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Filmkritik

Die Qual der Wahl

  Die Qual der Wahl |

Lateinamerikanische Tage, Französische und Kurdische Filmtage – Es ist ja durchaus begrüßenswert, dass sich die Festivallandschaft in den Leipziger Kinos so vielfältig zeigt. Aber warum zur Hölle muss sich denn alles in den 30 Tagen November abspielen? So muss man schon ein gewisses Organisationstalent an den Tag legen, um preisgekröntes Kino wie »Neruda«, den neuen Dardenne oder Werner Herzogs »Salt And Fire« nicht zu verpassen und versteckte Highlights zu entdecken. Wir helfen dabei: im aktuellen Kreuzer und auf diesen Seiten.

Film der Woche: Paterson ist Busfahrer in der Kleinstadt Paterson, New Jersey. Sein Alltag ist geprägt von Ritualen. So führt Paterson eine ruhige Existenz mit seiner liebevollen Freundin Laura, die ihre Kreativität an ihrer kleinen gemeinsamen Wohnung austobt. In seiner Freizeit schreibt Paterson Gedichte in ein kleines Buch, das außer Laura niemand zu Gesicht bekommt. Sie bestärkt ihn darin, seine poetische Ader auszuleben. Die vielen skurrilen Figuren im Kleinstadtkosmos inspirieren den einfach gestrickten Helden des neuen Werks des preisgekrönten Filmemachers Jim Jarmush zu seinen Zeilen, die immer wieder auf die Leinwand gekritzelt werden. Der zwölfte Spielfilm des eigenwilligen Auteurs lebt von seinen Charakteren. Die Statik seiner Hauptfigur, der fest abgesteckte Spielraum und der ausgefeilte Minimalismus, mit dem Jarmush seine Geschichte erzählt, sind typisch für das Kino des Indepentenregisseurs. Adam Driver passt da wunderbar rein und wird ergänzt von der iranischen Schauspielerin Golshifteh Farahani . Eine lakonische Reflexion über das Leben vom Großmeister des Understatements.

»Paterson«: ab 17.11., Passage Kinos

Geschichten vom Widerstand im Nationalsozialismus gibt es viele. Doch abseits von Gruppierungen wie »Die Weiße Rose« oder den »Edelweißpiraten« gibt es eine unsichtbare Vielzahl von einfachen Bürgern, die auf ihre Art gegen Hitlers Regime kämpften und oftmals dafür mit dem Leben bezahlten. Zu ihnen zählte auch das Ehepaar Anna und Otto Quangel. Sie wohnen 1940 in einem Mietshaus inmitten Berlins. Die Jablonskistraße 55 bildet einen Querschnitt der Bevölkerung jener Zeit ab. Ein Blockwart, eine versteckte Jüdin, ein ehemaliger Richter, ein Denunziant, ein Kleinkrimineller, ein Hitlerjunge, eine Briefträgerin und das Arbeiterehepaar Quangel leben dort. Als sie die Nachricht erreicht, dass ihr einziger Sohn Hans im Krieg gefallen ist, beginnt Otto seinen eigenen Feldzug gegen Hitler. Er fordert auf einfachen Postkarten zum Widerstand gegen den Mörder seines Sohnes auf und verteilt sie überall in der Stadt. Die Staatsführung bemerkt bald den Stachel in ihrer Ferse und beauftragt den linientreuen Kommissar Escherich mit der Aufklärung des Falls. Ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt. »Jeder stirbt für sich allein« ist bereits die fünfte Verfilmung von Hans Falladas 1946 geschriebenem Kriegsroman, der auf wahren Begebenheiten beruht. Der von ihm vortrefflich geschilderte Mikrokosmos in einem Berliner Reihenhaus spiegelt den Zustand der damaligen Gesellschaft zwischen Angst und Argwohn, Opfern und Mitläufern. Für die international produzierte Neuauflage des Romans übernahm der Schweizer Schauspieler Vincent Perez (»Indochine«) die Regie und adaptierte die Vorlage gemeinsam mit Achim von Borries (»Was nützt die Liebe in Gedanken«) für die Leinwand. Vielleicht hätte es einen erfahreneren Regisseur gebraucht, um einen neuen Blick auf den bekannten Stoff zu offenbaren. Perez' Adaption wirkt allzu routiniert und lässt kaum Raum für Zwischentöne. Auch die Besetzung der Hauptrollen mit Brendan Gleeson und Emma Thompson geht auf Nummer Sicher. In einer Nebenrolle gibt Daniel Brühl den gehörnten Nazifunktionär.

»Jeder stirbt für sich allein«: ab 17.11., Passage Kinos

Flimmerzeit_Oktober_2016

 

Weitere Filmtermine der Woche

Französische Filmtage

Hingewiesen sei noch auf die Retrospektive Animation in der Schaubühne und die Dardenne Retrospektive und die vielen starken Premieren kommender Kinohits. Mehr dazu in der letzten Kinowoche.

16–22.11., Schaubühne Lindenfels, Passage Kinos

7. Lateinamerikanische Tage

Es gibt einen Länderschwerpunkt Spanien in Zusammenarbeit mit dem Europäiischen Fimfestival Sevilla. Die Retrospektive beschäftigt sich mit dem dokumentarischen Kino von Tómas Lipgot zum Thema Migration und Integration. Der Länderfokus ist diesmal Argentinien gewidmet. Ein Sonderprogramm setzt sich mit Frauen und Frauenrechten in Lateinamerika auseinander. Wie immer wird es viele Deutschlandpremieren und sogar Europapremieren sowie internationale Gäste geben.

21.11.–2.12., Cinémathèque, Schaubühne Lindenfels, Passage Kinos u.a.

Kurdische Filmtage Leipzig-Heftiya Sînema Kurdî Leipzig-أسبوع الفيلم الكردي

Vier Filme aus der Türkei und dem Irak, die das Leben von Kurden widerspiegeln, das immer wieder geprägt ist von Krieg und Verfolgung.

24.–26.11., Cineding

Erpressung 

In Alfred Hitchcocks erstem Tonfilm wird eine junge Frau das Opfer einer Erpressung, weil sie einen Mann in Notwehr getötet hat.

Wärmehalle Süd Montag 21.11., um 20:30 Uhr

24 City 

Eine staatliche Fabrik soll abgerissen und an ihrer Stelle Platz für Luxuswohnungen geschaffen werden. In teilweise dokumentarischen, teilweise fiktiven Szenen wird die Geschichte einer chinesischen Stadt und ihrer Bevölkerung im Wandel der Zeiten vielschichtig erzählt.

23.11., 19 Uhr, Konfuzius-Institut Leipzig (OmeU)

Ballet Mécanique 

Stummfilmdoppel mit unter dem Motto Liebe & Moral: gezeigt werden »Scherben« (D 1921) und »Bett und Sofa« (UdSSR 1927)

23.11., 19 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei

Kurzfilmabend 

Internationales Kurzfilmprogramm (ca. 88 min, mit Pause)

23.11., 19.30 Uhr, Anderthalb

Shorts Attack 

Power Kids - 9 Filme in 90 Minuten

24.11., 21 Uhr, UT Connewitz


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