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Kultur

Blaues Wunder

Blumenstadt: Die Bundesgartenschau ist mit Erfurt am richtigen Ort

  Blaues Wunder | Blumenstadt: Die Bundesgartenschau ist mit Erfurt am richtigen Ort

Die steigenden Temperaturen machen es möglich: Endlich wieder raus in die Natur. Deren Reichtum kann man demnächst auch auf der Bundesgartenschau in Erfurt bewundern. Insgesamt 6.000 Pflanzensorten können dort von April bis Oktober bestaunt werden. Der Text aus der April-Ausgabe des kreuzer.

Als Leipzigs Karriere als Handelsstadt noch in der Ferne lag, blühte in einer anderen bereits das Feilschen um Taler und Pfennig. Das 1.280-jährige Erfurt machte einst der Waidhandel reich und berühmt, wovon die bekannte Krämerbrücke noch heute zeugt. Die blau färbende Pflanze, das blaue Wunder, um die sich Färber reichsweit rissen, gedieh auf dem fruchtbaren Boden des Thüringer Beckens besonders gut. Während der Ruf, Merkurs Geliebte zu sein, mit ausgehendem Mittelalter nach Leipzig wanderte, blieb Erfurt Stadt des grünen Daumens. Hier schuf der Saatgutpionier Christian Reichart die Grundlagen für den Gartenbau im 18. Jahrhundert. 
Daran soll die Bundesgartenschau (Buga), die von April bis Oktober zu besuchen ist, mit mehr als 6.000 Pflanzensorten an historischen Stätten erinnern und zugleich Zukunftsperspektiven aufzeigen.

Im Gartenbaumuseum auf der Cyriaksburg ist zu erfahren, wie man es richtig anstellt mit Pergola und Rosenhecke. Es wurde im Rahmen der Buga-Eröffnung komplett modernisiert und ist nun barrierefrei zu erreichen. »Multimediale Räume und Szenografien zeigen, warum die Pflanzen heute so sind, wie sie sind«, sagt Buga-Pressesprecherin Christine Karpe. »Es wird zu erleben sein, wie sie vom Feld bis in den Supermarkt gelangen.« Dieses Stück Umwelt- wie Lebensmittelbildung könnte den Ausgangspunkt bilden für den Buga-Rundgang. Denn es ist Teil der ehemaligen Zitadelle Cyriaksburg, die heute hübsch eingebettet ist ins Gelände der Erfurter Gartenbau-Ausstellung (EGA). Auf diesem riesigen Parkgelände fanden früher auch grüne Messen statt, weshalb hier immer noch entsprechende Hallen stehen. Es gibt Spielplätze, Pflanzhäuser und eine Schmetterlingshalle, die an sich schon den Ausflug wert sind – auch Fans von DDR-Architektur werden belohnt.

»Wie können wir den denkmalgeschützten Park erhalten und weiterentwickeln?« ist laut Sprecherin Karpe die leitende Idee gewesen. Statt kurzfristige Spektakel abzufackeln, sollten nachhaltige Verschönerungen und Attraktionen geschaffen werden. Daher wurde auch die ursprünglich geplante Seilbahnanlage nicht realisiert – nach einer Prüfung hielt man sie für übertrieben.

Neues Herzstück soll ein Wüsten- und Urwaldhaus werden, das auch Alt und Neu verbindet. Denn es entsteht an der Stelle, wo früher die sogenannte Rendezvousbrücke stand – eine breite Betonbrücke an der Zentralgaststätte, die den Überblick übers Areal und das Sehen-und-gesehen-Werden ermöglichte. Ein ähnliches Bauwerk führt jetzt ins »Höllenloch der Schöpfung«. Als solches gilt die Danaktil-Wüste, die der künstlichen Welt den Namen lieh. Hier sind zwei Klimazonen vereint: Wenn man das todtrockene Wadi verlässt, betritt man plötzlich einen Urwald. »Verschiedene Protagonisten können die Besucher hier bei der Suche nach Wasser begleiten. Sie lernen Überlebensstrategien kennen, lernen etwas über die ungleiche Verteilung«, erklärt Karpe die Idee hinter der Schau, die auch nach der Buga erhalten bleibt.

Zahlreiche andere Pflanzattraktionen sind auf dem Gelände zu finden, von dem eine Tramfahrt oder ein kleiner Spaziergang zum Petersberg führt, der am Altstadtrand liegt. Einst hielten hier die Mainzer Stadtherrn die aufmüpfigen 
Erfurter in Schach. Jetzt hat man einen herrlichen Blick – auch auf das erhabene Ensemble von Dom und Severikirche. Zur Buga wurden auf dem Festungsgelände vom Kloster- bis zum Landschaftsgarten verschiedene Areale angelegt, die die historische Entwicklung der Gartenkunst anschaulich machen.

Erfurter Zwerg, Juniriese, Brauner Trotzkopf: Es sind verschiedenste Nutzpflanzen zu sehen, alte Sorten und 
bewährte Züchtungen, über hundert Gemüsesorten. In der Gegenüberstellung von historischen und modernen Pflanzen wird jenseits der grünen Romantisierung auch von der industriellen Produktion und ihren Folgen zu erfahren sein. Blühstreifen und Streuobstwiesen verdeutlichen als Insektenparadiese die Wichtigkeit der Biodiversität. Aus dem Festungsgraben grüßt eine ganz besondere Pflanze. Hier wächst jener Waid, dem die Stadt ihren Reichtum im Mittelalter verdankt und ihren Ruf als Hort des Gartenbaus – das blaue Wunder.


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