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Zu den Waffen

Ein Leipziger CDU-Politiker betreibt Lobbyarbeit für Waffennarren – gleichzeitig rüsten »Reichsbürger« und Rechtsextreme auf

  Zu den Waffen | Ein Leipziger CDU-Politiker betreibt Lobbyarbeit für Waffennarren – gleichzeitig rüsten »Reichsbürger« und Rechtsextreme auf

Rumballern als Volkssport, Amokläufe an Schulen, in Nachtclubs und Kinos – das ist Amerika. Die Deutschen schütteln den Kopf. Doch wenn es hart auf hart kommt, wenn das Sicherheitsgefühl leidet oder man gewappnet sein will im Kampf gegen die »BRD GmbH«, dann rüsten auch die Deutschen auf. Einer der Lobbyisten von Waffenbesitzern ist der Leipziger CDU-Abgeordnete Hermann Winkler.

Sind das die unbescholtenen Waffenbrüder, für die sich Winkler ins Zeug gelegt hat? Hermann Winkler hatte keine Zeit für ein Interview mit dem kreuzer, ließ er auf Anfrage mitteilen. Warum sollen Privatleute halbautomatische Waffen besitzen dürfen? Sollten waffenrechtliche Verfügungen nicht dem allgemeinen Trend der Selbstbewaffnung Rechnung tragen?

Allein in Leipzig wurden zum Stichtag 1. September 2017 knapp 1.800 Waffenbesitzer gezählt, die ihre Kanone auch in der Öffentlichkeit, beim Einkaufen zum Beispiel, oder beim Spaziergang im Park tragen dürfen. Dazu kommen knapp 6.000 Personen mit waffenrechtlicher Erlaubnis, die also eine scharfe Waffe besitzen dürfen. Plus 2.525 kleine Waffenscheine, deren Zahl sich von 2015 auf 2016 beinahe verdoppelt hat. Den Besitzern erlaubt er, Pfefferspray, Elektroschocker und Schreckschusspistolen bis auf wenige Ausnahmeorte mitzunehmen. Im genannten Zeitraum wurde ein besonders hoher Anteil an weiblichen Antragstellerinnen beim kleinen Waffenschein gezählt, was mit den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht 2015/16 in Köln zusammenhängen dürfte. Die scharfen Waffen bleiben natürlich Männersache. Leipzig ist die Stadt mit der zweithöchsten Anzahl von Personen mit waffenrechtlicher Erlaubnis im Vergleich zu anderen sächsischen Städten und Landkreisen. Erst 2016 wurden bei einer Bandenschießerei in der Eisenbahnstraße ein Mann getötet und zwei schwer verletzt.

Wo sind die gestohlenen Waffen?

Wer heute eine Waffe kaufen möchte – daran ändert auch das neue EU-Waffenrecht nichts –, muss nicht sonderlich zuverlässig sein, sondern vor allem unauffällig, heißt: der Polizei nicht weiter bekannt. Müssten nicht auch Phänomene wie die waffenverliebten »Reichsbürger« bedacht werden, wenn neue Gesetze geschnürt werden? Diese und andere schriftliche Fragen lässt Winkler schlicht unbeantwortet.

In einer seiner Pressemitteilungen schreibt er zum Thema: »Es macht keinen Sinn, illegale Waffen, mit denen zu 99 % Gewalttaten verübt werden, durch eine stärkere Reglementierung der legalen Waffenbesitzer zu bekämpfen.«

Woher Hermann Winkler das weiß, ist unklar. Denn offizielle Zahlen und Statistiken darüber, ob eine Waffe, mit der beispielsweise ein Mord begangen wurde, als Sportwaffe legal erworben wurde, gibt es schlichtweg nicht. Die Initiative »Keine Mordwaffen als Sportwaffen!« sammelt solche Daten darum selbst. Seit 1990 wurden demnach mehr als 240 Menschen mit Schusswaffen von Sportschützen getötet.

Winklers Argument, Waffen, mit denen Straftaten begangen werden, seien zumeist illegal erworben, ist auch deshalb schwach, weil jährlich Hunderte von Waffen als gestohlen oder abhandengekommen gemeldet werden. Seit Neuestem werden die im nationalen Waffenregister erfasst, und das gibt Anlass zur Besorgnis: In den letzten rund 40 Jahren wurden demnach rund 25.000 Waffen als vermisst gemeldet. Das ist natürlich ein langer Zeitraum, doch Schießeisen halten sich auch entsprechend lange und die Frage bleibt: Wo sind diese Waffen? Wo ist die MP5, die ein Leipziger Polizist 2016 auf einem Autodach vergessen hat?


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