Mehr Grün, weniger Dichte, mehr Individualität«, so lautete der verheißungsvolle Slogan zu Beginn der Nullerjahre in Leipzig. Der damalige Baubürgermeister Engelbert Lütke Daldrup (heute: Chef der BER-Baustelle) redete sich und der Öffentlichkeit den riesigen Leerstand und die vielen Brachflächen Leipzigs unter dem Begriff »perforierte Stadt« schön. Schuld an all den Löchern und Lücken waren marode Bausubstanz aus der Gründerzeit und stetiger Bevölkerungsverlust. In den Jahren 1990 bis 2002 verließ jeder zehnte Leipziger die Stadt. Unter anderem entwickelten die Speckgürtel mit nagelneuen Reihenhäusern einen besonderen Reiz.
Es drohte der Stadtverfall in der großen Fläche. Vor allem dem Westen und Osten der Stadt, den seit der Gründerzeit intensiv genutzten Industrie- und Wohnvierteln, stand nach der Wende-Deindustrialisierung anscheinend der Kollaps bevor. Es sah schlimm aus – nicht viel schlimmer als zu DDR-Zeiten, aber zehn Jahre nach der Wende musste etwas passieren.
Leipzig entdeckte seinen Pioniergeist in Sachen Zwischennutzung von Brachflächen. Ein Instrument dazu war eine öffentliche Datenbank, in der die Eigentümer ungenutzter Grundstücke diese eintragen und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen konnten. Wer heute auf jene von der Stadt beauftragte Webseite »Flächen für Leipzig« geht, der kann das damalige Gefühl immer noch nachempfinden, wenn es dort heißt: »Zu wenig Einwohner, zu viele Wohnungen und zu viel Fläche – so lässt sich die aktuelle Situation in Leipzig mit wenigen Worten umreißen.« Die Datenbank verzeichnete Anfang der Nullerjahre mehr als 2.000 »ungenutzte Grundstücke« – kurz Brachen. Das Amt für Stadtsanierung und Wohnungsbauförderung sammelte die Gebiete in Privateigentum – immerhin 80 Prozent der damals ungenutzten Flächen.
Seit 1999 konnten zwischen der Stadt und Privateigentümern Gestattungsvereinbarungen unterzeichnet werden. Für zehn Jahre gab der Besitzer seine Brache ab und sparte damit unter anderem die Grundsteuer. Das Baurecht blieb bestehen. Allein in den ersten fünf Jahren kamen 95 dieser Vereinbarungen für 155 Brachflächen im Ausmaß von insgesamt 15 Hektar im Stadtgebiet zustande
Heute scheint das Ende der Brache besiegelt und die Stadt entwickelt sich, wie es vergangene Generationen kaum erlebten. Zeitgleich entstanden und entstehen viele neue Lebensmodelle, die eng verknüpft sind mit Bewegung im Raum. Das birgt in vielerlei Hinsicht Konfliktpotenzial.
Zudem gleicht keine Brache der anderen. Mit den Gestattungsvereinbarungen entwickelten sich auch Vorzeigebrachen mit hoher Symbolkraft. Eine davon befand sich östlich des Hauptbahnhofs zwischen Büttnerstraße und Czermaks Garten. Anstelle des 2002 abgerissenen Wohn- und Geschäftshauses Thiemes Hof entstand mittels Bäumen und Sträuchern und ein paar kostengünstigen Gestaltungselementen ein ansehnliches Flurstück. Es verschwand Anfang 2016 zugunsten einer spätkapitalistischen Mietskaserne samt Tiefgarage. Symbolträchtig starteten Oberbürgermeister Burkhard Jung und Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau im Sommer 2016 auf dem Areal mit dem Gesang ihres Hohelieds auf die heute zu erlebende Verdichtung des Inneren Ostens.
Hier wie aktuell auch in der Sternwarten- oder Leopoldstraße hatten sich viele Menschen an die temporären Zwischennutzungen gewöhnt. Sie trugen zur Lebensqualität bei und ihr Verlust wiegt schwer, denn Ausweichflächen sind Mangelware. Das ist nicht nur eine gefühlige Aussage, weil sich die Kräne überall in den Himmel schrauben. Ein Blick auf die Freiflächen-Datenbank der Stadt bestätigt den Eindruck. Waren es vor knapp 20 Jahren noch mehr als 2.000, stehen jetzt 118 private Grundstücke für eine Zwischennutzung zur Verfügung.
Die Statistik führt der Stadtbezirk Ost an und weist insgesamt 35 Flächen aus. Die Mehrzahl liegt in Volkmarsdorf. Im Norden stehen 24 Objekte zur Auswahl – ganz harmonisch verteilt auf jeweils acht in Eutritzsch, Seehausen und Wiederitzsch. In Alt-West sticht vor allem Leutzsch mit zwölf Freiflächen heraus. In den Stadtbezirken West und Süd gibt es jeweils nur ein Objekt – in Grünau-Ost und der Südvorstadt.
Brache klingt nach Erde, Ödland ist ein Synonym. Der Begriff stammt aus der Landwirtschaft und bezeichnet ein unbestelltes Stück Acker, dem eine Ruhepause gegönnt wird, damit es sich regenerieren kann.
So hatten es die Stadtplaner irgendwie ja auch für Leipzig vorgesehen. Aber wenn Brachen verschwinden, dann gehen Initiativräume für Raumpioniere verloren, außerdem Natur und Geschichten. Die Entdichtung führte zu neuen Orten des Oblomowierens, die gerade in Zeiten des Bevölkerungszuwachses dringend nötig sind.
Die Immobilienbranche witterte bereits vor zehn Jahren Morgenluft, und so hieß es in ihren Fachmagazinen: »In der Brache liegt die Zukunft.« Heute erleben wir diese Zukunft. Das kann man gut finden, um den eingangs zitierten Slogan noch einmal zu bemühen – bedeutet im Umkehrschluss aber: weniger Grün, mehr Dichte, weniger Individualität.
Leopoldstraße
Standort: Connewitz, Leopoldstraße
Größe: 5.600 Quadratmeter
Vormalige Nutzung: Garten- und Garagengrundstück
Eigentümer: privat
Planung: Wohnungsbau
Der als Leopoldpark bekannte Flecken Erde zwischen Leopoldstraße und Wolfgang-Heinze-Straße erfuhr von der Stadt in den letzten Jahren eine besondere Aufmerksamkeit. 2001 wurden Wege angelegt, Bänke, Tischtennisplätze und andere Spielgeräte aufgestellt, für Schattenplätze gesorgt. So gelangte der Ort wieder zu seiner früheren Bestimmung als Garten der Wolfgang-Heinze-Straße (damals Pegauer Straße 51). Dann standen dort Garagen. Nach der Zwischennutzung als öffentliche Grünanlage wurde diese nun zerstört, um Wohnraum Platz zu machen. Nur zwei Rotbuchen überdauerten den Besitzerwechsel von der Treuhandgesellschaft zu privaten Investoren. Auf die Bäume können dann die neuen Bewohner schauen und sich möglicherweise die Frage stellen, was wohl früher hier mal gestanden haben mag.
Bayerischer Bahnhof
Standort: Zentrum-Südost, Bayerischer Bahnhof
Größe: 360.000 Quadratmeter
Vormalige Nutzung: Bahnhof
Brache seit: 2001
Eigentümer: Stadtbau AG
Planung: Bau eines neuen Stadtviertels
Der Bayerische Bahnhof wurde 1842 in Betrieb genommen. 2001 schloss der damals älteste Kopfbahnhof Deutschlands. Durch seinen sanierten Portikus wirkt der Bayerische Bahnhof vom Bayrischen Platz aus sehr adrett – doch er lenkt nur kurz von der Prärie dahinter ab. Diese gehört der Stadtbau AG, die sie zu einem Stadtraum entwickeln möchte – mit allem, was so dazugehört: moderne Baukultur für Wohn- und Bürohäuser, regenerative Energie, Stadtteilpark, »generationsübergreifende Raumangebote«, Schulen und Kindergärten. Fragt sich derzeit nur, wann das geschehen soll. Im Exposé steht unter dem Punkt »Realisierung«: »nachfragegerecht«. Böse Zungen behaupten, dass der Flächeneigentümer auf die Möglichkeit des gewinnbringenden Verkaufs wartet. Wer bei der Stadtbau AG anfragt, muss zumindest Zeit zum Warten einrechnen. Im März dachte die Fraktion der Grünen öffentlich über einen in der Presse »Enteignung« genannten Eingriff nach, was die Stadtbau AG offenbar motivieren sollte, endlich mit ihren Bebauungsvorhaben zu beginnen.
Klostergasse
Standort: Zentrum, Klostergasse
Größe: ca. 100 Quadratmeter
Vormalige Nutzung: Wohn- und Geschäftshaus
Brache seit: unbekannt
Eigentümer: privat
Planung: unbekannt
Brachen in der Innenstadt sind selten geworden. Eine sehr schmale befindet sich in der Klostergasse neben der Handwerkerpassage. Sie gibt einen Eindruck von der vormals engen Bebauung. Trotz offensichtlicher Leere schützt ein grüner Zaun die Brache vor Menschen.
Zu DDR-Zeiten gehörten Brachen in der Innenstadt zur Normalität und prägten das Stadtbild. Große Freiflächen befanden sich beispielsweise auf dem Gebiet des heutigen Petersbogens. Genutzt wurde sie von Imbissständen. An anderen Stellen luden temporäre Verkaufsstände zum Konsum ein.
Der Wilhelm-Leuschner-Platz kündet heute noch von diesen Zeiten. Nach dem verunglückten Ausflug als Stellfläche des Wendedenkmals existieren engmaschige Bebauungspläne, die die Freude über einen großen, leeren Platz mit ungeordneten Naturflächen zwischen den versiegelten Bodenlagen bald verschwinden lassen.
Frankenheimer Weg
Standort: Grünau, Frankenheimer Weg 10
Größe: ca. 1.200 Quadratmeter
Vormalige Nutzung: Bauplatz zu DDR-Zeiten
Eigentümer: Stadt Leipzig, verpachtet
Planung: »Hundtscher Park« bleibt vorerst
Bäume, Sträucher, Bänke, Skulpturen aus Holz, Windspiele – auf einem Bauplatz zu DDR-Zeiten mitten im Grünauer Wohnkomplex 7 pflanzten Herr und Frau Hundt einen kleinen Park an. Der Blick aus ihrer gegenüberliegenden Wohnung auf diesen vormals tristen Platz hatte sie gestört. So pachtete das Ehepaar die Fläche vom Grünflächenamt und begann mit der Umgestaltung.
Heute wirkt das von Einheimischen auch als »Hundtscher Park« bezeichnete Fleckchen wie eine Insel, denn um jenes herum herrscht gähnende Leere.
Einst war die Fläche von Plattenbauten umzingelt, die der staatlich geförderte Stadtumbau »rückbaute«. Einzelne Bäume und Sträucher auf den neuen Brachen lassen erkennen, wo die damaligen Häuser standen.
Zu Ostern hängen bunte Ostereier an den Sträuchern und Bäumen. Das kann nicht zeitig genug geschehen, denn sonst ärgern sich die Kindergartenkinder bei ihrem Spaziergang.
Inselstraße 33
Standort: Zentrum-Ost, Inselstr. 33
Größe: 863 Quadratmeter
Vormalige Nutzung: Wohnhaus
Brache seit: unbekannt
Eigentümer: privat
Planung: Zwischennutzung
Im einstigen Graphischen Viertel gelegen, stand hier vor vielen Jahrzehnten ein dreigeschossiges Haus im Besitz einer – wie es damals hieß – »Kinderbewahranstalt«. Heute befindet sich die Brache in der städtischen Datenbank »Flächen für Leipzig«. Das heißt, ein Privateigentümer sucht jemanden, der die Brache zwischennutzt, und die Stadt moderiert und unterstützt diesen Vorgang. Im Idealfall erfolgt eine Nutzung über zehn Jahre und das
Baurecht bleibt bestehen. Dafür wurde 1999 die Gestattungsvereinbarung eingeführt. Sie garantiert dem Eigentümer den Erlass der Grundsteuer. Die Stadt verspricht sich unter anderem ein »aufgewertetes Wohnumfeld für ein attraktives Investitionsklima« neben der öffentlichen Nutzung von Freiräumen. Solange sich niemand findet, der die Brache nutzen möchte, freut sich die Natur, dass sie hinter einem Maschendrahtzaun ihre Ruhe hat.
Karl-Heine-Straße 80–88
Standort: Lindenau, Karl-Heine-Str. 80–88
Größe: 23.065 Quadratmeter
Vormalige Nutzung: Firma Rudolf Sack, VEB Bodenbearbeitungsgeräte Karl Marx
Brache seit: 1995
Eigentümer: Stadtbau AG
Planung: Wohnungsbau, Grundschule und Turnhalle
»Jahrtausendfeld«, diese Brache im Westen besitzt wahrscheinlich den poetischsten Namen. Das hat sie der nahe gelegenen Schaubühne Lindenfels zu verdanken. Als Leipzigs Partnerstadt Hannover im Jahr 2000 die Expo veranstaltete, wurde auch Leipzig bedacht. Ein Projekt entstand auf dem ehemaligen Industriegelände. Seit 1904 nutzte die Firma Rudolf Sack und später das Kombinat Bodenbearbeitungsgeräte Karl Marx das Gebiet, um Pflüge und andere landwirtschaftliche Geräte herzustellen. Während des Nationalsozialismus befand sich hier ein Zwangsarbeiterlager. Die Schaubühne erhielt das Land von der Treuhand und schuf ein Feld sowie Platz für Kultur. Und weil das um die Jahrtausendwende geschah, ergab beides in der Kombination den Namen: Jahrtausendfeld. Muttererde wurde auf dem Gelände verteilt und dann Roggen angebaut. Nach der Wende sah ein Zukunftsplan Hochhäuser statt Roggen und Brache vor. Auch von einem Golfplatz war die Rede. Zur Jahrtausendwende handelte es sich um ein schwer zu vermittelndes Objekt der Treuhand. Heute gehört das Land der Stadtbau AG; eine Schule und eine Turnhalle sollen darauf errichtet werden.
Hähnelstraße
Standort: Lindenau, Hähnelstr. 22
Größe: ca. 1.000 Quadratmeter
Vormalige Nutzung: Wohnhaus
Brache seit: unbekannt
Eigentümer: privat, in Pacht
Planung: Gartenkneipe »Zum Wilden Heinz« bleibt vorerst
Eine Option von Brachennutzung, die einen überaus charmanten Charakter besitzt, ist die gastronomische Versorgung der Bevölkerung. In der Lindenauer Hähnelstraße, wo zuvor leere Flächen als Parkplätze dienten, findet sich »Zum Wilden Heinz«. Die Fläche wurde von einer Privatperson gepachtet und ein mögliches Ende ist nicht abzusehen. Damit steht sie im ehemaligen Leerstandsproblembezirk fast allein da.
Einige Bracheninitiativen, welche die Stadt forcierte, mussten in den letzten Jahren empfindliche Veränderungen hinnehmen. Entlang der benachbarten Josephstraße entstanden 2004 die Nachbarschaftsgärten. Mittlerweile sind einige zugunsten von Wohnbauten verschwunden. Ebenfalls nicht mehr existent ist die Mehrzahl der vor 15 Jahren entstandenen Kunstwerke entlang des Lindenauer Markts. Der großflächige Anbau eines Discounters beendete auch das.
Krystallpalast zwischen Brandenburger Straße und Wintergartenstraße
Standort: Zentrum, Brandenburger Straße
Größe: 270.000 Quadratmeter
Vormalige Nutzung: Krystallpalast, Haus der heiteren Muse
Brache seit: 1992
Eigentümer: Krystallpalastareal GmbH
Planung: Wohnraum und Studentenapartments, Hotels, Büros, Einzelhandel und Gastronomie
Hier stand einst das »größte Vergnügungs-Etablissement Deutschlands«. »Einst« meint die vorletzte Jahrhundertwende. Der Leipziger Architekt Arwed Roßbach errichtete 1886–87 auf dem Gelände die 3.000 Plätze umfassende Alberthalle als Zirkus- und Konzerthalle. Hier trat Josephine Baker auf und Arthur Nikisch gab vor Arbeitern zum Jahreswechsel 1918/19 das Silvesterkonzert mit der 9. Sinfonie von Beethoven. Bomben zerstörten im Dezember 1943 das Gelände. Nach dem Krieg errichtete der Zirkus Aeros seine feste Spielstätte, die wesentlich kleiner als die ursprüngliche Alberthalle war. Aus dem Zirkus wurde das Haus der heiteren Muse, in dem die DDR-Fernsehsendung »Da liegt Musike drin« mit Kammersänger Reiner Süß als Moderator aufgezeichnet wurde.
Von der ehemaligen Vergnügungsstätte sieht man heute nichts mehr. Nach einem Brand 1992 sind die letzten Bebauungen an der Wintergartenstraße verschwunden. Heute nutzt eine Autovermietung teilweise die Brache. Die Krystallpalastareal GmbH mit Sitz in Tübingen vermarktet das Gelände.
Urbaner Wald
Standort: Grünau-Nord, WK 7, Neue Leipziger Straße
Größe: 55.000 Quadratmeter
Vormalige Nutzung: Plattenbau
Brache seit: 2007
Eigentümer: Stadt Leipzig
Planung: Grünanlage »Urbaner Wald«
Neben einem Supermarkt am westlichen Ende der Lützner Straße in Grünau beginnt der sogenannte Urbane Wald. Entlang der geteerten Hauptwege stehen die alten Straßenlampen mit Betonfuß, Typ: »RSL 1«, bekannt als »Rostocker Straßenleuchte«. Sie leuchteten einst vor den Hauseingängen der Neuen Leipziger Straße 2–28. Das war ein 1982 errichtetes Plattenbauensemble mit 550 Wohnungen. Nach der Wende fühlte sich ein nicht aus dem Osten stammender LWB-Mitarbeiter von dem elfgeschossigen Ensemble an die Eiger-Nordwand erinnert. Was dem Berg nicht passieren kann, schaffte der Stadtumbau: 2007 erfolgte der Abriss. Der Leipziger Fotograf Harald Kirschner hielt zwei Wochen vorher auf einhundert Aufnahmen die innere Situation fest. Vier Jahre später wurde der Urbane Wald eröffnet, wobei lediglich der Hochsitz an einen Wald erinnert.
Max-Liebermann-Straße
Standort: Gohlis-Nord, Max-Liebermann-Straße
Größe: ca. 15.000 Quadratmeter
Vormalige Nutzung: Brachfläche
Brache seit: unbekannt
Eigentümer: unbekannt
Planung: unbekannt
Eine große Tafel kündet davon, dass der Verkauf für die Gartenstadt Gohlis losgeht. Verwittert schaut sie aus und anstelle von Gartenstadthäuschen steht ein kleines Monokulturwäldchen an der Hauptstraße in Gohlis-Nord. Die Gartenstadt Gohlis GmbH wurde 2013 aus dem Handelsregister gelöscht.
Hundebesitzer schätzen den Freiraum, der sich hier auftut. Das Gebiet zieht sich bis zur Schreberanlage »Am Rietzschkestrand« und nebenan liegt das Stadion des Friedens. Besonders an der Brache ist, dass sich hier die neunziger Jahre noch so richtig eingenistet haben – nicht nur dank der Verkaufstafel. Links von der Brache stehen unter Wimpelfähnchen gebrauchte Autos zum Verkauf, ein Imbisswagen lädt zum »Picknick« ein.
»Dunkler Wald«, Wurzner Straße
Standort: Volkmarsdorf-Ost, Wurzner Straße
Größe: 42.400 Quadratmeter
Vormalige Nutzung: Gründerzeitbebauung
Brache seit: 2003
Eigentümer: Stadt Leipzig und privat
Planung: Baulücken als öffentlich zugängliche Grünbereiche: »Dunkler Wald«
Der Osten galt Ende der neunziger Jahre als der vom Leerstand am schlimmsten betroffene Stadtraum. Der damalige Baubürgermeister Engelbert Lütke Daldrup sprach von »Transformationsfeldern«, die im Rückbau randstädtischer Quartiere entstehen sollten. Dazu gehören Waldinseln oder im Stadtplanerdeutsch »Freiraumelemente«, die »kleinteilig die Lücken der perforierten Stadt« füllen. »Dunkler Wald« erfüllt zudem die Vorgabe, »Bilder mit einfachen Mitteln zu erzeugen«. Wer heute die Wurzner Straße besucht, der sieht die Baumreihen, die schon etwas Dunkelheit vermitteln.
2003 begann die Umgestaltung. Dazu mussten die Besitzverhältnisse geklärt werden. Nordwestlich der Wurzner Straße erwarb die Stadt den Grund und Boden. Nach Abtragung der ruinösen Bausubstanz wuchsen »Starkbäume« wie Bergahorn und Gemeine Esche, die die vormalige Häuserkante nachempfinden lassen.
Schulze-Delitzsch-Straße
Standort: Volkmarsdorf, Schulze-Delitzsch-StraßeGröße: ca. 80.000 QuadratmeterVormalige Nutzung: GewerbegebietEigentümer: Deutsche BahnPlanung: u. a. Renaturierung
Entlang der Bahnstrecke befand sich das Areal bereits im Besitz der Deutschen Reichsbahn. Der Raum wurde in verschiedene Plätze eingeteilt, an denen sich unterschiedliche Firmen ansiedelten, darunter eine Kistenfabrik, eine Alteisengroßhandlung, Tankstellen bis hin zur Sauerkohlfabrik. 2014 zogen zwei Wagenburgen auf das Gelände. Hier ist eine Renaturierung geplant, Anwohner munkeln aber auch von einem Verkauf der riesigen Fläche im angesagten Hipsterviertel.