Leipzigs CDU-Chef zieht einen tierischen Vergleich, um zu erklären, wer »echter Leipziger« sei. Entweder hofft er auf Wählerstimmen vom rechten Rand, oder es ist ein weiteres Beispiel dafür, wie verbreitet rechtes Denken in Teilen der sächsischen CDU ist. Ein Kommentar.
Leipziger wird man durch Geburt. Man kann noch so lange in dieser Stadt leben, man bleibt Nichtleipziger. So lautet zumindest die Botschaft, die CDU-Politiker Thomas Feist am Abend der Oberbürgermeisterwahl verbreitete. Seine Äußerung bedeutete nicht nur eine weitere Volte einer ohnehin merkwürdigen Diskussion. Feists Wortwahl markierte einen tiefen Griff in die Mottenkiste rassistischer Rhetorik.
»Wenn eine Katze im Fischladen Junge bekommt, sind das dann Fische?« sagte er im Gespräch mit Leipzig Fernsehen über Burkhard Jung. Er wollte darstellen, dass der alte und neue Oberbürger, der seit 29 Jahren in Leipzig lebt, kein »echter« Leipziger sein könne – im Gegensatz zum hier gebürtigen CDU-Kandidaten Sebastian Gemkow. Diese Zuschreibung ist merkwürdig, passt aber in die Logik des personalisierten Wahlkampfs. Dieser wurde in den letzten Wochen auch darum geführt, wer die Stadt besser verstehe. Das könne nur, wer den Geist der Stadt von der schon in der Wiege eingesogen habe, so das Argument. Warum das auf Sebastian Gemkow zutreffen soll, der die letzten Jahre in Dresden arbeitete und für sein Landtagswahlsmandat nicht in Leipzig kandidierte, sondern in Nordsachsen verriet der Leipziger CDU-Chef Feist nicht. Auch dass er jeden Zugezogenen diskriminierte, störte ihn offenbar nicht. Ähnlich schon äußerte sich der AfD-Kandidat für die OBM-Wahl, Christoph Neumann, im kreuzer-Interview und erklärte, 60 Prozent der hier Lebenden seien »keine echten Leipziger«. Das Bild einer feindlichen Übernahme durch »Fremde« blieb im Raum.
Man kann dieses provinzielle Denken, nur Geburtsrecht mache einen zum »Vollbürger« lächerlich und kleinkariert finden. So laufen Identitätsdebatten eben ab. Problematischer jedoch ist das Sprachbild, das Feist benutzt. Er münzt einen Unterschied zwischen zwei Tierarten auf Menschen. Das ist biologistisch, ja rassistisch, weil dieses Bild entmenschlicht. Als mache es einen biologischen Unterschied, Leipziger zu sein oder nicht. Das ist kein schiefer Vergleich, sondern ein falscher und entmenschlichender Vergleich – von einem CDU-Politiker, der einst einem Deutschen die Staatsbürgerschaft absprechen wollte, weil dessen Eltern aus dem Iran stammen.
Übrigens zog der Verfassungsschutz Thüringen ein ganz ähnliches Sprachbild als Beweis heran, um der NDP Rassismus nachzuweisen. Sie zitierte die Neonazi-Partei mit: »Ein Kamel, das in einem Pferdestall geboren wird, das ist und bleibt ein Kamel und wird nicht einfach über Nacht oder weil es in einem Pferdestall ist zu einer Hengst oder zu einer Stute«. Die Ähnlichkeiten zwischen beiden Äußerungen sind deutlich.
Das ist eine eingeübte Wortwahl, die noch mehr aufstößt, weil Thomas Feist Beauftragter für jüdisches Leben in Sachsen ist. Als solcher hätte ihm auffallen müssen, dass die Übertragung tierischer Vergleiche auf Menschen nicht nur widerlich ist. Wohin solche rassistischen Tiraden und Ungleichwertigkeitsbehauptungen führen, musste man zuletzt beim Naziterror von Halle und Hanau sehen. Solche Sprachbilder machen Rassismus nicht erst salonfähig, er ist es durch sie längst. Die entmenschlichende Pointe musste auch Burkhard Jung schon erleben. So erhielt die Morddrohungen in der Vergangenheit auch, weil er als Nichtleipziger (und »Westdeutscher«) hier nichts zu suchen hätte. »Jung muss weg!«, hieß eine damals beliebte Parole, die auch im OBM-Wahlkampf als Unterton herauszuhören war.
Nein, Feists Aussage ist ist keine lässliche Lappalie, kein Stunt im Wahlkampf – und auch keine Entgleisung. Der Kurs ist gesetzt, die Rhetorik von AfD, Pegida und Co. wird bewusst bedient. Entweder, weil man damit auf Wählerstimmen hofft. Oder Feists mieser Vergleich ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie verbreitet rechtes Denken in Teilen der sächsischen CDU ist.