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Zuflucht im Kindergarten

»Klein« möchte Kindern Mut machen, die unter häuslicher Gewalt leiden

  Zuflucht im Kindergarten | »Klein« möchte Kindern Mut machen, die unter häuslicher Gewalt leiden

Mit »Klein« widmet sich das Theater der Jungen Welt dem Thema häusliche Gewalt. Entwickelt wurde das Stück in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Kinderschutzbund. Es soll ein Hilfsangebot für die ganze Familie darstellen, ergänzt wird es durch ein Begleitprogramm.

Viel ist auf der Bühne nicht zu sehen: Die Schauspielerin Luise Audersch sitzt zwischen einem niedrigen drehbaren Tisch und einer Stehlampe, behängt mit Girlanden. Aus einer Bauchtasche zaubert sie eine Tasse, das ist Klein. Klein lebt bei seinen Eltern Groß (eine Vase) und Stark (eine Tasse), meist ist sein Leben gut, dann krault ihm seine Erzieherin Frau Traulich sogar den Bauch. Doch manchmal kippt die Stimmung zwischen Groß und Stark und zu Hause kommt es zum Streit.

Regisseurin Julia Brettschneider hat »Klein« für das Theater der Jungen Welt (TdJW) adaptiert. Als Vorlage diente ihr dabei das gleichnamige Buch der Autorin Stina Wirsén, das anhand der Geschichte eines jungen Wusels von häuslicher Gewalt erzählt. Kein leichtes Thema für einen klassischen Theaternachmittag.

»Der Rahmen für dieses Stück ist ganz klar die Kita«, findet Brettschneider. So hat sich das TdJW in Absprache mit dem Kinderschutzbund dazu entschieden, »Klein« erst einmal nur dort zu zeigen. »Was wir da machen«, erklärt Brettschneider, »ist Theater mit einer Aufgabe.«

Diese lässt sich so umschreiben: Kinder sollen dazu ermutigt werden, sich an ihre Erzieherinnen zu wenden, wenn sie in ihrem Alltag Übergriffe erleben. Um die Geschichte dicht an die Lebenswirklichkeit ihrer jungen Zuschauer zu bringen, hat sich Regisseurin Brettschneider entschieden, statt mit niedlichen Puppen mit Alltagsgegenständen zu arbeiten. In der Inszenierung ist etwa Frau Traulich ein Wollknäuel, das immer wieder seinen Faden schützend um die Gruppe legt.

Susann Pruchnik arbeitet für den Leipziger Kinderschutzbund und stand dem Theaterteam während der Proben als Expertin zur Seite. Im Gespräch verweist sie darauf, wie »unheimlich verantwortungsvoll« die Kitas mit dem Stück und den darin behandelten Themen umgehen müssen. Immerhin könnten noch Tage später Rückfragen der Kinder kommen, Eltern sich durch Inhalte und Botschaft von »Klein« vor den Kopf gestoßen fühlen.

»Wir wollen aber, dass das Ganze als Hilfsangebot wahrgenommen wird«, sagt sie, »manche Familien haben es gerade besonders schwer und es ist wichtig, ihnen zu vermitteln, dass dieses Stück nicht gegen sie arbeitet. Damit das funktioniert, muss man es auf mehreren Ebenen begleiten.« Gemeinsam haben TdJW und Kinderschutzbund in den letzten Wochen ein Begleitprogramm zur Aufführung entwickelt. Dieses besteht aus Fortbildungsangeboten für die Erzieherinnen und Erzieher, der Möglichkeit eines Elternkurses sowie einem Paket mit Infomaterial. Die große Sensibilität, mit der das Team um »Klein« an sein Thema herangegangen ist, spiegelt sich auch im Stück selbst, wo Schauspielerin Audersch eine gute Balance findet zwischen dem ernsten Anliegen und kurzen spielerischen Momenten, die dem Publikum Zeit geben, Luft zu holen und sich zu beteiligen. Bei einer virtuell abgehaltenen öffentlichen Probe zeigten sich die anwesenden Erzieherinnen begeistert von der halbstündigen Inszenierung.

»Wir freuen uns, wenn sich Menschen, die an einer Aufführung in ihrer Einrichtung interessiert sind, bei uns melden«, betont Pressesprecherin Nina Kühne. Wann »Klein« zum ersten Mal wirklich vor Kindern aufgeführt werden kann, stand bei Druckschluss noch nicht fest. So musste die geplante Kita-Premiere Ende April, aufgrund der hohen Inzidenzen, verschoben werden. Auf die Frage, ob sich Julia Brettschneider auch eine digitale Version vorstellen könne, schüttelt sie den Kopf. Dazu seien die behandelten Inhalte zu sensibel. Eine Einschätzung, der sich Susann Pruchnik anschließt. Sie befürchtet, dass die Aufführung auf dem Bildschirm im falschen Rahmen geschaut werden könnte. Dabei sei es wichtig, dass die Kinder mit dem Stück nicht allein gelassen werden. Schließlich würde es so seine Botschaft verfehlen, die am Ende von Luise Audersch deutlich verkündet wird: Die Großen haben die Aufgabe, sich um die Kleinen zu kümmern – und sich Hilfe zu holen ist in jedem Fall der richtige Weg.


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