An dieser Stelle veröffentlichen wir das Editorial der Juni-Ausgabe des kreuzer. Chefredakteur Andreas Raabe berichtet, was es im neuen Heft zu lesen gibt.
Knapp 1 Million Euro zahlte ein Investor jüngst für eine Brache an der Eisenbahnstraße – deren Verkehrswert bei unter 80.000 Euro lag. Er wolle, sagte der Mann, das Grundstück gar nicht bebauen, zumindest nicht sofort, sondern es erst mal einfach brach liegenlassen (kreuzer 04/2018). Er spekuliert offenbar darauf, das Gelände bald mit Gewinn weiterzukaufen – und diese Spekulation ist ihm mehr als 900.000 Euro wert.
Das Zeit-Magazin schrieb jüngst in einem Porträt des Leipziger Bauunternehmers Christoph Gröner (CG-Gruppe) folgende Sätze: »Wer die Goldader seiner Epoche erwischt, hat die Chance, schnell reich zu werden« und »Früher waren es die Gründer der Handelshäuser, dann die von Discountern, später Softwareunternehmer, heute sind es auch Immobilienentwickler«. Gefüttert wird dieser Boom vom Kapital vieler kleinerer Investoren, meist westdeutsche Privatleute, die ihr Erspartes in sogenanntes Betongold anlegen wollen: Immobilien, die sie dann zu möglichst hohen Preisen vermieten wollen. In wenigen Monaten werden Hunderte dieser Luxuswohnungen in ganz Leipzig auf den Markt kommen. Riesige Anlagen entstehen am Lindenauer Hafen, am Connewitzer Kreuz, an der Erich-Zeigner-Allee – so gut wie jeder Neubau der letzten Jahre gehörte zum gehobenen Preissegment. Doch die Sache hat einen Haken: Wer soll all die Mieten weit jenseits der 1.000 Euro bezahlen in einer Stadt, in der das durchschnittliche Nettoeinkommen bei 1.280 Euro liegt?
kreuzer-Autor Clemens Haug hat sich mit der einsetzenden Überhitzung auf dem Leipziger Immobilien- und Grundstücksmarkt intensiv auseinandergesetzt. Er beschreibt in unserer Titelgeschichte eine Situation, die an den Boom der neunziger Jahre erinnert, der ab Mitte des Jahrzehnts zusammenbrach, riesige Pleiten verursachte (Jürgen Schneider) und so manchen insolventen Hausbesitzer zurückließ. Diesmal sei alles anders, sagen die Bauunternehmer. Und vielleicht haben sie ja recht – aber dafür müssten wir alle hier auch viel mehr verdienen (ab S. 16).
Jan Bojaryn: Ich gebs zu, ich habe da einen Bias, bin parteiisch – ja, man kann sich selbst und seine eigene Geschichte ja nicht wegzaubern. Aber! Dass nun ausgerechnet ein Autor aus dem Ressort Spiel zu meinen Lieblingsschreibern im kreuzer gehört, das hat nichts, aber auch gar nichts damit zu tun, dass ich anno dazumal von Chefredakteur Björn Achenbach damit beauftragt wurde, dem kreuzer ein Computerspielressort zu basteln. Nein, es hat damit zu tun, dass Jan Bojaryn ein verdammt guter Autor ist. Lesen Sie mal seinen Text über Einsamkeit und Computerspiel (S. 30), dann verstehen Sie vielleicht, was ich meine. Herr Bojaryn ist Autor nicht nur bei den großen und guten Spielmagazinen der Republik, sondern auch bei Zeit-Online und der Süddeutschen Zeitung, ab und zu taucht er auch bei Spiegel-Online auf. Ende April gewann Bojaryn den Medienpreis Games in der Kategorie Review für seinen Text »Seekrank im Büro« im WASD-Magazin. Glückwunsch!
Jennifer Stange: Auch bei dieser Personalie bin ich nicht ganz unbefangen, denn ich mag gute Reporter. Leute, die einen Blick dafür haben, was wichtig und interessant ist – und die dann auch dahin gehen, die vor Ort sind, wenn etwas Wichtiges oder Interessantes passiert. Das hört sich simpel an, ist es aber nicht. Jennifer Stange ist so eine Person, sie gehört zu den besten Reportern, die diese Stadt zu bieten hat. Ab diesem Heft verstärkt Stange den kreuzer als Politikredakteurin und auf dem wiederbelebten Posten der kreuzer-Reporterin. Zuletzt hatte Thyra Veyder-Malberg diese Position inne – auch sie eine der besten der Stadt. Jennifer Stange wird in Zukunft also fürs Politische zuständig sein und für lange Reportergeschichten in den Ressorts Magazin und Titel. Zudem denken wir uns gerade etwas Neues aus für den kreuzer – vielleicht, so ist der Plan, können wir es Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, im Herbst präsentieren.
Im Juni beginnt ja, gefühlt zumindest, der Sommer, oder? Also dann: Auf gehts!
Andreas Raabe