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Stadtleben

Immer wieder sonntags kommt das Ordnungsamt

Der Südplatzspäti stellt seinen Sonntagsbetrieb ein

  Immer wieder sonntags kommt das Ordnungsamt | Der Südplatzspäti stellt seinen Sonntagsbetrieb ein

Wer am Sonntag schnell noch zur Erfüllung des Wochenendgefühls eine Limonade in der Südvorstadt kaufen wollte und dafür ganz traditionell in die Schenkendorfstraße zum Südplatzspäti schritt, stand vor verschlossener Tür. Ein Zettel erklärte: »Auf Grund des sächsischen Ladenschlussgesetzes sind wir gezwungen, ab sofort unsere Ladenöffnungszeiten wie folgt zu ändern: Mo-Sa 10-22 Uhr, Sonntag, Feiertag geschlossen«

Der Südplatzspäti musste bereits nach vorangegangenen Kontrollen (der kreuzer berichtete im Augustheft) sein Sortiment stark einschränken. Der »operative Außendienst« des Ordnungsamtes bescherte nicht nur dem kleinen Eckladen in den letzten Monaten einige Kontrollen und daraus resultierende Zahlungen an die Staatskasse.

Die erste Kontrollwelle

In der Südvorstadt wiederholte sich jetzt, was im letzten Sommer bei der ersten Kontrollwelle von Spätis in Reudnitz passierte: Die Sprutzbude in der Holsteinstraße schloss nach Besuchen des Ordnungsamtes für einige Wochen ebenfalls am umsatzstarken Sonntag. Mittlerweile hat sich das wieder geändert, aber es wird nur das verkauft, was laut Gaststättengesetz sofort verzehrt werden kann. So sollte man sich mit TK-Produkten oder Butterstücken bereits an einem anderen Wochentag bevorraten.

Die Kontrollen vor einem Jahr schlugen hohe Wellen. Die Linke stellte in der Ratsversammlung dem Ordnungsamt einige Fragen, die LVZ veranstaltete eine Online-Umfrage zu: »Sollten Spätverkäufe in Leipzig länger als 22 Uhr öffnen dürfen?« 86 Prozent der Beteiligten antworteten mit einem klaren Ja.

Kontrollen erst, wenn sich Leute beschweren

Nachgefragt beim Ordnungsamt hält die stellvertretende Amtsleiterin Helga Kästner fest, dass 2016 14 und in diesem Jahr bisher 12 festgestellte Verstöße gegen das Sächsische Ladenöffnungsgesetz vorliegen. Die Fallzahl habe sich seit Mitte Juli nicht erhöht. Von Amtswegen wurden vor allem die Öffnung außerhalb der zulässigen Zeiten nach 22 Uhr oder an Sonn- und Feiertagen beanstandet. Die operativen Kontrollen erfolgen laut Amt allerdings erst, wenn Dritte darauf hinweisen oder sich beschweren.

»Seelische Erhebung« am Sonntag

Der Staat möchte seine Bürger schützen. Denn der Sonntag steht für »soziales Zusammenleben«, für »Religionsausübung, den Schutz von Ehe und Familie, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit«. Sachsen sorgt so landesweit am Sonntag für eine »kollektive Arbeitsruhe, den der Einzelne allein oder mit anderen ungehindert von werktäglichen Verpflichtungen oder Beanspruchungen nutzen kann«. So zumindest antwortete die Landesregierung auf eine Petition, die vor Kurzem eine Gesetzesänderung der Ladenöffnungszeit forderte. In der Verteidigung ging es nicht nur um die am Sonntag angespannte Seele der Landeskinder, sondern auch um den Wettbewerbsvorteil, den sich der Einzelhandel gegenüber »größeren Läden« durch die Ausdehnung von Öffnungszeiten sichern könnte. All dies führte dazu, dass sich das sächsische Gesetz zu den Ladenöffnungszeiten nicht ändert, auch wenn der Petent argumentierte, dass mittlerweile ein Wandel im Konsum als »Teil der Freizeitgestaltung und seelischer Erhebung« stattgefunden habe.

Hauptgottestdienst statt Einkaufen

Der Freistaat erlaubt eine allgemeine Verkaufszeit von Montag bis Samstag von 6 bis 22 Uhr, sonntags zwischen 7 und 18 Uhr oder an insgesamt sechs Stunden, die auch aufgeteilt sein können. Die staatliche Argumentation baut auf dem BRD-Ladenschlussgesetz auf, das seit 1956 besteht und zuletzt 2015 eine Änderung erhielt. Es umreißt in 28 Paragrafen, wann was von wem verkauft werden kann. Paragraf 12 hält dabei fest, dass die Verkaufszeit »unter Berücksichtigung der Zeit des Hauptgottesdienstes« ausfallen muss.

Natürlich könnte nun auf Bevorratungssysteme hingewiesen werden, wie sie Bürger in ländlichen Gegenden seit Jahren durch den Wegfall von Läden und die Minimierung des Personennahverkehrs erproben. Aber in einer Stadt, die blüht und gedeiht und sich gern mit jungen, hippen Menschen zeigt, wäre das nicht wirklich eine Lösung.


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