Wegen inhaltlicher Entscheidungen und fehlender Verankerung in der Stadtgesellschaft stand Leena Pasanen immer wieder in der Kritik. Trotzdem kam die Meldung über ihren Abschied überraschend – nicht nur für Außenstehende.
Es war ein Dienstagnachmittag Mitte November, als die Pressestelle der Stadt Leipzig mitteilte, dass Dok-Chefin Leena Pasanen ihren Vertrag nach 2019 nicht verlängern wird. Ab 2020 wird sie das Biografilm Festival in Bologna leiten. Das kam auch für viele Mitarbeiter überraschend: Pasanens eigenes Pressebüro erfuhr erst durch einen Anruf des kreuzer vom gerade verkündeten Quasi-Rücktritt seiner Chefin.
Leena Pasanen fiel es nicht leicht, in Leipzig Fuß zu fassen, seitdem sie 2015 die Festivalleitung von Claas Danielsen übernahm. Ein Problem war die Sprachbarriere. Auch nach drei Jahren spricht sie immer noch nicht ausreichend Deutsch, um sich mit den Förderern und Gremien zu verständigen. Offizielle Schreiben und Anträge müssen erstmal umständlich übersetzt werden. Um administrative Dinge, die eigentlich ihre Aufgabe sind, kümmern sich andere.
Diesen Vorwurf äußerte Programmauswahlchefin Grit Lemke und verließ das Festival Ende 2016 nach mehr als 20 Jahren. Viele folgten ihr. Auch Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke sagte, dass es Pasanen versäumte, sich besser in der Stadtgesellschaft zu verankern. »Sie will sich nun anders orientieren, hat uns aber zugesichert, dass sie für die gesamte Vertragslaufzeit zur Verfügung steht, also auch das Festival 2019 noch einmal kuratieren und programmatisch verantworten wird.«
Viele warfen Pasanen vor, dass sie das Festival vor allem wirtschaftsnah ausgerichtet hatte. Inhaltliche Entscheidungen, wie etwa die Zusammenlegung der beiden Sparten Dokumentar- und Animationsfilm, wirkten undurchdacht und wurden mit viel Kritik aufgenommen. Diese Kritik teilt auch LVZ-Redakteur Norbert Wehrstedt: »Ich hatte das Gefühl, dass sich das Festival in den letzten Jahren zusehends von den Traditionen abkoppelt. Die Taube etwa, ist völlig aus den Logos verschwunden. Stattdessen ist die Dokwoche krampfhaft bemüht, szenig zu sein. Und das ist nicht das Leipziger Festival, das immer ein politisches Festival war.«
Auch wirtschaftlich geriet das Dok Leipzig unter Pasanen ins Trudeln. Sponsoren sprangen ab, am Ende klaffte ein Loch, das die Stadt Leipzig mit einer Erhöhung des Etats deckte. Trotzdem hält die Stadt an dem traditionsreichen Festival fest. Man arbeite daran, sagte Jennicke, den städtischen Zuschuss für das Dok Leipzig dauerhaft zu erhöhen.
Derweil bereitet man ihre Nachfolge vor, wie Skadi Jennicke erklärte: »Wir suchen jemanden mit internationalem Renommee, der auch in der Animations- und Dokumentarfilmszene gut verortet ist. Eine Haltung mitbringt, denn ich denke, der Dokumentarfilm ist nicht denkbar, ohne eine Haltung zur Welt. Das ist auch die Tradition des Festivals, dafür steht Dok Leipzig. Und wir suchen auch jemanden, der bereit ist, sich hier in der Stadtgesellschaft gut zu verankern und auch die wirtschaftlichen Geschicke gut in der Hand hält.«
Das Auswahlgremium wäre zudem gut beraten, jemanden zu finden, der oder die besser mit dem Festival verwurzelt und sich der langen Tradition des Dok Leipzig bewusst ist. Vielleicht wäre auch eine Trennung in Festivalleitung und Geschäftsführung denkbar, wie es gerade bei der Berlinale angestrebt wird.
Update: Die Pressestelle des Dok reagiert und stellt fest, dass die Mitarbeiter nicht durch den kreuzer vom Quasi-Rücktritt Pasanens erfahren haben, sondern vom kreuzer lediglich von der gerade erfolgten Pressemitteilung der Stadt, die den Quasi-Rücktritt ihrer Chefin verkündete, erfuhren.