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»Wir haben große Visionen«

Museumschefin Annegret Hänsel zur Situation des Unikatum

  »Wir haben große Visionen« | Museumschefin Annegret Hänsel zur Situation des Unikatum

Im Kindermuseum in Plagwitz gehen Kinder den Ursprüngen der Dinge auf den Grund. Im kreuzer-Interview spricht Geschäftsführerin Annegret Hänsel über Altersunterschiede und ihre Arbeit in der Pandemie. Hier veröffentlichen wir das Interview aus der Februar-Ausgabe (02/21) des kreuzer.

kreuzer: Wie sind Sie mit dem Museum bisher durch die Corona-Pandemie gekommen?Annegret Hänsel: Der erste Lockdown im letzten Jahr war ein Schock. In zehn Jahren ist es noch nie vorgekommen, dass wir nicht in der Lage sind, durch Eintrittsgelder unsere Miete zu erwirtschaften. Wir haben dann Lösungen gefunden. Als aber der Lockdown verlängert wurde und unsere Zuschüsse aufgebraucht waren, wusste man eben wieder nicht, wie es weitergehen soll. Rückwirkend gesehen haben wir es irgendwie finanziert, aber wie genau – das hätte man im Vorfeld nicht planen können.

kreuzer: Wie finanzieren Sie sich normalerweise?Hänsel: Wir bekommen eine institutionelle Förderung der Stadt Leipzig. Die umfasst ungefähr ein Viertel unseres Gesamtumsatzes. Damit können wir etwa zwei Drittel unserer festen Personalkosten bestreiten. Was wir normaler-
weise nicht davon bestreiten können, sind zum Beispiel die Personalkosten der ganzen Leute, die uns drumherum noch unterstützen. Diese Kosten decken wir überwiegend durch Eintrittsgelder sowie Projektfördermittel, um die wir uns jeweils einzeln bemühen müssen. Das ist schon regulär eine knifflige Sache und jetzt noch komplizierter.

kreuzer: Was unterscheidet ein Kindermuseum von einem Museum für Erwachsene?Hänsel: Ein Kindermuseum ist ein Ort, wo man sich damit auseinandersetzen kann, was unser Menschsein, unsere Welt heute ausmacht. Und das Ganze eben auf eine für Kinder verständliche Weise. Darin steckt allerdings schon das erste Dilemma, weil Kinder nicht gleich Kinder sind. Sie sind je nach Alter sehr unterschiedlich. Das Verständnis für Themen beginnt mit dem Grundschulalter, vorher ist es eher ein spielerisches Entdecken. Wir versuchen Kindern verschiedenen Alters etwas zu bieten.

kreuzer: Wie gelingt das?Hänsel: Ich würde das mal an einer einzelnen Station skizzieren. Wir haben im Frühling unser Foyer umgebaut und eine Augmented-Reality-Box aufgestellt. Das muss man sich wie einen interaktiven Sandkasten vorstellen, wo man sich eine Landschaft baut, indem man einfach mit den Händen im Sand wühlt. Über einen Beamer sieht man dann die ganzen Höhenstufen, kann die Landschaft mit virtuellem Wasser beregnen lassen und schauen, wie sich Flüsse und Seen bilden. So eine Science Center Station spricht eine sehr breite Zielgruppe an.

kreuzer: Was macht das Unikatum für Sie aus?Hänsel: Wir wollen vor allem Themen darstellen, die man nicht unmittelbar anfassen kann. Wir hatten schon Ausstellungen zu Themen wie Liebe oder Gefühlen. Wir wollen dazu anregen, sich damit auseinanderzusetzen. Wie ist etwas entstanden, wie könnte ich es verändern? Oder wie kann ich wertschätzen, dass etwas so ist, wie es ist? Im Prinzip ist es eine Inspiration zu mehr Achtsamkeit gegenüber den Dingen, die uns täglich umgeben, und dazu, sich mit eigenen Ideen zu beteiligen.

kreuzer: War das auch Ihr Ziel, als Sie das Museum 2010 eröffnet haben?Hänsel: Ja. Was mir damals aber noch nicht so klar war: diese große Bandbreite, die man durch die unterschiedlichen Altersgruppen der Kinder überbrücken muss. Wenn man noch keine Kinder hat, neigt man dazu, zu sagen: »Na, wir machen das eben für Kinder.« Und wenn man dann selbst welche hat, die sich Jahr um Jahr sehr individuell entwickeln und immer wieder neue Interessen haben, erkennt man erst die Größe dieses Spektrums.

kreuzer: Finden Sie generell, dass ein Museum seine Besucher auch unterhalten sollte?Hänsel: Unbedingt. Man geht ja in seiner Freizeit irgendwohin, weil man sich inspirieren lassen möchte, möglichst leicht und mühelos neue Eindrücke gewinnen will. Ich würde sagen, dass eine wirklich gute Bildung auch gute Unterhaltung ist, vorausgesetzt, dass man das Gelernte dann auch mal anwenden kann.

kreuzer: Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?Hänsel: Wir haben große Visionen. Wir wollen den Standort ausbauen und den Hof unter dem Motto »Outdoor-Museum« umgestalten. Als neue Jahresausstellung wollen wir die wechselvolle Geschichte des Geldes neu erzählen. Das Thema finanzielle Bildung finde ich essenziell für Heranwachsende. Gerade jetzt, wo sich viele fragen, wie unser Geldsystem weiterbestehen wird, ist es besonders spannend, zu fragen: Wie ist das entstanden, was wir heute vorfinden?


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