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Filmkritik

DOK Warm-Up

Die Kinostarts im Überblick und was sonst noch Filmisches in der Stadt geschieht

  DOK Warm-Up | Die Kinostarts im Überblick und was sonst noch Filmisches in der Stadt geschieht

Das 57. DOK Leipzig wirft seinen Schatten voraus: In weniger als zehn Tagen ist die Stadt wieder im DOK Fieber. Insgesamt flimmern 368 Dokumentar- und Animationsfilme aus 62 Ländern über die Leinwände der Passage Kinos, des CineStars, der Cinémathèque und der Schaubühne Lindenfels. Das Kinoprogramm in dieser Woche bietet darauf eine perfekte Einstimmung: mit »Arteholic«, einer Reise durch die Welt der Kunst mit Udo Kier, »Das große Museum«, eines bildgewaltigen Porträts des Kunsthistorischen Museums in Wien, und »20.000 Days on Earth«, dem intimen Porträt des Ausnahmekünstlers Nick Cave, starten gleich drei Dokumentarfilme in den Leipziger Kinos, die die große Leinwand verdienen. Oben drauf gibt es noch das außergewöhnliche Porträt eines Paradiesvogels: »I Am Divine« setzt die Muse John Waters in den Mittelpunkt einer schillernden Dokumentation. Auch das kann Dok!

Film der Woche: Nick Cave – ein Monolith, die knöchrige Eiche der Musikwelt – geduldig und erhaben. Kein Trend vermag ihr etwas anzuhaben, keine Kritikermeinung sägt an ihrem Stamm. Es schien immer, als entzöge sich der hünenhafte Australier jeglicher Schublade, in die ihn die Musikjournalisten nur zu gern stecken wollten. Stattdessen suchte er fortwährend den Austausch mit Brüdern im Geiste, Musikerkollegen, die seiner abgründigen Poesie infernalisches Futter geben konnten.

Am 20.000 Tag seines Lebens blickt er zurück auf eine bewegte Karriere. Die lärmenden Gigs mit The Birthday Party, die im Ruf stand, die brutalsten Konzerte der Musikgeschichte zu geben. Seine Zeit in einem winzigen Verschlag in Berlin, die Gründung der Bad Seeds mit Blixa Bargeld von den Einstürzenden Neubauten. Eine zwar unkritische, aber einnehmende, kunstvolle Dokumentation, die dem Werk des außergewöhnlichen Performers voll und ganz gerecht wird.

»20.000 Days on Earth«: ab 16.10., Passage

kreuzer verlost 2x Pakete mit je 2 Freikarten, Poster und dem Nick-Cave-Roman »Und die Eselin sah den Engel« – E-Mail an film@kreuzer-leipzig.de (Betreff: Bad Seeds)

In der Türkei ist der Völkermord an den Armeniern ein Tabuthema. Eher Grund als Hindernis für Fatih Akin, einen Film darüber zu machen. Er habe »The Cut« für seine Familie und das türkische Volk gedreht, sagte Akin in Venedig. Eine mutige Entscheidung, die türkische Nationalisten prompt mit Morddrohungen quittierten.

Mit seiner durchaus differenzierten Betrachtung des kollektiv Verdrängten beschließt Akin seine mit »Gegen die Wand« begonnene und mit »Auf der anderen Seite« fortgeführte Trilogie um »Liebe, Tod und Teufel«. Nun also der Teufel.

100 Jahre ist es her, dass sich das Osmanische Reich im 1. Weltkrieg auf die Seite der Deutschen schlug. Zur selben Zeit wird die armenische Bevölkerung systematisch deportiert und zu großen Teilen ermordet. Auch der Schmied Nazaret (fesselnd: Tahar Rahim, »Ein Prophet«) wird von der türkischen Gendarmerie festgenommen, von Frau und Töchtern getrennt und zusammen mit anderen armenischen Männern zur Zwangsarbeit abkommandiert. Der Beginn einer Odyssee, die Nazaret auf der Suche nach seinen Töchtern schließlich über Kuba bis in die Vereinigten Staaten führt.

Akins Film ist kein Arthouse-Kino, sondern ein Abenteuerepos mit großen Gesten im Stil amerikanischer Klassiker. Wer sich daran nicht stört, der wird mit starken Bildern und einem intensiven Filmerlebnis belohnt, das selbst Großmeister Martin Scorsese beeindruckte. Ausführliche Kritik von Karin Jirsak im aktuellen kreuzer.

»The Cut«: ab 16.10., Passage

Regisseur Hermann Vaske begleitet Udo Kier auf einer Reise durch die legendären Tempel der Moderne: Das Frankfurter Städel, das Museum Ludwig in Köln, das Kunstmuseum in Bonn, den Hamburger Bahnhof in Berlin, das Louisiana Museum bei Kopenhagen, das Centre Pompidou in Paris. Er trifft auf viele alte Freunde und Weggefährten. Mit ihnen begibt er sich auf einen Trip durch die Welt der Kunst.

Udo Kier und seine Freunde Rosemarie Trockel, Udo Kittelmann, Marc Brandenburg, Jonathan Meese, Marcel Odenbach, Nicolette Krebitz, Max Hollein, Tobias Rehberger, Nikolaus Hirsch und Lars von Trier lassen den Zuschauer teilhaben an persönlich Erlebtem. Geschichten, die so noch niemand zuvor gehört hat. Kier erzählt von seiner Zeit mit Andy Warhol und den rauschenden Feiern zwischen New York und Rom. Wie er mit Guy Maddin im Jahr 2012 ein Filmprojekt über verlorene Filme für das Centre Pompidou gemacht hat oder mit der Künstlerin Rosemarie Trockel gegen den Abriss des Kölner Kunstforums protestierte.

Dabei verbindet er seine persönliche  Sicht mit ausgewählten Kunstwerken und macht sie zusammen mit seinen Gesprächspartnern für die Zuschauer erlebbar. Nicht aus der Perspektive eines Kunsthistorikers, sondern aus der eines Arteholics.

Blixa Bargeld, mit dem Vaske bereits in der Vergangenheit zusammenarbeitete, schuf zusammen mit Teho Teardo mit der „Arteholic Suite“ die Musik zum Film.

»Arteholic«: ab 16.10., Schaubühne Lindenfels

kreuzer verlost 2x2 Freikarten. E-Mail an film@kreuzer-leipzig.de (Betreff: Arteholiker)

 

Die Filmtermine der Woche

Bewegte Bilder, die bewegen

Im Rahmen der Ausstellung »Bewegte Bilder« « zeigt das Cineplex noch einmal »Avatar - Aufbruch nach Pandora« (in 3D) und »The Artist« täglich bis Mittwoch auf der großen Leinwand.

Tägl. bis Mi., Cineplex

 

I am Divine

Vor 25 Jahren starb einer der exzentrischsten Film- und Musikstars, den die USA je hervorgebracht haben: Harris Glenn Milstead, besser bekannt unter dem Namen DIVINE. Regisseur, Produzent und EMMY-Preisträger Jeffrey Schwarz (»VITO«) gelingt mit Hilfe von Interviews, vielen Ausschnitten aus Filmen und Live-Auftritten eine berührende Würdigung eines flamboyanten Selbstdarstellers, dessen Tabubrüche ein größeres Ziel verfolgten: mit Humor gegen die Engstirnigkeit der amerikanischen Gesellschaft zu kämpfen und für das Recht auf Selbstbestimmung für jeden. Im Rahmen von NO NO NO! Vorfilm: Cold Star (D 2011)

18.10., 17 Uhr, 20.10., 21.15 Uhr, Kinobar Prager Frühling

 

Jahrhundertwende

Der Essayfilm von Moritz Liewerscheidt reflektiert das Verhältnis von deutscher Gegenaufklärung und marxistischer Philosophie am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert vor dem Bildhintergrund des 21. Jahrhunderts. Aufklärerische Fortschrittsaffirmation und romantische Fortschrittskritik treffen auf die vollendeten Tatsachen einer spätkapitalistischen Gesellschaft. Aus der Kombination von gesprochenen historischen Texten aus dem Off mit Gegenwartsbildern, die ihrerseits den Kontrast von Großstadt und ostdeutscher Provinz zeigen, ergeben sich dabei oft Szenen von schlagender Absurdität. Im Fokus des Films steht vor allem die regressive Tendenz einer Fortschrittskritik, die nicht zufällig in offenen Antisemitismus mündet und außerdem deutliche Parallelen zu zeitgenössischen Formen populärer Kapitalismus- und Globalisierungskritik aufweist. Der Film zeigt auf, dass sich in ihr Kernelemente nationalsozialistischer Ideologie finden und verfolgt schlaglichtartig deren Formierung zum Weltbild. Die Konfrontation von Texten aus einer Zeit vor dem Nationalsozialismus mit Aufnahmen aus dem heutigen Deutschland macht Liewerscheidts Film gleichzeitig zu einer Auseinandersetzung damit, wie im 21. Jahrhundert mit dem Erbe des Nationalsozialismus verfahren wird.

18.10., 20 Uhr, Cineding, im Anschluss Filmgespräch mit Regisseur Moritz Liewerscheidt.

 

Filmriss Filmquiz

Wenn Bruce Willis auf alles außer Tiernahrung Prozente gibt, klingeln euch die Ohren? Ihr regt reuch auf, wenn wieder einmal jemand das falsche Datum aus »Zurück in die Zukunft« postet? Und wenn keiner die Star Trek-Referenzen in »Big Bang Theory« rafft, verdreht ihr die Augen? Dann seid ihr hier zuhause. Hier dürft ihr Kinonerd sein und werdet belohnt: tonnenweise Merchandise aktueller Kinoproduktionen warten auf euch! Groovy Baby! Mit André Thätz und Lars Tunçay.

19.10., 20.30 Uhr, Conne Island

 

Feinkost

Deutsch-tschechisches Kurzfilmprogramm mit Animations-, Dokumentar- und Kurzspielfilmen des Jahrgangs 2013/14.

19.10., 21 Uhr, Kinobar Prager Frühling

 

Deutschlandspiel Teil 1: Auf die Straße

Zweiteiliger deutscher Fernsehfilm aus dem Jahr 2000 von Hans-Christoph Blumenberg und mit Peter Ustinov, Rudolf Wessely, Ilse Zielstorff in den Hauptrollen, der die Geschichte der deutschen Wiedervereinigung erzählt.

21.10., 19 Uhr, Zeitgeschichtliches Forum

 

Amerikanische Filmkinogeschichte der 10er Jahre

Die Filmwissenschaftlerin Claudia Cornelius geht zurück an die Anfänge des US-Kinos. Im Anschluss des Vortrags gibt es einen Überraschungsfilm.

22.10., 18 Uhr, Memento

 

Biophilia Live

Außergewöhnliche Konzertdokumentation über Björk von Peter Strickland (»Berberian Sound Studio«) und Nick Fenton, die in diesem Jahr bereits auf diversen Filmfestivals debütierte und nun für drei Abende ins UT Connewitz kommt.

22.–24.10., 21 Uhr, UT Connewitz

 

Horror-Doppel mit Donis

Werwölfe und Vampire mal anders: der außergewöhnliche Öko-Horror »Wolfen« (1981) von Michael Wadleigh und Abel Ferreras meisterhaftes Suchtdrama »The Addiction« (1995). Wie immer kompetent begleitet vom Horrorpapst. Nachholtermin aus dem September.

22.10., 20 Uhr, LURU-Kino in der Spinnerei

 

Unikino

Das Unikino ist wieder da. Ab sofort flimmern wieder jeden Mittwoch unterschiedlichste Filme zu bestimmten Themenkomplexen wie »Coming of Age«, »Winterwunderland« oder »Kindheit/Erziehung« über die Leinwand im Hörsaal. Zum Auftakt der neuen Spielrunde gibt es mit »Love Steaks« ein absolutes Highlight des deutschen Indepentenkinos in Anwesenheit des Regisseurs Jakob Lass. Clemens und Lara arbeiten im selben Hotel an der Ostseeküste, haben aber bis auf den Arbeitsplatz nicht viel gemein. Ganz im Gegenteil könnten sie gegensätzlicher kaum sein - der zurückhaltende Clemens braucht Ruhe, die aufmüpfige Lara Action. Als die beiden einander zufällig im Fahrstuhl begegnen, ist die Gegenliebe zunächst sehr begrenzt. Doch langsam, aber sicher kommen sich Clemens und Lara näher.

22.10., 19 Uhr, Campus Augustusplatz (im Hörsaalgebäude)


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