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Von Romanen und Gebäuden

Verlagsbesuch bei der Edition Überland

  Von Romanen und Gebäuden | Verlagsbesuch bei der Edition Überland

Seit einem Jahr ergänzt die Edition Überland die Leipziger Verlagslandschaft. Zeit für einen Besuch bei der Verlegerin Kirsten Witte-Hofmann und ihren zwei Autoren

Im Jahr 2017 begann Kirsten Witte-Hofmann, die beim Leipziger Verlag E. A. Seemann als Lektorin gearbeitet hat und dort das Programm der Edition Leipzig betreute, darüber nachzudenken, einen eigenen Verlag zu gründen. Ende 2018 entstand so die Edition Überland und zog in ein Büro im Haus des Buches. »Ein neuer Verlag in Leipzig«, so steht es auf der Website der Edition Überland – dass hinter dieser schlichten Information drei Menschen mit vielen Ideen stecken, zeigt sich beim Gespräch im neuen Büro.

Witte-Hofmann besteht auf dem »Du« und hat Mineralwasser bereit gestellt, sie weiß, worauf es bei 34 Grad im Schatten wirklich ankommt. Auch die Autorin Barbara Handke ist anwesend, kurz nach knapp stürzt noch Autor und Stadtkenner Sebastian Ringel in den Raum. Alle schwitzen. Seit Jahren schon arbeiten Witte-
Hofmann und Ringel zusammen, haben 2014 »Die ganze Welt im Kleinen. Leipziger Geschichten aus 1000 Jahren« bei der Edition Leipzig herausgebracht.

»Mein neues Buch war bei der Edition Leipzig nie Thema«, erklärt der Autor, »also dachten wir, dann machen wir das einfach.« Die beiden planen das gemeinsame Projekt, Witte-Hofmann steigt bei Seemann aus, um den eigenen Verlag zu gründen – doch es gibt Schwierigkeiten.Nach dem Gründungscoaching geht es mit dem Businessplan zur Bank, die will aber nicht zahlen, sondern Zahlen sehen, die es nicht gibt. »An diesem Punkt hing ich monatelang, es hat Zeit gekostet, andere Finanzierungsmöglichkeiten aufzutun. Es gab immer wieder Kreisläufe, die man überhaupt nicht durchbrechen konnte, wo man einfach nicht weiterkam. Das Gute war wirklich: Irgendwann war das Buch einfach da und der Verlag hatte eine Grundlage bekommen.«

Witte-Hofmann strebt ein Profil mit zwei Schwerpunkten an: Regionales und Belletristik. »Ich wollte sehen, wie der Begriff ›Heimat‹ verwendet wird. Und den Ort oder die Region, in der man lebt, zu kennen, das ist etwas, was mir am Herzen liegt.« Ringels Buch wurde innerhalb von sechs Monaten das zweite Mal aufgelegt.

Vor allem möchte Witte-Hofmann von den Büchern begeistert werden, die sie herausbringt. »Sommergäste« von Barbara Handke war so ein Buch. Und auch die Autorin war gleich angetan von der Idee hinter der Edition Überland. »So wie ich Kirsten verstanden habe, geht es darum, Bücher zu machen, die ihr gefallen. Und das finde ich einen sehr schönen Anspruch. Weil viele Verlage, glaube ich, da ganz anders rangehen. Es ist immer sehr schwer für Autoren, überhaupt einen Verlag zu finden für Belletristik. Wenn man keinen großen Namen hat, dann ist das alles sehr kompliziert.«

Witte-Hofmann setzt auf enge Zusammenarbeit, denn der Verlegerin geht es vor allem darum, »mit anderen Menschen Bücher zu machen«. Die Festanstellung bei Seemann war ihr eine große Hilfe. »Ich habe wirklich viel gelernt dort und glaube, das braucht man auch ein bisschen, um so einen Verlag zu stemmen. Es gibt immer noch genügend Sachen, die ich nicht weiß und wo meine Kenntnis noch in den Kinderschuhen steckt. Deswegen bin ich wirklich ganz froh über dieses Angestelltendasein, das ich dort geführt habe.«

Auch Handke und Ringel schätzen die Atmosphäre, fahren mit zur Druckerei, organisieren Lesungen und Büchertische. Handke erinnert sich: »›Wo ist Norden‹ habe ich nach einer langen Zeit, die es bei einer Literaturagentur rumlag, dann einfach selbst publiziert. Insofern hätte es mir ein bisschen wehgetan, ein Buch einfach so wegzugeben und zu schauen, was rauskommt.«Und die nächsten Bücher sind natürlich auch schon in Planung. Ringel arbeitet an einem Nachfolgebuch, in dem er sich die Vorstädte Leipzigs vornimmt, und an einem Roman, den er »schon seit hundert Jahren« fertigstellen will. Witte-Hofmann bringt ein Sachbuch zum Thema »Arbeit in Sachsen« auf den Weg.

Zum Schluss diskutieren Ringel und Handke noch über die Architektur von Romanen und Gebäuden, der Postbote bringt einen Ventilator. Das letzte Wort hat die Chefin. Kirsten Witte-Hofmann: »Der Weg ist lang …« Barbara Handke: » … und kleinteilig.«


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