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Stadtleben

»Impfen macht soziales und kulturelles Leben wieder möglich«

Thomas Fabian über die Leipziger Impfkampagne und die mobilen Impfteams

  »Impfen macht soziales und kulturelles Leben wieder möglich« | Thomas Fabian über die Leipziger Impfkampagne und die mobilen Impfteams

Ende dieses Monats werden die sächsischen Impfzentren geschlossen. Impfungen erfolgen weiterhin in Arztpraxen, die Stadt setzt in Kooperation mit dem Kommunalen Eigenbetrieb Engelsdorf außerdem mobile Impfteams ein, welche die Menschen direkt vor Ort impfen sollen. Im Gespräch mit dem kreuzer erklärt Bürgermeister Thomas Fabian, warum dieser Schritt richtig ist und wie man noch nicht Geimpfte erreichen könnte.

kreuzer: Wie ist die Impfkampagne bisher angenommen worden? Thomas Fabian: In den Monaten nach dem Impfstart gab es beim Impfzentrum auf der Neuen Messe eine hohe Nachfrage. Viele haben sich sehr darum bemüht, einen Termin zu bekommen, als es noch nicht genügend Impfstoff gab. Mittlerweile gibt es mehr Impfstoff und weniger Nachfrage. Wir wollen die Impfquote weiter erhöhen. Es geht jetzt darum, Menschen davon zu überzeugen, dass es klug und sinnvoll ist, sich impfen zu lassen.

kreuzer: Wie genau haben Sie die mobilen Impfungen organisiert? Fabian: Die mobilen Teams haben ja ursprünglich angefangen, in Altenpflegeheimen zu impfen. Dort sind jetzt fast alle geimpft, deshalb stehen die mobilen Teams auch für andere Orte zur Verfügung. Und ich bin sehr froh, dass sie auch noch bis Ende des Jahres in Stadtteilen eingesetzt werden können. Mit den mobilen Impfteams in Stadtteilen werden niedrigschwellige Gelegenheiten geschaffen, die es einfach machen, sich impfen zu lassen. Die Terminvergabe ist jetzt entfallen, man kann sich ohne Anmeldung impfen lassen. Wir machen sehr gute Erfahrungen, viele Menschen haben das Angebot bereits angenommen. Wir haben viel Werbung gemacht, zum Beispiel in den sozialen Medien. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kommunalen Eigenbetriebs Engelsdorf haben Zehntausende Info-Flyer in Briefkästen rund um die Impforte verteilt.

kreuzer: Wenn Sie Bilanz ziehen, würden Sie von einem Erfolg sprechen? Fabian: Ja, wir haben viel erreicht, sind aber noch nicht zufrieden. Es wird davon ausgegangen, dass fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung Impfgegner im engeren Sinne sind, die sich nicht impfen lassen wollen. Es gibt außerdem Menschen, die sich aus unterschiedlichen Gründen bisher noch nicht haben impfen lassen. Entweder, weil sie beruflich eingebunden sind, weil ihnen die Wege zu weit waren oder weil es ihnen vielleicht zu anstrengend war, einen Termin zu organisieren. Oder weil sie möglicherweise noch skeptisch sind gegenüber den Impfungen, auch wenn sie nicht kategorisch dagegen sind. Impfen macht soziales und kulturelles Leben wieder möglich. Da kann noch so viel getestet werden, eine Impfung schützt uns und unsere Mitmenschen am besten und trägt dazu bei, die Pandemie einzudämmen. Wenn wir uns die derzeitigen Zahlen ansehen, dann sind die meisten Personen, bei denen positive Testergebnisse vorliegen, nicht geimpft. In der letzten Woche waren in Leipzig 82 Prozent der 244 positiv Getesteten nicht geimpft, 18 Prozent waren geimpft. Impfskeptiker glauben vielfach, dies zeige, dass eine Impfung nicht wirkungsvoll sei. Das ist ein Irrtum, die Impfungen sollen ja vor allem vor schweren Verläufen schützen.

kreuzer: Und wie erreicht man die Menschen, die Impfungen generell verweigern? Fabian: Wer wirklich meint, die Pandemie sei erfunden und Covid-19 nicht gefährlich, wird kaum zu erreichen sein. Auch wer grundsätzlich Impfungen ablehnt, zeigt sich für wissenschaftliche Fakten meist wenig aufgeschlossen. Die Zielgruppe, die wir durch inhaltliche Argumente erreichen müssen, sind die Zögerlichen, die wenig Interessierten und diejenigen, die falsch oder zu wenig informiert sind. Ich kann mir auch vorstellen, dass diejenigen, die geimpft sind, ihrem Umfeld darüber berichten, dass es einfacher ist, kulturelle Angebote anzunehmen oder zu verreisen. Das kann ja auch zu einem Umdenken führen.

kreuzer: Wie stehen Sie zu einer Impfpflicht? Fabian: Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist, eine Impfpflicht einzuführen. Aber dass diejenigen, die geimpft sind, einen größeren Freiraum haben, das halte ich für richtig.

[caption id="attachment_129105" align="alignright" width="206"] Bürgermeister Thomas Fabian[/caption]

kreuzer: Sie haben es bereits angesprochen. Die mobilen Impfteams werden noch bis Ende des Jahres aktiv sein. Wie geht es denn dann weiter in den nächsten Wochen und Monaten? Fabian: Die mobilen Impfteams werden in erster Linie genutzt, um weitere Impfangebote in verschiedenen Stadtteilen zu machen. Wir werden aufgrund bisheriger Erfahrungen die Impfangebote noch klarer strukturieren. Die mobilen Impfteams werden an den Orten sein, wo die Nachfrage am größten ist, an festgelegten Wochentagen. So lässt sich das Impfangebot auch leichter kommunizieren.

kreuzer: Die Impfquote in Sachsen ist relativ niedrig im deutschlandweiten Vergleich. Trotzdem werden die Impfzentren jetzt geschlossen. Reicht es denn aus, mit mobilen Impfteams vor Ort zu sein? Fabian: Die Nachfrage bei den Impfzentren hat leider in den letzten Wochen erheblich abgenommen, so dass diese weniger ausgelastet sind. Insofern ist es schon ein geeigneter Weg, mobile Impfteams einzusetzen, um die Menschen leichter zu erreichen. Wenn wieder kurzfristig viele Menschen geimpft werden müssen, dann wird es wahrscheinlich wieder Bedarf für Impfzentren geben. Aber so, wie die Situation jetzt aussieht, kann davon ausgegangen werden, dass mit den Arztpraxen und den mobilen Impfteams in den nächsten Wochen und Monaten ausreichend Kapazitäten vorhanden sind.

kreuzer: Haben Sie einen Überblick darüber, wie viele Menschen geimpft wurden? Fabian: In Leipzig wurden bisher 625.000 Erst- und Zweitimpfungen durchgeführt. Daraus kann aber noch nicht geschlossen werden, wie hoch die Impfquote in Leipzig ist, man muss zwischen Impf- und Wohnort unterscheiden. Viele Leipzigerinnen und Leipziger haben sich außerhalb von Leipzig impfen lassen, um schnell einen Termin zu bekommen. Ich habe Ministerien, Krankenversicherungen und das Robert-Koch-Institut angeschrieben, um genaue Zahlen zu bekommen. Aber es ist offenbar sehr aufwendig, die gemeldeten Daten nach Postleitzahlen und nach Alter aufzugliedern. Ich hoffe, dass das in der Zukunft möglich sein wird. Die Kenntnis über Impfquoten in den Stadt- und Ortsteilen ist wichtig, um gezielter präventiv tätig zu werden. Wir brauchen eine geeignete Datengrundlage für eine mittel- und langfristige Strategie der Pandemiebekämpfung.


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