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Politik

Was passiert, wenn nix passiert ist

Eine friedliche Demo in Connewitz sorgt für Aufregung. Ernsthaft.

  Was passiert, wenn nix passiert ist | Eine friedliche Demo in Connewitz sorgt für Aufregung. Ernsthaft.

In Connewitz haben am vergangenen Freitag etwa 200 Personen gegen die neu eröffnete Polizeistation in der Wiedebach-Passage protestiert. Sie versammelten sich vor dem Gebäude, trugen Schilder und Transparente, eine Rede wurde verlesen, schließlich löste sich die Versammlung wieder auf. Das härteste, was an diesem Abend auf die Polizei geworfen wurde, war gepresste Watte in Form von Tampons. Das zwar unhöflich, aber ganz sicher auch ungefährlich. Kurzum, die Demo verlief friedlich, wie sich das die Obrigkeit gemeinhin wünscht. Aber jetzt ist es auch wieder nicht recht.

Denn es war Satire im Spiel, und da ist hinterher immer jemand beleidigt. Zur Demo aufgerufen hatte eine Gruppe namens »No Police District« – kurz: NPD – und bereits im Demo-Aufruf wurde die Rhetorik aufs Korn genommen, die gerne von Bürgerinitiativen gegen Asylbewerberheime oder Moscheen gebraucht werden: In dem war von steigender Kriminalität, mangelnden Parkplätzen und erhöhter Feinstaubbelastung durch Polizeistreifen die Rede. Die Verfasser wehrten sich zudem dagegen, als Wutbürger, Zecken und asozial bezeichnet zu werden, weil sie sich der »Minderheitenpolitik aus dem Rathaus« entgegenstellen würden. In einem Interview mit Radio Blau nannte ein Sprecher der Gruppe die Polizei »Krawallflüchtlinge, die nicht nach Connewitz passen«, beklagte, dass die gute Entwicklung des Stadtteiles vom Rathaus torpediert würde und versuchte ansonsten, die rassistische Rhetorik der Asyldebatten irgendwie auf die Polizei zu übertragen

Und auch Schilder wie »Ich hab die Haare schön« oder die Mistgabeln aus Pappe und Fackeln mit Papierflammen sollten noch dem Letzten klar gemacht haben, dass hier nicht alles so ernst gemeint und das Ganze eher als Kommentar zu den rechten Mobs zu verstehen ist, die sich gerne vor Flüchtlingsheimen versammeln. Allerdings zeigt auch das Transparent »Ganz Connewitz hasst die Polizei«, dass nicht alle Teilnehmer der Demo deren Sinn auch verstanden haben.

Und sie sind nicht allein. Obwohl – vielleicht sogar weil – sich die Proteste so gar nicht in das Klischee von Connewitz als kriminalitäts- und randalegebeuteltem Stadtteil fügen wollen, sind eine Menge Leute gekränkt.Allen voran die Polizei, die den Tatvorwurf der Beamtenbeleidigung prüft, und sich ansonsten in Literaturkritik übt: Sie moniert, dass Kurt Tucholsky, als er der Satire bescheinigte, alles zu dürfen, »die Fragen nach dem Wer und Wie nicht so eindeutig beantwortet hat«, und zeigte damit, dass für sie »alles« sehr enge Grenzen hat.

Aber auch die Leipziger Linken-Spitze in Gestalt von Volker Külow und Sören Pellman hat sich von der gewaltlosen Satire-Demo und deren Anmelderin Jule Nagel distanziert und bekennt sich frei zur eigenen Humorlosigkeit: »So frontal die Polizei im Ganzen anzugreifen, dafür fehlt mir jedes Verständnis«, sagte Ex-Stasi-Spitzel Külow der LVZ. »Das ist nicht die offizielle Haltung der Linken.«

Nun hat sich auch Alf Thum, Führer der Front Deutscher Äpfel (ein Satireprojekt gegen Rechts) und eigentlich im Ruhestand, zu Wort gemeldet und wirft seine gesamte humoristische Autorität in die Waagschale: »Ich fordere ultimativ alle Beteiligten mit dem Hinweis: ›Es ist Karnevalszeit!‹ auf, sofort die Empfindlichkeiten einzustellen.«

Dabei ist die Fortsetzung schon geplant: Zum Schutze der Polizei will nun eine CDU (Connewitzer Dorf Union) am 28. Februar um 19 Uhr eine Menschenkette um die neue Polizeidienststelle bilden. Plakate und Transparente dürfen keine mitgebracht werden. Dafür aber Kerzen und weiße Rosen.

Wir holen schonmal das Popcorn.


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