Künftig könnte eine Leipzigerin im Landesvorstand der sächsischen Grünen sitzen. Marie Müser, aktuell Vorstandsmitglied der Grünen Leipzig, möchte bei der Landesversammlung am 13.-15 Mai als Landessprecherin gewählt werden. Vergangenes Jahr kandidierte sie für den Bundestag, verlor die Direktwahl jedoch gegen Jens Lehmann (CDU). Unser Porträt über sie lesen Sie hier.
Als wir mit ihr sprechen, ist sie gerade in Görlitz. Sie ist ein paar Tage lang in Sachsen unterwegs, nicht wirklich auf Wahlkampf, sagt sie, aber um sich den Kreisverbänden vorzustellen. Auch dem kreuzer hat sie verraten, wie es zur Kandidatur dazu gekommen ist und wie sie vor allem in den ländlichen Räumen die Grünen stärken will.
kreuzer: Warum wollen Sie Landesvorstandssprecherin der Grünen Sachsen werden?
Marie Müser: Ich bin seit einigen Jahren in Sachsen politisch aktiv und habe mich ganz bewusst dazu entschieden, hier zu bleiben, weil ich viele Probleme und Herausforderungen gesehen habe. Zum Beispiel damals, 2015, als hier Legida und Pegida mobil gemacht haben. Das hat mich extrem politisiert. Ich bin in die Partei eingetreten, weil ich gesehen habe, dass die Grünen klare Antworten haben auf die großen Fragen und im Kampf gegen Rechtsextremismus immer eine klare Kante gezeigt haben. Ich möchte in erster Linie grüne Politik in Sachsen gestalten und grüne Inhalte voranbringen, weil ich sehe, dass wir in Sachsen gerade viel schaffen und viel Vertrauen gewinnen. Das können wir als Partei noch weiter ausschöpfen. Ich habe den Anspruch, Menschen zusammenzuführen sowie Meinungen und Ideen zu integrieren. Ich möchte die Kompromissfindung voranbringen und hier in Sachsen ganz entschieden dazu beitragen, unsere grünen Inhalte voranzubringen.
Wir können als Partei Erfolge noch selbstbewusster kommunizieren. Seit 2019 regieren wir in Sachsen erstmals mit. In der Zukunft sollten wir gegenüber den Koalitionspartnern weiterhin selbstbewusst auftreten und das auch noch viel stärker in die ländlichen Räume tragen. Wir können noch stärker herausheben, dass wir den Unterschied machen in dieser Koalition, dass wir die progressiven Themen auf die Agenda setzen und unsere Inhalte auch umsetzen. Das ist nicht immer leicht in der aktuellen Koalition, weil wir es mit einer CDU zu tun haben, die seit jeher eine Stillstandspolitik macht. Wir als Grüne machen aber eine sehr gute Regierungsarbeit. Das möchte ich weiterhin begleiten.
Vor welchen Herausforderungen stehen die Grünen in Sachsen?
Wir haben immer noch das große Problem Rechtsextremismus. Wir sind in Sachsen der große Gegenpol zur AfD. Ich finde, da können wir uns als starke Kraft auch behaupten. Ich möchte, dass wir die Partei sind, die als Alternative zur AfD wahrgenommen wird, also die tatsächliche Alternative.
Zudem gibt es in den neuen Bundesländern und in Sachsen immer noch sehr ungleiche Lebensverhältnisse und Menschen, die massive Umbrüche erlebt und große Brüche in ihren Lebensbiografien haben. Durch diese erlebten Brüche gibt es noch viel Verunsicherung. Wichtige Themen wie der Braunkohle-Ausstieg, der Umstieg auf erneuerbare Energien, der sozialökologische Umbau, das sind große Veränderungen in der Gesellschaft. Vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung und der noch immer bestehenden ungleichen Lebensverhältnisse, ist es eben die große Herausforderung, Menschen jetzt auf diesem Weg mitzunehmen und zu gewinnen für grüne Konzepte und davon zu überzeugen, dass es die Veränderung heute auch braucht, um in der Zukunft Stabilität schaffen zu können.
Sie waren bisher vor allem in Leipzig tätig, als Landessprecherin sind sie für das ganze Bundesland verantwortlich. Sehen Sie sich dem gewachsen?
Als Landessprecherin braucht es jemanden, der sowohl die Perspektive hat für die Themen, die gerade in den Großstädten wichtig sind, aber auch ein Gespür für die Themen, die in den ländlichen Räumen brennen. Es ist schwieriger, unsere Inhalte in den ländlichen Räumen mehrheitsfähig zu machen. Aber es gibt derzeit viele engagierte Menschen, die ganz viel Know-how und Motivation mitbringen. Ich möchte dazu beitragen, dass wir die grünen Mitglieder in den ländlichen Räumen stärken, dass wir sie noch besser vorbereiten für anstehende Wahlen, dass wir Engagement fördern, besonders zivilgesellschaftliches Engagement in Bündnissen, in denen wir Grüne seit langem stark involviert sind. Es ist wichtig, die verschiedenen Herausforderungen in den Großstädten und in den ländlichen Räumen gleichermaßen im Blick zu haben. Und das kann man auch als Personen aus der Großstadt. Wichtig ist auch, dass man viel mit Menschen im Austausch ist, die in den kleineren Städten, Mittelstädten, im ländlichen Raum aktiv sind. Deswegen führe ich gerade viele Gespräche, tausche mich aus, um ein noch besseres Verständnis für die Probleme und Herausforderungen vor Ort zu bekommen.
Vergangenes Jahr haben Sie für den Bundestag kandidiert, das Amt der Landessprecherin beinhaltet eher organisatorische Aufgaben anstatt direkter Beteiligung am Gesetzeschreiben. Ist das ein Richtungswechsel für Sie?
Ich finde es interessant und spannend, dass man als Landessprecherin Prozesse der Meinungs- und Teambildung begleitet. Ich habe mich im Vorstand der Grünen Leipzig stark engagiert und festgestellt, dass ich sehr gerne organisatorisch und inhaltlich arbeite sowie genau diese Prozesse begleite und moderiere. Es bereitet mir eine große Freude diese verschiedenen Akzente zusammenzuführen. Wir sind eine vielfältige Partei, haben junge Menschen, die bei Fridays for Future aktiv sind und Menschen, die vielleicht schon 30 Jahre in der Partei sind. Das zusammenzuführen, sodass wir als Partei stärker werden, mehr Vertrauen gewinnen in Sachsen und unsere Wahlergebnisse nochmal deutlich steigern können, das ist es, was mich antreibt. Es ist definitiv ein herausfordernder Prozess, aber das bereitet mir Freude. Ich brenne für die Entwicklung und Stärkung unserer grünen Agenda hier im Freistaat Sachsen.
Interview: Sophie Goldau
Foto: Christiane Gundlach