Fast wäre der Wunsch nach einem zentralen Platz für Filmkultur Wirklichkeit geworden, und dann erhöhten sich Kaufpreise. Die Bitte an die Stadt um Intervention blieb ungehört. Doch die Idee des Filmkunsthauses lebt.
Seit vielen Jahren träumt die Cinémathèque vom eigenen Haus. Bisher läuft der Kinobetrieb größtenteils in der Nato am Südplatz. Die »friedliche Koexistenz« in der Nato ist seit jeher alles andere als optimal, der Gestaltungswille groß, die Möglichkeiten sind eingeschränkt. Die Büroräume in unmittelbarer Nachbarschaft platzen seit Jahren aus allen Nähten. Mit dem Interim in der Kochstraße ist immerhin seit einem halben Jahr ein Raum für Experimente hinzugekommen. Der Wunsch nach einer »zentralen Plattform für das Thema Filmkultur«, die all das unter dem Dach eines richtigen Kinos vereint, bleibt.
2015 sah es so aus, als würde dieser Wunsch Wirklichkeit werden. Mit dem Verkauf der städtischen Skala in der Gottschedstraße eröffneten sich neue Möglichkeiten. Man entwickelte das spannende Konzept eines Kunst- und Kinohauses, scharte hochmotivierte Partner um sich, sicherte die Finanzierung und stellte das Haus auf wirtschaftlich tragfähige Beine. Doch dann wurde der Kaufpreis im Zuge des Immobilienbooms um zwei Drittel erhöht, von 840.000 auf 1,4 Millionen Euro aufgrund veränderter Bodenrichtwerte und der Attraktivität der Lage in der wachsenden Stadt. Zwar hatte es 2015 einen Stadtratsbeschluss zur Skala gegeben – der sagt allerdings nur, dass dort kulturelle Bewirtschaftung durch freie Träger akquiriert werden soll. Die Cinémathèque wandte sich an die Stadt, doch ihre Bitte um Intervention blieb ungehört.
Während der Verein auf eine Entscheidung wartete, ging die Suche nach Alternativen weiter. Gemeinsam mit der Feinkost wurde das Filmkunsthaus am neuen Standort entwickelt, in etwas abgespeckter Form, aber immer noch als großer Kulturort mit drei Kinosälen. Nach intensiver Vorbereitung kam Ende 2019 auch hier das Aus. Ein herber Rückschlag für den Verein. Doch der Blick geht voraus, die Suche nach einem neuen Standort weiter.
Mit intensiver Unterstützung der Stadt Leipzig werden derzeit vier alternative, für ein Filmkunsthaus mit überregionaler Strahlkraft relevante und vor allem verfügbare Standorte in Zentrumsnähe auf ihre Machbarkeit hin geprüft. Die kartografische Verbindungslinie verläuft zwischen Hauptbahnhof Westseite via Osten bis zur Südvorstadt. Bis zum Ende des ersten Quartals 2020 soll mittels einer Flächenpotenzialanalyse eine verbindliche Tendenz für einen neuen Standort herausgearbeitet werden. Diese Zeitschiene könnte zum Beispiel für das Dok Leipzig unter neuer Leitung von Christoph Terhechte ein wichtiges Signal sein hinsichtlich der dringend notwendigen Erschließung eines zusätzlichen filmkulturellen Raums für das Festival. Die Idee des Filmkunsthauses lebt. Leipzig bekommt ein Haus für Film. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern nur noch wann.