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Gelbe Karte für Spielverzögerung

Die Hälfte aller städtischen Bolzplätze ist sanierungsbedürftig – und bleibt es vorerst.

  Gelbe Karte für Spielverzögerung | Die Hälfte aller städtischen Bolzplätze ist sanierungsbedürftig – und bleibt es vorerst.

Nach zwei Jahren pandemiebedingter Einschränkungen wird es höchste Zeit, dass Kinder und Jugendliche sich wieder bewegen können. »Geschlossene Schulen und Quarantänen haben bei vielen Kids zu Bewegungsmangel geführt mit der Folge, dass die physische und die seelische Gesundheit auf der Strecke geblieben sind«, sagt Michael Schmidt, Grünen-Stadtrat und stellvertretender Vorsitzender im Jugendhilfeausschuss. Um junge Menschen aus ihren Wohnungen zu locken, braucht es Räume in der Stadt, die zur Betätigung einladen – Orte, wie sie Schmidt schon seine gesamte politische Laufbahn über beschäftigen. Er stieß über eine private Spielplatzinitiative zur Politik und setzte sich anschließend auch im Sportausschuss für die Sanierung der städtischen Spielplätze ein. Ein Mammutprojekt, denn bei rund 320 Spielplätzen in der Stadt muss immer etwas saniert werden, dazu kommen Neueröffnungen wie jüngst am Palmengarten.

»Was die Spielplätze angeht, da sind wir in den vergangenen Jahren ein ganzes Stück vorangekommen«, findet Schmidt.

 

Mehr Sorgen machen ihm die Anlagen für Jugendliche, speziell die städtischen Bolzplätze. Für deren Sanierung hat der Stadtrat im letzten Haushalt 100.000 Euro bereitgestellt. Seitdem fand eine erste grobe Bestandsaufnahme durch die Verwaltung statt: Von den 28 öffentlichen Bolzplätzen in der Zuständigkeit des Amtes für Stadtgrün und Gewässer sind zwölf Plätze in schlechtem Zustand, sieben erhielten das Resultat befriedigend und nur neun die Bescheinigung gut. Erste Sanierungen sollen hier nach einigen Verzögerungen im kommenden Jahr angeschoben werden. Von den acht öffentlich zugänglichen Fußballplätzen, die in die Zuständigkeit des Amtes für Sport fallen, benötigt die Hälfte eine Erneuerung.

»Im letzten Jahr ist da nicht wirklich viel passiert«, konstatiert Schmidt. »Man hat sich einen ersten Überblick verschafft, ist aber noch weit davon entfernt, finanziell ins Investment zu gehen. Das ist ein Stück weit der Überlastung der Verwaltung geschuldet, aber auch massiv unbefriedigend.«

Ein Hindernis für eine rasche Sanierung von Freizeitanlagen jedweder Art sind neben finanziellen Mitteln die unterschiedlichen Interessen, die vereint werden müssen: »Bei der Planung eines Spielplatzes sowie eines Neubaus setzen wir auf eine intensive Beteiligung unter Einbindung der örtlichen Akteure, der Kinder und Jugendlichen. So werden möglichst viele betroffene Zielgruppen und deren Ideen und Wünsche berücksichtigt«, schreibt die Stadtverwaltung dazu auf kreuzer-Anfrage.

Viele Perspektiven einfließen zu lassen, kann Projekte besser machen, das zeigt etwa die neue Skateanlage am Heizhaus in Grünau, die unter reger Bürgerbeteiligung entstand. Auf der anderen Seite führen Bedenken von Anwohnern und Anwohnerinnen jedoch auch immer wieder dazu, dass Sportanlagen umzäunt, also nur eingeschränkt genutzt werden. Das Stichwort dazu heißt Lärmemissionen. Aus Angst davor, dass die Jugendlichen, vor allem in den Sommermonaten, die Nachtruhe stören könnten, werden Anlagen vorsorglich für die Freizeitnutzung geschlossen. Sie dienen dann nur noch Vereinen, Kitas oder Schulen für deren Arbeit. Als Interessenvertreter junger Menschen im Stadtrat ist Schmidt das ein Dorn im Auge: »Wir müssen unbedingt schauen, dass wir unsere Ressourcen in der Stadt besser nutzen«, sagt er. »Wenn man überlegt, dass der Neubau von einem Spielplatz 200.000 Euro kostet, dann ist das eine Rieseninvestition, und da ist es doch schade, wenn manche Spielplätze nur den halben Tag nutzbar sind, weil sie auf dem Gelände einer Kita stehen. Dasselbe gilt für Bolzplätze oder Basketballcourts.«

Der Politiker glaubt, dass das Problem auch im Rathaus erkannt worden sei. Im Gespräch mit dem kreuzer verweist er auf die Bemühungen von Bürgermeisterin Vicki Felthaus, die öffentliche Nutzung von Sportanlagen im Schulbauprogramm mitzubedenken.

Neue Bolzplätze werden kommen, genau wie irgendwann neue Skateanlagen und Spielplätze. Das mangelnde Tempo der Verwaltung beim Skatepark-Entwicklungskonzept wurde zuletzt von der Linkspartei scharf kritisiert.

Die Fragen, die sich aus Sicht der Kinder und Jugendlichen stellen dürften, sind folgende: Wie lange dauert das? Und wird es am Ende einen Zaun geben? Von den Antworten hängt auch ab, wie gerecht Leipzig seinem Anspruch als familienfreundliche Stadt wird.

 

Titelfoto: Christiane Gundlach.


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