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Kultur

Geschichte subjektiv

Die Kinostarts der Woche

  Geschichte subjektiv | Die Kinostarts der Woche

Das UT Connewitz lädt in dieser Woche zur »Balkan Film Week« mit Filmen aus Südosteuropa. Im Programm: Aktuelle Spielfilmproduktionen sowie klassische aber auch experimentelle Formen des Dokumentarfilms, die die konfliktreiche und ideologiegesättigte Geschichte und Gegenwart der verschiedenen Staaten des Balkans reflektieren.

»Balkan Film Week«: 27. Februar bis 1. März, UT Connewitz

Film der Woche: Es sind verwirrende Zeiten für den kleinen Buddy. Der Junge wächst im Belfast der späten sechziger Jahre auf. Unbeschwert spielt er mit seinen Freunden in der Straße. Zu Hause kümmern sich die Großeltern liebevoll um den Kleinen. Die Mutter muss sich derweil mit den Rechnungen auseinandersetzen, während sein Vater die meiste Zeit in London arbeitet und nur an den Wochenenden heimkehrt. Buddys Welt ändert sich dramatisch, als die Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten eskalieren und die britische Polizei hart durchgreift. Plötzlich wird von allen verlangt, eine Position zu beziehen und in den eigenen Reihen zu stehen. Für Buddys Familie stellt sich die Frage, ob sie das Land verlassen sollten. Doch der Schritt, das vertraute Umfeld hinter sich zu lassen und irgendwo neu anzufangen, ist für alle schwer. Kenneth Branagh verarbeitet mit »Belfast« seine eigene Familiengeschichte. Über den Nordirland-Konflikt ist bereits viel gedreht worden, Branagh wählt einen sehr persönlichen Zugang und kann sich auf eine starke Besetzung verlassen, die den Film emotional trägt. In ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Bildern und mit dem Soundtrack jener Zeit schafft er ein gutes Gefühl für die stürmischen Jahre, als das Land unter einer schweren Wirtschaftskrise litt und die Fronten sich verhärteten. Ein mitreißendes Werk, das mit sieben Oscarnominierungen Favorit der diesjährigen Verleihung ist.

»Belfast«: ab 24. Februar, Passage Kinos, Regina Palast

 

Sam Ali ist im Jahr 2011 in Syrien lautstark für Freiheit eingetreten und deshalb ins Fadenkreuz der Regierung geraten. Er flieht in den Libanon, seine Freundin Abeer nutzt die Bekanntschaft zu einem Diplomaten, um nach Belgien zu gelangen. Auch Sam hätte nun die Chance, ein Visum nach Belgien zu erhalten, wenn er dem Künstler Jeffrey Godefroy als lebende Leinwand dient. Er lässt sich darauf ein und bekommt von Godefroy ein Schengen-Visum auf den Rücken tätowiert, ein politisches Statement, das in Europa schließlich das Interesse von Menschenrechtsverbänden, aber auch das von Kunstliebhabern weckt. Der zweite Langspielfilm der tunesischen Regisseurin Kaouther Ben Hania wurde im vergangenen Jahr für den Auslands-Oscar nominiert und in Venedig ausgezeichnet. Er enthält einige wirklich starke Aussagen und Szenen, wenn er seinem Publikum vor Augen führt, was es bedeutet, »im richtigen Teil der Welt geboren« zu sein, oder dass Handelsobjekte in unserer Zeit viel freier in der Welt zirkulieren können als Menschen. Angelehnt ist die Geschichte an die Rückentätowierung des Künstlers Wim Delvoye (der hier einen kurzen Gastauftritt hat), dessen lebendes Objekt Tim im Jahr 2008 an einen Privatsammler verkauft wurde. Gegen Ende steigert sich die Filmhandlung zunehmend ins Absurde und kann das Niveau nicht immer halten. Was bleibt, ist ein wichtiges Statement zum Thema Unterdrückung.

FRANK BRENNER

»Der Mann, der seine Haut verkaufte«: ab 24.2., Cinémathèque in der Nato, Passage Kinos

 

Richard Williams (Will Smith) überlässt nichts dem Zufall. Die Tennis-Karriere seiner beiden Töchter Venus (Saniyya Sidney) und Serena (Demi Singleton) hat der engagierte Familienvater Schritt für Schritt durchgeplant. Für die Kinder sieht er das als einzige Chance, es in der weißen Gesellschaft zu etwas zu bringen. Dafür stehen sie allerdings auch Tag und Nacht auf dem improvisierten Feld im von Bandenkriegen geprägten Compton. Während die Nachbarn Richard für verrückt erklären und schon mal das Jugendamt informieren, hält seine Frau Brandy (Aunjanue Ellis) zu ihrem Mann. Und tatsächlich zahlt sich die Mühe und Beharrlichkeit irgendwann aus. Reinaldo Marcus Green (»Joe Bell«) hat ein Herz für »King Richard« und seinen unerschütterlichen Glauben an den amerikanischen Traum. Richard ist überzeugt davon, dass jeder und jede es zu etwas bringen kann, wenn er oder sie nur hart genug daran arbeitet. Die Botschaft mag einfach sein, Green transportiert sie aufrichtig und mit viel Humor. Will Smith hat nach zwei Nominierungen gute Chancen auf seinen ersten Oscar.

»King Richard«: ab 24. Februar, Cineplex, Passage Kinos, Regina Palast

 

Weitere Filmtermine der Woche

Acid Forest

LT 2019, Dok, R: Rugilė Barzdžiukaitė
Dokumentation um einen sterbenden, zwischen Russland und Litauen gelegenen Wald. Im Rahmen der Ausstellung »Subjekt und Summe – Porträts von Bäumen und Menschen«.
Projektwohnung Krudebude, 25. Februar, 20 Uhr und 27. Februar, 16 Uhr

Balkan Film Week: Kurzfilmrolle

Kurzfilmrolle um den konstruktiven Umgang mit menschlichen und gesellschaftlichen Differenzen zur Eröffnung der Balkan Film Week.
UT Connewitz, 27. Februar, 19 Uhr (OmeU)

Landscapes of Resistance
F/SRB/D 2021, Dok, R: Marta Popivoda, 95 min
Als eine der ersten Partisaninnen in Serbien kämpfte Sonja im Zweiten Weltkrieg gegen die Deutschen. Sie wird gefangen genommen und nach Auschwitz deportiert, wo sie in den Frauenbaracken den Widerstand anführt. Im hohen Alter erzählt Sonja, im Wohnzimmer mit ihrer Katze spielend, aus der Vergangenheit. – Balkan Film Week
UT Connewitz, 28. Februar, 21 Uhr (Balkan Film Week, OmeU)

Harald Naegeli - Ser Sprayer von Zürich

D/CH 2021, Dok, R: Nathalie David, 102 min
Doku über den Schweizer Graffitikünstler, der Ende der 1970er-Jahre als »Sprayer von Zürich« weltweit bekannt wurde.
Schaubühne Lindenfels, 24. Februar, 19 Uhr und 27. Februar, 17 Uhr

The Wire

KRO/SLO/LIT/N/B 2021, Dok, R: Tiha K. Gudac, 75 min
Malerisch schlängelt sich der Fluss Kupa durch ein grünes Tal zwischen Slowenien und Kroatien. An der EU-Schengen-Grenze hat man Stacheldraht-Absperrungen errichtet, um die »Balkanroute zu schließen«. Tiha K. Gudac lässt Geflüchtete zu Wort kommen, selbsternannte Grenzschützer, Politik und Polizei und vor allem jene, die am meisten leiden, die lokale Bevölkerung. – Balkan Film Week
UT Connewitz, 28. Februar, 19 Uhr (Balkan Film Week, OmeU)

Valimai

Ein Polizist stellt sich einer kriminellen Motorradgang entgegen. Tamilisches Original mit englischen Untertiteln.
Cineplex, 27.02. 11:00 (OmeU)

Mahendra Highway

D 2021, Dok, R: André Hörmann, 86 min
Dokumentation über eine uralte Handelsstraße, die 1.024 Kilometer entlang zahlreicher Naturschönheiten und Kulturdenkmäler quer durch Nepal führt. Zur Premiere am 27. Februar gibt es ein Gespräch mit dem Regisseur André Hörmann, dem Leipziger Bergsteiger Dr. Olaf Rieck und zwei Mitgliedern der Hilfsorganisation »Nepalmed«.
Passage-Kinos, 27.02. 15:00, 28.02. 15:45

Neposlushnik

RUS 2022, R: Vladimir Kott, D: Viktor Khorinyak, Aglaya Tarasova, Taisiya Vilkova, 111 min
Ein YouTube-Star flüchtet in ein Dorfkloster und gibt sich als Geistlicher aus, weil er in der Stadt wegen eines Videostreichs in einer Kirche von der Polizei gesucht wird. Russisches Kino im Original ohne Untertitel.
Cinestar, 27. Februar, 17 Uhr (OF, Russischer Film)
Cineplex, 27. Februar 17:30 Uhr (OF, Russischer Film)


Studio 666

USA 2022, R: BJ McDonnell, D: Dave Grohl, Taylor Hawkins, Nate Mendel, 106 min
In der Horrorkomödie geraten die Foo Fighters in einer gruseligen Villa an übernatürliche Mächte, die die Band töten wollen.

Cinestar, 24.02. 20:00 (OF), 26.02. 22:45 (OF)
Cineplex, 24.02. 20:10 (OF), 26.02. 20:10 (OF), 28.02. 20:10 (OF)
Regina-Palast, 24.02. 21:00 (OF), 25.02. 22:30 (OF)

 

Titelfoto: Filmstill aus »Belfast«, Copyright Rob Youngson / Focus Features


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