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Konzertkritik

Kapitalismus über alles

Ein Punkrockabend mit Jello Biafra

  Kapitalismus über alles | Ein Punkrockabend mit Jello Biafra

Treffen der Generationen im Werk 2 am Mittwochabend. Wann erlebt man schon mal, dass dreadlockige Jugendliche mit ergrauten Punks zusammen im Moshpit tanzen? Willkommen in der Welt des Jello Biafra.

Der ergraute Sänger ist ein Rätsel. Wäre ein unbescholtener Bürger nach seiner Currywurst am Connewitzer Kreuz aus Versehen in das Werk 2 getorkelt, hätte er unwissend wohl gedacht: Holt den verwirrten Opa von der Bühne. Anwesende hätten ihn dann zurecht gewiesen, denn auf der Bühne stand niemand Geringeres als eine Legende des Punkrocks. Biafra war nicht nur Sänger der unsterblichen Dead Kennedys, sondern hat seine nimmermüde linke Attitüde zur Lebensaufgabe gemacht. Im Werk 2 präsentiert er sich als Rampensau, der jeden Pantomime-Wettbewerb gewonnen hätte.

Die Band – bestehend aus einem Gitarristen, der Tommy Lee Jones frappierend ähnelt, einem Bassisten, der mit seiner Pudelfrisur auch bei Twisted Sister eine gute Figur gemacht hätte, und zwei weiteren Musikern – spielt fulminant und durchaus knackig. Eine solide Grundlage als Fundament für den Auftritt des Zeremonienmeisters Biafra. Mit Zylinder, Gehstock und Glitzermantel läutet er den Abend ein. Wie ein junger Derwisch hüpft er über die Bühne. Zwischen den Songs, die auch die Klassiker der Dead Kennedy abdecken ("California über alles"; "Nazi-Punks fuck off"), fühlt man sich wie auf einer Politveranstaltung, bei der Biafra einen guten Präsidenten oder Bürgermeister abgebe.

Das Schlimme daran: Biafra hat mit seinen Abhandlungen so unverschämt Recht – und das schon seit vielen Jahren. Er prangert Rassismus und die Macht der Banken an. Letztlich sei der Kapitalismus Schuld an der aktuellen Flüchtlingswelle, denn er sei für die Armut und die Kriege verantwortlich. Es ist die ewige Leier der Kapitalismuskritiker, die auch Biafra zu seinem Leben gemacht hat. Zum Thema Hass und Rassismus hat er an diesem Abend aber noch eine wichtige Botschaft. Mit den Menschen müsse man reden, nur in der Face-To-Face-Situation könne man die Menschen und ihre Sichtweisen verändern: »Don' t argue, don't fight, communicate!«


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