwul-lesbischen Verein RosaLinde. »Doch es geht uns nicht nur um Homophobie, sondern wir verfolgen einen intersektionalen Ansatz, der beispielsweise auch Rassismus und Sexismus einschließt. Wir haben da eine politische Verantwortung und wollten das nicht unkommentiert lassen.«

Erster Schritt war die Bildung eines Aktionsbündnisses mit dem programmatischen Namen »No Compact«, in dem neben schwullesbischen Initiativen und Frauenrechtsvereinen auch zahlreiche andere politische Organisationen vertreten sind. Das Bündnis hat für den Freitag eine Gegen-Konferenz organisiert,  die sich für die Gleichstellung aller Formen von Lebensgemeinschaften einsetzt und gegen Ausgrenzungen und Diskriminierungen jeder Art, mit Vorträgen zu den Themen Antirassismus, Verschwörungstheorien, Feminismus und Familienpolitik und manipulative Homo- und Transphobie. Zudem lädt das Bündnis am 23.11. zu Protestaktionen vor Ort ein und zu einer Abschlussveranstaltung auf dem Augustusplatz zwischen 13 und 16 Uhr.

Dass es um nichts als die Wahrheit geht, zeigt die Konferenz eindrucksvoll: Das Tagesticket kostet 100 Euro. Für 400 Euro kann man mit Veranstalter und Referenten zu Abend essen.


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1 Kommentar(e)

sanni 23.11.2013 | um 12:28 Uhr

this is the correct side: http://www.nocompact.de/