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Haltet durch!

Wie Künstler und Kulturarbeiterinnen versuchen, durch die Krise zu kommen – und wie es danach weitergehen kann

  Haltet durch! | Wie Künstler und Kulturarbeiterinnen versuchen, durch die Krise zu kommen – und wie es danach weitergehen kann

Das Herz der Stadt Leipzig ist ihr Kulturbetrieb. Seine Pause stürzt alle, die in ihm arbeiten, in ein plötzliches Loch – vor allem finanziell. Inzwischen sind Hilfen des Staates angekündigt. Hier berichten Leipziger Kulturarbeiter und Kulturarbeiterinnen, Selbstständige und Vertreter kleiner Läden und Bühnen von ihrer Lage und ihren Reaktionen kurz nach dem Shutdown des öffentlichen Lebens in der Stadt.

Und die Geigen spielen in c-MollAlina Bauer ist Geigerin. Neben ihrem Dasein als Bühnenmusikerin bringt sie dreißig Schülern verschiedener Altersgruppen das Geigenspielen bei. Aufgrund der aktuellen Lage ist sie gezwungen, viele Unterrichtstermine abzusagen. Allerdings plant sie, in Kürze auf Online-Unterricht umzusteigen. Per Videoanruf möchte sie dann versuchen, die Stunden für Musikschüler und Grundschulkinder weiterzuführen. Das, so sagt sie, sei ein großer Kompromissversuch, um die Einkommenseinbußen für Instrumentalpädagogen so gering wie möglich zu halten. Ein Versuch, dem sie nicht zuletzt kritisch entgegenblickt: »Zum Instrumentalunterricht gehört einfach auch das Empathische – im Sinne von körperlich einander nah zu sein und zu spüren, warum der Mensch Probleme mit der Handhabung hat.« Zugleich erkennt Bauer einen enormen Wert darin, auch weiterhin mit ihren Schülern zu arbeiten: »Für Kinder und Jugendliche ist es jetzt enorm wertvoll, dass sie ihren Instrumenten-Unterricht weiterhin bekommen. Denn die sitzen ja den ganzen Tag zu Hause und haben dann dadurch etwas zu tun. Und die Eltern haben eine Möglichkeit, um ihre Kinder zu beschäftigen.«

Zerstreuung und ZusammenhaltChristian Feist ist Booker im Tanzcafé Ilses Erika. Er ist Musikliebhaber, veranstaltet und unterstützt Partys und Konzerte. Nach den ersten offiziellen Bekanntmachungen von Stadt und Land schloss die Ilse dann Mitte März offiziell ihre Türen. »Das wirkt sich extrem aus. Im Sinne von 100 auf 0. Ein paar Tage kein Betrieb bedeutet: Pleite«, berichtet der 39-Jährige. Jeder geschlossene Abend, an dem normalerweise Programm gewesen wäre, sei ein gravierender Verlust. Währenddessen vernetzt sich das Ilses Erika mit anderen Räumen, sie versuchen sich gegenseitig den Rücken zu stärken. »Wir haben uns mit anderen Gastro- und Kultureinrichtungen zusammengeschlossen und versuchen, auf legalem Wege bei den Entscheidungsträgern Ausgleich zu erhalten.« Außerdem versucht das Ilses-Erika-Team, im digitalen Raum weiterzumachen. »Wir werden Live-Streams aus dem Ilses Erika übertragen«, erklärt Feist. »Dabei wird es auch eine Spendenoption geben.« Den Kulturbetrieb so weit wie möglich aufrechtzuerhalten, ist Feist wichtig. »Natürlich hat die Gesundheit Priorität, aber genauso brauchen wir Zerstreuung und sozialen Zusammenhalt.«

Kein Theater machen»Je nachdem, wie lange keine Veranstaltungen mehr stattfinden dürfen, stehen wir als Ensemble und als Theater vor einem riesigen Problem«, sagt Max Latinski. Er studiert Dramaturgie an der HMT und arbeitet unter anderem am Ost-Passage Theater als Regisseur, Dramaturg und Autor. Dass die Maßnahmen auch ihn und sein freies Ensemble Jedermann treffen würden, hätte er zunächst nicht gedacht: »Am Sonntagnachmittag haben wir noch entschieden, den Probenbetrieb mit kleinen Einschränkungen weiterlaufen zu lassen, die Entwicklungen des Folgetages haben uns dann aber dazu veranlasst, vorerst und bis auf Weiteres alle Proben abzusagen.« Eine schwierige Entscheidung, immerhin liefen die Proben für die beiden im Mai und Juni Premiere feiernden Stücke auf Hochtouren. Dass insbesondere staatliche Theater sehr früh Veranstaltungen abgesagt haben, hält er für richtig. Dennoch findet er verständlich, dass vor allem kleine Spielstätten der Freien Szene lange gezögert haben, bevor sie Veranstaltungen strichen. Nicht zuletzt habe dies auch monetäre Gründe; so auch im Falle seines Ensembles: Es müssten zwar keine Gehälter gezahlt werden, allerdings habe die Truppe bereits Geld in die Produktionen gesteckt. Latinski befürchtet, dass infolge der Maßnahmen entweder die Probenzeiten nicht ausreichen oder dass die Theater bis zur Premiere nicht wieder geöffnet sind. »Sollten wir deshalb Vorstellungen absagen müssen, würde das erhebliche finanzielle Einbußen bedeuten und sich negativ auf die Finanzierung der nächsten Projekte auswirken.« Was sein Ensemble angeht, bleibt Max Latinski trotz der düsteren Umstände optimistisch: »Wir kämpfen ja für gemeinsame Werte und haben außerdem sehr viele Enthusiastinnen in unseren Reihen. Ich habe jetzt auch schon aus dem Ensemble gehört, dass es wohl Textproben via Skype geben soll. Das finde ich eine sehr witzige Idee und gleichzeitig ein wichtiges Signal, dass wir trotzdem weitermachen.«

Wenn die Türen wieder öffnenFrank Schletter vom Theater Pack berichtet: »Schwer zu sagen, was die Situation letztendlich für Folgen haben wird – allgemein und fürs Theater Pack speziell. Wir sind, wie der größere Teil von Leipzigs Freier Szene, von finanziellen Förderungen jeglicher Art ausgenommen, machen trotzdem seit 15 Jahren Theater und in den letzten fünf – seitdem wir unseren kleinen Theaterladen in der Kohlgartenstraße beleben – auch sehr viel mehr als das. Der Laden auf Zeit ist dort zu einer kleinen Kulturinsel geworden, einer offenen Begegnungsstätte (mit vielen kostenlosen und niederschwelligen Angeboten), deren warmherzige Atmosphäre uns schon jetzt schmerzlich fehlt, ganz abgesehen von den Einnahmen … Um die Ladenmiete zu stemmen und unsere eigenen Brötchen zu verdienen, haben wir ausschließlich die Eintrittsgelder und momentan schlicht und ergreifend keinerlei Vorstellung davon, wie deren Wegfall kompensiert werden kann. Verschärfend kommt hinzu: Unsere intensiven Sommertheater-Monate finanzieren von jeher den Rest des Jahres mit; Anfang April liefe die Werbung und intensive Vorbereitung dafür an, doch weder wir selbst noch die Häuser, bei denen wir gastieren, wissen momentan, was von allem Geplanten übrig bleibt. Kurz: Wir hoffen, wir sind noch da, wenn sich die Türen allseits wieder öffnen können. Wie das funktionieren kann, weiß sicher gerade niemand.«

Die Goldenen halten zusammenFabian Schuetze leitet die in Leipzig ansässige Konzertagentur »Golden Tickets«. Zu seinen Klienten zählen Künstler wie Sarah Lesch, Martin Kohlstedt oder Max Prosa. »Aktuell verschieben wir all unsere Konzerte für den März, April und Mai in Richtung Herbst. Über den Daumen gepeilt sind das 50 bis 60 Shows«, sagt Schuetze. Bisher gelingt es ihm und seinem Team, die Zahl der Komplettabsagen minimal zu halten. Viele Auftritte lassen sich retten, auch weil die Solidarität in der Branche groß ist, wie Schütze sagt. Dort hofft man vor allem, dass die Festivalsaison wie geplant stattfinden kann. »Festivals können nicht so einfach verschoben werden, die werden eher abgesagt«, erläutert Schütze. Das würde jedoch den Verlust von Gagen im sechsstelligen Bereich bedeuten. Geld, mit dem viele Künstler fest rechnen. »Wenn die Festivals fallen, würde das den Status massiv ändern«, sagt Schuetze. Er selbst schätzt die Bemühungen der Politik, das Virus einzudämmen, bisher relativ gut ein. Auch für sich und sein Unternehmen sieht er noch keine Gefahr. Im Notfall könnte er von den Krediten und auch vom Kurzarbeitergeld profitieren. Sorgen macht Schuetze sich um die Künstler. »Was kommt am Ende raus für die, die das letzte Glied in der Kette sind, die Freiberufler, die Kreativen?«, fragt er am Telefon. Und schiebt gleich hinterher, dass er die Hoffnung nicht aufgibt. »In dieser Situation, die sowieso schon schwierig und zäh ist, wäre eine miese Stimmung richtig schlecht«, sagt er. Noch halten sie zusammen, die Agenturen, die Veranstalter und das Publikum, das nur selten von seinem Recht gebraucht macht, gekaufte Tickets zurückzugeben.

Abwarten und Blumen pflanzenKaroline Günst wohnt seit 2016 in Leipzig und ist Stück für Stück immer mehr in die hiesige freie Theaterszene hineingewachsen. »Das BaföG ist nun alle«, scherzt sie, »jetzt muss ich nur noch die Bachelorarbeit schreiben, um danach Vollzeit als Schauspielerin arbeiten zu können.« Im Moment lebe sie eigentlich immer direkt von der Hand in den Mund. Dass es ernst wird, realisierte sie, als alle großen Theaterhäuser ihren Betrieb einstellen mussten. Dann waren plötzlich auch die kleinen Kulturstätten dran. Für Günst mussten deswegen eine Premiere an den Cammerspielen und auch eine Wiederaufnahme im Werk 2 vorerst ins Wasser fallen. »Natürlich werden sich die Ausfälle auch finanziell bemerkbar machen«, sagt sie. »Auch wenn ich mir keine goldene Nase damit verdient hätte, rechne ich immer im Voraus mit Einnahmen. In beiden Fällen wäre das Geld natürlich erst nach gespielten Vorstellungen berechnet worden.« Am ärgerlichsten findet sie aber, dass die Energie, die Kreativität und die Zeit, die in die Produktionen gesteckt wurden, nicht vor dem Publikum Erfüllung finden können. Den Leerlauf wird sie nun versuchen sinnvoll zu nutzen. »Ich werde jetzt doch schon direkt anfangen, die Bachelorarbeit zu schreiben. Das Erste, was ich heute gemacht habe, war, Blumen und Erde zu kaufen – von dem Geld, was ich dann hoffentlich in ein paar Monaten nach überstandener Krise wieder verdienen werde. Ich kann gar nichts anderes tun außer abwarten und Blumen pflanzen.« In der Zwischenzeit wünscht die Schauspielerin sich gegenseitiges Achtgeben und Lösungsansätze von Seiten der Regierung, vor allem für Freischaffende und Kleinbetriebe. »Ich hoffe auf viele weitere solidarische Projekte. Also bitte ich euch, wenn ihr Karten für Veranstaltungen gekauft habt, spendet das Geld, anstatt es zurückzuverlangen – und wenn die Kulturbetriebe wieder offen haben, rennt die Theater ein!«

Elefantenohren auf EbayOb beim Chanson-Abend oder mit Klezmer-Trio, die Sängerin Karolina Trybala ist normalerweise auf der Bühne zu finden. Wenn nicht dort, gibt sie Workshops, tourt mit einem interkulturellen Musikprojekt durch Schulen oder unterrichtet an der Theaterakademie Sachsen. All das ist nun abgesagt. Als Freiberuflerin brechen ihr sämtliche Honorare weg. Die Sängerin versucht, auch in dieser Situation das Positive zu sehen: »Ich habe Zeit für Dinge, die sonst zu kurz kommen: Neue Liedideen entstehen, ich hätte Lust, ein Video aufzunehmen oder ins Studio zu gehen«, sagt sie. Gleichzeitig muss sie überlegen, wie sie finanziell klarkommt. So hat sie angefangen, einige ihrer Instrumente und Equipment zu verkaufen. Und noch eine weitere Idee kam ihr: Sie bietet Pflanzen aus ihrem Wohnzimmer bei Ebay-Kleinanzeigen an. »Diese schönen großen Elefantenohren sind ja gerade sehr hip. Also werde ich jetzt zur Elefantenohrenzüchterin.« Spaß beiseite – auch Trybala hofft auf Unterstützung seitens der Politik: »Die Kultur ist die Würze des Lebens, Nahrung für die Seele. Das wäre jetzt eine Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen, was die Kunstschaffenden der Gesellschaft bedeuten.«

Gejammert wird nichtViele seiner aktuellen Aufträge seien jetzt »einfach verpufft«, sagt Carlo Vivary. Der Illustrator entwirft Plakate für Musiker und Musikerinnen und erhält seit Tagen eine negative Botschaft nach der anderen. Sein Design für die Welttournee einer australischen Rockband ist fertig, die Tour ist abgesagt. Auch Aufträge für andere Bands aus den USA oder Neuseeland brechen ungeplant weg. Neue Jobs scheinen erst einmal nicht in Sicht. »Ich habe grad komplett gar kein Geld mehr, musste mir schon Geld bei Freunden leihen«, sagt Vivary. Er fürchtet, dass er als Freiberufler nun Hartz 4 beantragen muss, denn seine ursprüngliche Notoption als Tresenkraft falle mit der Schließung von Bars nun ebenfalls weg. Nach einem Krisentreffen musste Vivary nun auch das für Ende April geplante Busy Hands-Fest absagen, ein Poster- und Musikfestival, das er gemeinsam mit anderen Künstlern organisiert. Zahlreiche Künstler und Bands sollten aus dem Ausland nach Leipzig anreisen. Das Crowdfunding für die Veranstaltung lief seit Wochen und musste jetzt abgebrochen werden. »Wir waren auf einem sehr guten Weg, hatten schon fast drei Viertel des Fundingziels erreicht«, sagt Vivary. An dem Plan festzuhalten, fühle sich in der aktuellen Situation aber falsch an. Jammern möchte Carlo Vivary trotzdem nicht. »Es gibt immer noch Leute, denen es schlechter geht. Ich muss mir nur Sorgen um mich selbst machen«, betont er und verweist auf Freunde und Geschäftspartner in den Musikagenturen, bei denen zahlreiche Mitarbeiter um ihre Existenz fürchten.

Das Licht bündeln»Die meisten Leute wissen nicht, was in der Veranstaltungsbranche an Background steckt, an Menschen, die davon leben, abseits der Künstler auf der Bühne«, sagt Tino. Der Lichttechniker gehört zu den Menschen, die als Erste von den Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus betroffen waren. »Der Staat hat uns von heute auf morgen auf null gesetzt, da ist die Branche komplett kollabiert«, erzählt er am Telefon. Seitdem ist einiges geschehen. Viele Techniker, die bei Shows oder auf Messen arbeiten, haben sich zusammengeschlossen. Es gab Schreiben an den Bundestag und an Verdi. »Ich habe den Eindruck, dass die Politik uns jetzt wahrnimmt«, sagt Tino, »aktuell scheint es so, dass wir Unterstützung bekommen werden.« Ein oder zwei Monate könne er mit seinen Rücklagen durchkommen, glaubt Tino. Danach müsste es für ihn weitergehen. Tino hofft auf ein möglichst baldiges Ende der Krise. Darauf, dass das Wave-Gotik-Treffen im Mai stattfinden kann. Und er vertraut auf den Staat. »Wir müssen uns vielleicht etwas gedulden und das wird schwer für die, die keine Rücklagen haben, aber ich glaube jetzt einfach mal, dass wir am Ende unterstützt werden«, sagt er. Die Zeit ohne Konzerte möchte er dazu nutzen, sich weiterzubilden und sein Material zu warten. »Meine Hoffnung ist, dass, wenn es weitergeht, wir uns vor Arbeit nicht mehr retten können und unsere Branche einen riesigen Aufschwung erleben wird. Daran halte ich mich gerade fest und daran glaube ich jetzt.«

Illegal mit MoralBenni organisiert illegale Musikveranstaltungen in Leipzig. Ebenso wie er haben sich alle ihm bekannten Clubs und Veranstalter zwangsweise schnell auf die Lage eingestellt und zeigen nun klare Kante: »Mittlerweile ist es so, dass wir alle Veranstaltungen aus moralischen Gründen kollektiv abgesagt haben. Vor allem, weil man ein gewisses hygienisches Maß in Clubs und auf Veranstaltungen einfach nicht erfüllen kann.« Wie die meisten in seinem Bekanntenkreis kann auch Benni derzeit nicht auf andere sonst übliche Verdienstmöglichkeiten wie Messebau, Booking oder Festivalorganisation zurückgreifen. »Das zieht allen Leuten, mit denen ich gerade zu tun habe, den Boden unter den Füßen weg. Weil wir ja auch nicht wissen, wie lange das noch so geht.« Benni befürchtet, dass viele der Clubs die Krise nicht überleben werden. Hart treffe es vor allem diejenigen, die höhere Geldsummen in ihre Projekte investiert haben und nun trotz des Ausfalls Kredite abzahlen müssen. Trotz allen Übels, so glaubt er, habe die Situation aber auch schöpferisches Potenzial: »Auf einmal kann man sich Dingen widmen, die man sonst nicht schafft. Die Leute werden kreativ, halten zusammen. Man vernetzt sich: Die Produzenten produzieren mehr Musik, die Veranstalter reden miteinander darüber, was sie in Zukunft besser machen können, und es entstehen Ideen für Podcast-Reihen. Aber irgendwann muss natürlich wieder Geld verdient werden.«

Frühling hofft auf SommerMiriam Pfeiffer von der Kinobar Prager Frühling sagt: »Ich sehe das pragmatisch, denke absolut solidarisch und weiß um schlimmere, dramatischere Schicksale. Ansonsten können wir einige Monate überbrücken – so hoffe ich. Ich wünsche mir einfach, dass es vorbeigeht, ohne Hysterie und Chaos. Und ich freue mich auf den Sommer.«

»Ein Vierteljahr kann man das schaffen, dann hört alles auf«
Facetiming mit BarockviolineDer Barockviolinist Ian Carlos Herrera ist Absolvent der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig. Er arbeitet freiberuflich, unterrichtet regelmäßig Geige an der Clara-Schumann-Musikschule Leipzig und gibt Konzerte mit verschiedenen Orchestern in Deutschland. Das Ausmaß der Coronavirus-Krise hat er früh zu spüren bekommen. »Anfang März habe ich nach dem ersten Probentag in Frankfurt die Nachricht erhalten, dass das Konzert, das zwei Tage später stattfinden sollte, abgesagt wurde«, erzählt der gebürtige Chilene. »Es war eines von neun Konzerten, für die ich innerhalb von vier Tagen eine Absage bekam.« Das war der Moment, in dem ihm klar wurde, welche verheerenden Auswirkungen die Situation auf die Kultur haben würde. Auch der Zeitpunkt der Krise ist für freiberufliche Musiker wie Herrera denkbar ungünstig. Denn viele Konzerte finden um Ostern statt, während die Monate davor eher eine Durststrecke für viele Musiker sind. Die etlichen Absagen machen seine finanzielle Situation sehr unsicher, bisher hat er rund 2.000 Euro verloren. »Jeden Tag erhalten wir neue Informationen. Zuerst hieß es noch, ich könne meine Schüler weiter unterrichten, dann war die Sprache von Video-Call-Unterricht.« Herrera kann sich digitalen Unterricht gut vorstellen, ist dankbar für das Angebot: »Aber das funktioniert auch nicht bei jedem Schüler.« Wie es für ihn weitergeht, ist ungewiss. »Wir versuchen, alles in Ordnung zu bringen, unsere Steuern zu organisieren und unser Leben zu sortieren«, berichtet er. »Es ist unglaublich, wie fragil Kunst und Kultur sind«, sagt er. Um sie zu stärken, wünscht der Violinist sich Hilfe von der Politik. »Menschen, die wie ich auf Honorarbasis arbeiten, werden jetzt nicht bezahlt, wir sind auch durch die Künstlersozialkasse und die Deutsche Orchestervereinigung noch nicht genügend abgesichert.« Außerdem hofft er, dass die Gesellschaft in der Quarantänezeit erkennt, wie wichtig Kunst im täglichen Leben ist. »Wir müssen uns um sie kümmern, wenn wir eine gute Lebensqualität wollen.«

Tanzschule auf Video»Die Situation ist natürlich total schwierig und sehr verwirrend«, sagt Sebastian Weber. Der Tänzer ist, als Leiter einer Tanzschule und einer Tanzkompanie, gleich doppelt von den Auswirkungen des Coronavirus betroffen. Webers Tanzschule Flugfisch bleibt vorerst geschlossen. »Wir haben das eigenverantwortlich gemacht«, erklärt Weber, der zunächst darauf wartete, ob es eine Anweisung von Seiten der Behörden geben würde. Doch die kam nicht. »Wenn man die Sicherheitsempfehlungen des Robert-Koch-Instituts einhalten möchte, dann kann man eine Tanzschule nicht weiter betreiben«, so Weber. Der Mindest-abstand, fehlende Desinfektionsmittel, zu enge Umkleidekabinen – die potenziellen Kontaktstellen sind zu zahlreich, das Risiko zu hoch. Weber fragt sich jetzt, wie es mit seiner Tanzschule weitergehen wird. Besonders über die rechtliche Lage herrscht bei ihm und seinen Kollegen große Unsicherheit. Viele Fragen sind ungeklärt. Vor allem danach, was mit den Beiträgen der Mitglieder geschieht, die jetzt keine Stunden nehmen können. Von der Antwort auf diese Frage hängt für Weber einiges ab. Bleiben die Beiträge aus oder muss er sie zurückzahlen, würde das für seine Schule einen massiven Schaden bedeuten. Für die Dozenten, die bei Flugfisch arbeiten, ist dieser Schaden längst da. »Die meisten haben außer dem Unterrichten und den Projekten, in denen sie auftreten, keine weiteren Einnahmequellen. Denen fällt über Nacht alles weg. Da herrscht eine große Ratlosigkeit«, erzählt Weber. Auch in seiner Tätigkeit als Choreograf einer eigenen Tanzkompanie gehört Weber zu den Leidtragenden der aktuellen Situation. Die Honorare, die dort gezahlt werden, sind Auftrittshonorare. Das heißt: Ohne Auftritte gibt es kein Geld für die Tänzer. Dazu kommt, dass viele von ihnen verteilt über ganz Europa arbeiten. »Wir haben aktuell Leute aus unserer Company, die sind am falschen Ort geparkt und kommen von dort nicht mehr weg, weil die Grenzen geschlossen wurden«, erläutert Weber. Von der Politik erhofft er sich Zuschüsse, irgendwann. Kredite oder Kurzarbeitergeld helfen ihm in seiner Situation nicht weiter. Bis Entscheidungen über Förderungen getroffen und rechtliche Unsicherheiten beiseite geräumt werden, macht Weber weiter. Auf dem eigens eingerichteten Flugfisch TV Kanal werden er und seine Mitarbeiter in den nächsten Wochen Podcasts und Tanzvideos zur Verfügung stellen.

»Wenn die Kulturbetriebe wieder offen haben, rennt die Theater ein!«
Kapitalismus in Zeiten von CoronaJacqueline Boom-Boom ist eine multidisziplinäre Künstlerin aus Leipzig. In erster Linie arbeitet sie als Sängerin und Performerin, aber schafft auch Gemälde, Dokumentarfilme und Schriften. Die Erkenntnis, dass die derzeitige Situation Auswirkungen auf sie haben wird, kam ihr erst nach und nach. »Mittlerweile mache ich mir große Sorgen, vor allem in finanzieller Hinsicht«, meint sie. Sie sei sich bewusst, dass es viele gibt, die sich in einer noch schwierigeren Lage befinden als sie selbst. Gleichzeitig treffe es aber eben Kunstschaffende sehr hart. »Ich erhalte Absagen für zukünftige Auftritte. Die Tatsache, dass alle Veranstaltungen auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt sind, sind lähmende Bedenken.« In dieser prekären Lage, betont die Performerin, befinde sich die Kulturszene aber nicht erst seit der Krise: »Die meisten meiner kreativen Freunde und Freundinnen sind von der Funktionsweise des kapitalistischen Systems zutiefst betroffen.« Nur jetzt spitze diese sich eben zu. »Meine Miete ist überfällig, andere Zahlungsfristen rücken näher. Ich versuche, mit kreativen Mitteln diese Krise zu ›überleben‹ und dennoch in der Lage sein zu können, anderen in Not geratenen Menschen zu helfen.« Denn das Wichtigste seien jetzt Einheit und Gemeinsamkeit. Während sie sich wünsche, dass sich die Menschen nun auf lokaler Ebene mehr vernetzen und organisieren, sieht sie aber auch die staatliche Ebene in der Pflicht: »Regierungen und Gesundheitsbehörden müssen jetzt alles in ihrer Macht Stehende tun.«

Keine Kirche der WeltDie Passionszeit ist eigentlich Hochsaison für die Sopranistin Isabel Schicketanz. Sie hat sich auf Alte Musik spezialisiert und arbeitet freiberuflich mit verschiedenen Ensembles wie Opella Musica, der Gaechinger Cantorey und der Lautten Compagney Berlin. Schon lange im Vorfeld waren zahlreiche Passionskonzerte gebucht. »Jetzt dürfen wir unsere Arbeit nicht mehr machen. Wir sind arbeitslos«, sagt sie. Für abgesagte Konzerte werden nur in den allerwenigsten Fällen Ausfallhonorare gezahlt. Bis zuletzt hatte Schicketanz noch gehofft, zu einem Projekt nach Holland reisen zu können. Das Konzert hätte in einem Live-Stream gesendet werden sollen. Doch mit den Reisesperren kommt auch das nicht mehr in Frage. Auch die freie Zeit für CD-Aufnahmen zu nutzen, ist nicht mehr möglich: »Wir werden in keine Kirche der Welt mehr reingelassen, wenn wir zehn Leute sind oder auch weniger.« Die Sängerin hofft nun, dass von politischer Seite schnell Hilfe kommt und dass vielleicht auch die Künstlersozialkasse unterstützen kann.

Hier spielt die MusikAls selbstständige Fachkraft für Veranstaltungstechnik mit Spezialisierung auf Tontechnik betreut Leon Bands, Clubs und Theater in Leipzig. Die Ausfälle des Kulturbetriebs treffen ihn hart: Auf unbestimmte Zeit, aber mindestens bis Mai sind ihm innerhalb weniger Tage sämtliche Aufträge weggebrochen. Auch die Hauptsaison, die mit ihren Festivals und Outdoor-Events einen Großteil der Jahreseinnahmen innerhalb der Branche ausmacht, steht bis auf Weiteres auf wackligen Beinen. Als Selbstständiger gestalte sich die Lage besonders prekär, erklärt Leon: Trotz der ausbleibenden Einnahmen stehen weiterhin Fixkosten an. Die wenigsten Veranstaltungstechniker könnten auf Rücklagen zurückgreifen, weil generell immer zu wenig Geld da sei. »Ein bis zwei Monate Verdienstausfall bedeuten bei den meisten, die ich kenne, eine Privatinsolvenz. Deswegen bin ich auch kein großer Fan der Kreditlösungen, die bisher vom Bund verabschiedet wurden. Wie soll ich einen Kredit abbezahlen, wenn ich mir noch nicht mal eine Einzahlung in die Rentenkasse leisten kann?« Leon ist sich sicher: Bis die Veranstaltungen wieder regulär stattfinden, müssten sich Veranstaltungstechniker vorübergehend andere Jobs suchen oder Arbeitslosengeld beantragen. Er glaubt auch, dass diese Phase des kulturellen Stillstands Folgen haben wird: »Sowohl im Hinblick auf Honorare und Ticketpreise als auch auf das generelle Kulturangebot. Ich bin gespannt, wie viele Venues es nicht mehr geben wird, sobald Veranstaltungen in der Zukunft wieder zugelassen werden. Ja, es klingt etwas pessimistisch, aber das hört sich für mich durchaus realistisch an.«

Die Todsünden stehen stillDorothea Wagner studiert im Master »Theaterwissenschaft transkulturell« an der Universität Leipzig und ist seit 2013 in der freien Theaterszene aktiv. Sie befand sich mit ihrem Stück »Die sieben Todsünden« an den Cammerspielen eigentlich gerade in der Endprobenphase, am 27. März hätte die Premiere stattfinden sollen. Wann genau das Stück nun aufgeführt wird, ist noch nicht klar. »Die Entscheidung der Cammerspiele und des Landes, den Theaterbetrieb einzustellen, finden wir wichtig und nachvollziehbar«, erklärt Wagner. »Zudem haben wir es im Ensemble als unsere Verantwortung gesehen, keinen Anreiz für eine größere Versammlung zu bieten, und stellen uns momentan auf eine Premiere Ende April oder im Mai ein – aber jetzt heißt es erst mal abwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt.« Monatelange Herzblutarbeit ist zum Stehen gekommen, die Frustration ist groß. Auch mit finanziellen Einbußen müssen die Regisseurin und ihr Ensemble jetzt rechnen, sie verlieren die Einnahmen aus dem Eintritt. Dabei hat Wagner im Vergleich zu anderen freien Theatermachenden noch ›Glück gehabt‹: »Die Lebensgrundlage fällt für viele andere komplett weg, besonders, weil die oft schlechte Förderlage selten eine angemessene Bezahlung bedeutet. Gerade jetzt wird die grundsätzliche prekäre Lage, in der die Freie Szene ist, deutlich aufgezeigt.« In dieser angespannten Situation wünscht sich Wagner vor allem eines: »Es muss klare Ansagen und Unterstützung durch die Regierung geben. Gleichzeitig hat jede und jeder soziale Verantwortung.« Sie erkennt die schwierige Lage der kleinen Häuser und Veranstaltungsorte, die stark auf Eintrittseinnahmen angewiesen sind. »Wie werden die kleinen Veranstaltungsorte überleben?«, fragt sie sich. »Land und Bund müssen schnell reagieren und sich solidarisch zeigen mit der Kunst- und Kulturszene.«

Alles nicht so easyDie Leipziger Band Me On Monday arbeitet gerade an ihrer neuen EP, die im Sommer erscheinen soll. »Unsere Mission ist es, wieder mehr Pop Punk auf die Bühnen der Republik zu bringen«, sagt Frontsänger Marius Henschel. Aber nun wird der Jahresplan der Band auf den Kopf gestellt. »Die Absage der Leipziger Buchmesse hat uns das erste Mal richtig aufhorchen lassen. Erst dachten wir, dass uns der Ausfall von Veranstaltungen nicht wirklich betreffen würde, da wir ›glücklicherweise‹ keine Shows mit über 1.000 Zuschauenden spielen.« Doch als immer kleinere Veranstaltungen abgesagt wurden, wurde Henschel schnell klar, dass die Pandemie auch die Band einschränken wird. Eine ungewöhnliche Zeit: »Konzerte wurden abgesagt, Veranstaltende sind verständlicherweise zögerlich geworden, was für uns konkret weniger Angebote für die nächsten Monate bedeutet«, erklärt Henschel. »Auch zwei Musikvideo-Drehs, die für die nächsten Wochen angedacht waren, müssen wir verschieben.« Die Situation wird auch finanzielle Rückschläge für Me On Monday zur Folge haben. »Aber viel wichtiger sind die coolen Momente, die wir leider verpassen«, betont der Sänger. »Konzerte sind für uns die Belohnung für die ganze Arbeit, die wir in die Band stecken. Dass die zunächst nicht mehr möglich sein werden, müssen wir erst noch realisieren.« Me On Monday wollen in der Zwischenzeit optimistisch bleiben. »Wir verbringen viel Zeit im Studio, haben gerade unsere Single ›So Easy‹ veröffentlicht. Wahrscheinlich werden wir auch Songs für die Zukunft vorproduzieren.« Henschel plädiert für Solidarität mit denjenigen, die es noch härter getroffen hat. »Wenn ganze Touren ausfallen, Ticket- und Merchandise-Einnahmen komplett wegbrechen, haben die Acts ein echtes Problem«, meint er besorgt. Bei bereits gekauften Tickets für Konzerte oder Veranstaltungen sollte man sich daher zweimal überlegen, ob man das Geld zurückerstattet haben möchte. Denn damit sei nicht nur den Bands, sondern auch den Crews und den Locations extrem geholfen. Aber natürlich liegt die Verantwortung nicht nur bei den Musikfans: »Die Bundesregierung muss die Musikszene auf jeden Fall in ihre Hilfeleistungen einschließen, wenn wir weiterhin ein breites Kulturangebot haben möchten.« In der Zwischenzeit bleibt Me On Monday wenigstens der digitale Auftritt: »Wir freuen uns natürlich, wenn unsere Musik jetzt besonders viel gehört wird und für gute Laune in diesen Zeiten sorgt.«

»Es ist unglaublich, wie fragil Kunst und Kultur sind«
Kein Kissen im HelmutDas Helmut Kohlektiv hat seit Mitte März offiziell geschlossen. Keine Veranstaltungen und auch keine Kunstausstellungen mehr. Die Kuratorin Maeshelle West-Davies versucht Hoffnung zu behalten, will so bald wie möglich weitermachen mit der Kunst im Osten. »Vom 15. bis 22. Mai findet die ›Art Go East‹-Biennale statt.« Dort will das Helmut, wie so viele andere kleine Venues, teilnehmen. Derzeit ist die Lage dagegen angespannt. »Unser jetziger Künstler hatte keine Finissage«, erzählt die Kuratorin. »Und unsere nächste Künstlerin wird überhaupt kein Publikum haben. Sie ist aus Australien angereist und wird ihre Kunst trotzdem bei uns installieren, um wenigstens Fotografien der leeren Ausstellung zu haben. Das ist traurig.« Das Helmut ist als gemeinnütziger Verein nicht profitorientiert und daher stark abhängig von Spenden. »Sonst können wir unsere Miete nicht bezahlen – und wenn wir nicht offen haben, gibt es gewöhnlich auch keine Spenden.« Währenddessen sieht West-Davies, dass man in anderen Staaten anscheinend schon besser mit der Krise umzugehen weiß als hierzulande. »Frankreich friert gerade Mieten ein. Das würde uns auch erhebliche Erleichterung verschaffen.« Denn wenn hier untätig geblieben wird, sieht sie drastische Folgen: »Leipzig steht an der Kippe, viele kleine alternative Räume zu verlieren. Wir haben kein finanzielles Polster, das uns absichert.«

Solidarische Insel»Wir hoffen, dass die Leute solidarisch sind, die Schwächsten auf dem Schirm haben, keinen Scheiß bauen und einfach mal zu Hause bleiben«, sagt Markus vom Conne Island. Für ihn steht jetzt schon fest, dass nicht alle Menschen gleichermaßen unter den Auswirkungen der Pandemie leiden werden. Seine Gedanken sind bei den ohnehin schwachen, kranken, armen, alten, wohnungslosen Menschen und bei denjenigen, die keine Papiere haben; bei denen, die durch das soziale Sicherungsnetz fallen, wie auch bei Menschen in Gefängnissen und den Eingesperrten in Flüchtlingslagern. »Mit diesem Wissen ist jedes Handeln, welches die Ausbreitung des Virus verhindert, solidarisches Handeln.« Die Einschränkung des sozialen Lebens, die Schließung von Clubs und Kulturzentren wie dem Conne Island findet Markus vernünftig. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass der Zwang, zu Hause zu bleiben, für viele Frauen, die mit häuslicher Gewalt zu kämpfen haben, das Grauen bedeutet. Für das Conne Island sei die Situation insbesondere im Hinblick auf Mitarbeiter, Veranstaltungsplanung und die Community herausfordernd: »Für viele Leute bricht mit der Schließung des Ladens ihr wichtigster sozialer Treffpunkt weg. Darüber hinaus verlieren alle Menschen, die bisher freiberuflich im Conne Island gearbeitet haben, ihre finanzielle Lebensgrundlage.«

Rücklagen aus besseren ZeitenDas Puppentheater Sterntaler ist eine Leipziger Institution. Seit 1997 wird die Spielstätte rein privat von den Puppenspielern Frank Schenke, Meike Kreim und dem Ehepaar Wilmi und Wolfgang Gerber betrieben. Abwechselnd leiten sie die Stätte. Ihre Stücke zeigen sie jedoch nicht nur in Leipzig, sondern treten damit in ganz Deutschland auf. Zumindest bis vor Kurzem war das so. Jetzt ist erst einmal alles abgesagt. Meike Kreim hat gerade noch mit einem Theater in Brandenburg telefoniert. Dort haben die Behörden bis zum 30. Juni alle Spielstätten geschlossen. »Mir gehen dadurch bis Mitte April 9.000 Euro verloren«, erzählt Kreim. Als Mitbesitzerin des Sterntaler ist Kreim in einer besonders schwierigen Situation. Einerseits bleiben die Einnahmen aus. Andererseits müssen die laufenden Kosten für das Theater weiter bezahlt werden. Die reichen von Mieten für die Requisiten bis zu Beiträgen für die Künstlersozialkasse. »Das sind schon mal 1.100 Euro, die man im Monat dafür braucht«, sagt Kreim. Noch hat die Puppenspielerin Rücklagen aus besseren Zeiten. Doch die schrumpfen und ein Ende ist nicht in Sicht. »Ich glaube, das geht nicht nur uns Künstlern so«, sagt Kreim, »da sind ganz viele von betroffen. Selbstständige, die jetzt schauen müssen, wie es für sie weitergeht. Je weniger sie zurücklegen konnten, desto schneller wird die Situation für sie bedrohlich.« Bei der Frage, wie lange Kreim selbst durchhalten könne, zögert sie einen Moment. »Genau weiß ich das auch nicht. So ein Vierteljahr kann man das vielleicht schaffen, aber dann hört auch alles auf. Dann ist man vielleicht wirklich am Ende«, sagt sie. Damit es dazu nicht kommt, hofft sie auf Unterstützungen von staatlicher Seite und auf viele Zuschauer, wenn die Theater irgendwann wieder öffnen.


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1 Kommentar(e)

Götz 09.04.2020 | um 10:19 Uhr

Danke für diesen sehr guten Beitrag. Ich war immer nur Publikum ...