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Politik

»Wir fühlen uns verpflichtet, zu helfen«

Referentin für Internationales über Partnerstädte und wie Leipzig Kiew jetzt helfen kann

  »Wir fühlen uns verpflichtet, zu helfen« | Referentin für Internationales über Partnerstädte und wie Leipzig Kiew jetzt helfen kann

Als Referentin für internationale Zusammenarbeit betreut Katja Roloff nicht nur die Kooperation mit den Partnerstädten Addis Abeba und Brünn – auch für Kiew ist sie zuständig. Zur ukrainischen Hauptstadt unterhält Leipzig bereits seit über 60 Jahren enge Verbindungen. Im Interview mit dem kreuzer erklärt sie die allgemeinen Hintergründe von Städtepartnerschaften und spricht über die Leipziger Verantwortung für Kiew in der aktuellen Lage.

kreuzer: Frau Roloff, Leipzig unterhält ja Partnerschaften zu insgesamt 15 Städten, verteilt in der ganzen Welt. Wie kommen solche Partnerschaften zu Stande?

Katja Roloff: Das ist ganz unterschiedlich. Zu DDR-Zeiten wurde das mehr oder weniger von oben diktiert. Meistens hat man die größte Stadt der DDR, also Berlin, mit der größten des jeweiligen »Bruderlandes« verbunden. Im heutigen Tschechien war das Prag, in Polen Warschau und in der damaligen Sowjetunion Moskau. Leipzigs Partnerstädte wurden dann Brünn als zweitgrößte Stadt der Tschechoslowakei, Krakau und Kiew. Aber die DDR hat auch gezielt Partnerschaften mit Städten im Westen abgeschlossen, vor allem in Frankreich, wobei es aber mehr um diplomatische Anerkennung ging. Auch Leipzig ist seit 1981 mit Lyon verbunden.

Was sind denn heutzutage Kriterien, damit Leipzig eine Partnerschaft mit einer anderen Stadt eingeht?

Uns ist es sehr wichtig, dass es im Vorfeld bereits eine Verbindung zu Leipzig gibt. In der Regel sind das tatsächlich die zivilgesellschaftlichen Engagements, aber manchmal eben auch schon die kommunalen. Wenn sich das bereits etabliert hat, wird es von der Stadt weiter geprüft. Wir würden keine Stadt zu einer Partnerstadt machen, wo es einfach gar keine Beziehungen gibt. Wenn dann eine Partnerschaft offiziell abgeschlossen wird, ist es in der Regel so, dass wir konkrete Maßnahmen oder Themen für die Partnerschaft benennen. Bei unserer Städtepartnerin Ho Chi Minh Stadt sind das beispielsweise vor allem Wirtschaftsthemen, mit Brünn, Krakau und Lyon gibt es dagegen viel Kultur- und Verwaltungsaustausch, bei Addis Abeba und Travnik beschäftigen wir uns vor allem mit Themen der Entwicklungszusammenarbeit. Grundsätzlich geht es bei den Partnerschaften aber darum, dass sich Menschen beider Städte miteinander austauschen können.

Wie genau sieht der Austausch zwischen Leipzig und seinen Partnerstädten in der Regel aus?

Der Anspruch der Stadt Leipzig ist, dass unsere Städtepartnerschaften lebendig und aktiv gestaltet werden. Bei uns gibt es Referenten, die die einzelnen Partnerschaften betreuen. Sie sind erster Ansprechpartner für die Partnerstadt, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger aus Leipzig und der Umgebung, die sich engagieren wollen. Ein Beispiel: Im Jahr 2016 erhielten wir eine Anfrage von der Feuerwehr in Addis Abeba. Die Branddirektion Leipzig stand dem offen gegenüber und wir haben eine Einladung an die dortige Feuerwehr ausgesprochen, damit sie die Strukturen in Leipzig kennenlernen können. Im Herbst 2017 ist eine kleine Delegation unter Leitung des Feuerwehrchefs nach Leipzig gekommen. Dafür wurden dann drei Koordinatoren in Leipzig benannt, die wiederum selbst nach Addis Abeba geflogen sind und sich die Bedingungen vor Ort angeschaut haben. Bei dem Austausch ging es vor allem um die Aus- und Weiterbildung von Feuerwehrleuten aus Addis Abeba in der Höhenrettung, im Atemschutz und der Technischen Hilfe. Durch die Pandemie konnten wir das Projekt leider nicht ganz wie geplant umsetzen, aber wir sind kreativ geworden und haben Lehrfilme gedreht, um trotzdem die Ausbildungsinhalte zu vermitteln. Die Filme stehen jetzt vielen weiteren Generationen von Feuerwehrleuten für ihre Ausbildung zur Verfügung – nicht nur in Addis Abeba, sondern auch in Leipzig. Es geht uns bei diesen Projekten auch nicht darum, immer nur einseitige Hilfe zu geben. Gerade bei diesen Entwicklungspartnerschaften ist es uns sehr wichtig, dass wir auf einer Ebene kommunizieren. Dass wir Anregungen mitnehmen, internationale Vergleiche haben und unterschiedliche Arbeitsweisen kennenlernen.

Zu einer Partnerstadt braucht es in diesen Tagen einen besonders lebhaften Austausch: Kiew, Leipzigs älteste Partnerstadt, sieht sich seit zwei Wochen einem russischen Angriffskrieg gegenüber. Was tut Leipzig, um die ukrainische Hauptstadt in dieser schwierigen Lage zu unterstützen?

Wir können vor allem Zuspruch geben und die Kommunikation aufrechterhalten. Wir vermitteln, wenn es konkrete Hilfe braucht, beispielsweise wenn Medikamente benötigt werden. Bei den Hilfsgüterlieferungen sieht man, wie verschiedene Partnerschaften zusammenarbeiten können. Leipzig hat ja eine Städtepartnerschaft mit Krakau, Krakau wiederum hat auch eine Städtepartnerschaft mit Kiew. Gemeinsam versuchen wir nun, medizinische Hilfsgüter über die Grenze bis nach Kiew zu bringen. Und auch Lemberg, unsere Kooperationsstadt, binden wir in diese Kette mit ein. Außerdem bieten wir in Leipzig eine Anlaufstelle für geflüchtete Menschen, um sich hier in Sicherheit zu bringen und zu erholen. Und wir haben zusammen mit dem Partnerschaftsverein Ukraine Kontakt einen Spendenaufruf gestartet.

Wie war der Kontakt nach Kiew vor dem Krieg?

Sehr gut, wir hatten ja erst im letzten Jahr das 60-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft. Im Oktober war eine offizielle Delegation unter Leitung von Bürgermeister Vitali Klitschko in Leipzig. Das haben wir natürlich genutzt, um die Zusammenarbeit voranzutreiben. Und da ging es uns nicht nur um kommunale Themen, es ging uns vor allem auch um Kultur und Sport. Im April sollte es zum Beispiel zwei Konzerte mit Werken von Mykola Lyssenko geben, einem ukrainischen Komponisten, der in Leipzig studiert hat – in Leipzig und eine Woche später Kiew. Im Mai sollte außerdem der Besuch der Leipziger Delegation in Kiew anlässlich des 60-jährigen Jubiläums nachgeholt werden. Noch am Vorabend des russischen Angriffskriegs haben wir mit unserem Kollegen in Kiew über das Programm gesprochen.

In seiner Rede auf einer Solidaritätskundgebung für die Ukraine am vergangenen Montag hat Oberbürgermeister Jung die besondere Verantwortung Leipzigs für Kiew in der jetzigen Situation betont. Welche Verantwortung lässt sich konkret aus der Städtepartnerschaft ableiten?

Die Verantwortung besteht darin, dass wir seit 61 Jahren verbunden sind, es seit dieser Zeit immer wieder die Austausche gab und sehr viele Freundschaften entstanden sind, die immer noch bestehen. Und natürlich haben wir diese Verantwortung auch, weil wir als Kommune sehr eng mit der Stadtverwaltung in Kiew zusammenarbeiten. Die Städte haben auch ähnliche Transformationen durchgemacht. Dieses Streben nach Demokratie, das in Kiew mit der Orangenen Revolution und der Maidan-Revolution aufgekommen ist, das gab es in Leipzig mit der Friedlichen Revolution auch. Das ist auch etwas, was verbindet.

Das heißt, das Gefühl von Verantwortung ist vor allem aus historischer Verbundenheit gewachsen. Gibt es denn auch Verpflichtungen, die mit dem Eingehen einer Partnerschaft zwischen zwei Städten festgeschrieben werden und beispielsweise in so einer Extremsituation greifen?

Nein, einen solchen Vertrag gibt es nicht. Aber wir fühlen uns verpflichtet, zu helfen.

 

INTERVIEW: LUKAS KALDENHOFF

FOTO: STADT LEIPZIG


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1 Kommentar(e)

Mira.k@web.de 18.03.2023 | um 17:00 Uhr

Der alte obm Jung ist ein Laberhannrs mitSchwimmer und nachQuatscher. “In seiner Rede auf einer Solidaritätskundgebung für die Ukraine am vergangenen Montag hat Oberbürgermeister Jung die besondere Verantwortung Leipzigs für Kiew in der jetzigen Situation betont. “ Der hat nix besseres zu tun. Wohl gemerkt. Ukrainer erhalten uneingeschränkt Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung, Zahnarztleistungen, Wohnung, Kindergeld etc ohne jemals einen Cent bezahlt zu haben. Leipziger suchen im Beschäftigungsverhältnis eine Wohnung, due bezahlt werden muss von einem sozialversicherungspflichtigen Einkommen. Na Kreuzer, wer verstehts ? Bestimmt sind die Schreiberlinge auch nur freie MA . Hehe. OBM Jung als Beamter reagiert relaxed in privater KV und mit Beamtösen Privilegien einen brilliant versteuerbaren Einkommen. Slava Ukraine!